Viele Anlieger aus der Weststadt und sonstige Interessierte wollten sich über die aktuelle Flüchtlingssituation informieren. Foto: Eich

OB Rupert Kubon antwortet auf Hilferuf der BEA-Anlieger: 80 Menschen kommen im Gemeinderat zu Wort.

Villingen-Schwenningen - "Die BEA muss beendet werden", das stand für OB Rupert Kubon genauso außer Frage wie seine Auffassung, dass man am Grundrecht auf Asyl festhalten müsse. Er antwortete damit auf einen Hilferuf von Anliegern der bedarfsorientierten Erstaufnahmeeinrichtung (BEA) und das war kein einsamer Hilferuf, sondern er schallte ihm aus etwa 80 Kehlen entgegen.

Die Stimmung in der Gemeinderatssitzung war geladen. Mit Hilflosigkeit und Ohnmacht – und unverhohlener Wut auf das System. Etwa 80 Anwohner der BEA sowie der Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge waren gekommen, um ihren Frust abzuladen, Fragen zu stellen oder auch einfach nur gehört zu werden. Aber derjenige, der ihnen gegenüber saß, war offenbar nicht weniger ohnmächtig: Oberbürgermeister Rupert Kubon. "Die Stadt ist hier nicht das Entscheidungsorgan", versuchte er, deutlich zu machen, und sie habe eigentlich kaum Einfluss auf die Entscheidungen des Landes und des Bundes: "Die BEA ist eine Einrichtung, die auch wir als Stadt nur sehr widerwillig zur Kenntnis nehmen und die wir auch nicht haben wollen."

Warum sie hier sei? "Die Flüchtlinge werden zunächst einmal in Bundesimmobilien reingesteckt", und die gebe es hier, wie auch in Donaueschingen, eben reichlich. 1603 Flüchtlinge lebten gerade in der Stadt, etwa 950 in der BEA, 650 in den Gemeinschaftsunterkünften.

Viele Anlieger davon brachten gestern Sorgen, Ängste oder Nöte mit. Die meisten betonten, dass sie ohne Umschweife Ja sagten "zur Hilfe für wirklich Verfolgte", aber auch Nein "zum schrankenlosen Einwandern". Sie fühlten sich teilweise desinformiert, wurden quasi über Nacht Nachbarn hunderter Flüchtlinge und schilderten auch einige unschöne Beobachtungen danach – sie erzählten von teils chaotischen Verkehrssituationen, Auseinandersetzungen oder gar einem "mit Drogen vollgedröhnten" Exhibitionisten. "Die Weststadt ist im Ausnahmezustand", meinte eine Bürgerin beispielsweise. Eine andere, die "im Brennpunkthaus, Ecke Roder-/Ewald-Huth-Straße" wohne, bemängelte eine fehlende Nachtruhe. "Wir sind es, die eingezäunt sind, nicht diejenigen, die im Asyl leben", sagte eine andere und flehte: "Bitte helft uns jetzt!" Beifall brandete auf.

Hoffnung, dass dieser Zustand bald beendet werde, machte Kubon den Anliegern nicht. Die Situation müsse bundesweit geklärt werden, das dauere. Nun gelte es, den "Kulturschock" zu überwinden. "Wir müssen zeigen, dass wir für unsere Werte und Regeln einstehen", Toleranz, Offenheit, Freizügigkeit und Rücksichtnahme seien das beispielsweise. Das, so Kubon, wolle er nicht "dem rechten Rand unserer Gesellschaft" überlassen – "ich empfinde mich selbst als Linken, das sage ich hier ganz deutlich". Dennoch: Es fehle derzeit noch an einem Flüchtlingsbeauftragten bei der Stadt, an Info-Veranstaltungen für Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften dazu, was hier von ihnen erwartet würde. Eine Diskussionsveranstaltung für Anlieger werde er zeitnah anbieten. "Ich verstehe ihre Aussagen nicht als Aussagen gegen Flüchtlinge, sondern als Hilferuf, der auch ankommt!", versprach er