Hornissen stehen unter Artenschutz, ihre Nester dürfen nicht einfach entfernt werden Foto: bruno ismael alves – stock.adobe.com

Insekten stehen unter Artenschutz. Statt Entfernen ist Ausharren bis in den Winter angesagt.

Villingen-Schwenningen - Sie kommen nadelgestreift daher, verursachen bei manchen Menschen Panikattacken oder heftige allergische Reaktionen. Vor der winterlichen Flugpause entwickeln sie sich zu "wahren Stinkern". Doch wehe, es wird ihnen ein Flügel gekrümmt. Hornissen stehen unter Schutz.

Die Nachtruhe dauert nicht lange. Ein heftiger Schmerz an der Hüfte, ein erschrecktes Aufstehen, in Folge davon der nächste Stich unterm Auge und als Dreingabe noch einen in die Hand. Wenige Zeit später sieht das Gesicht aus wie nach einer missglückten Schönheits-OP, die Hand schwillt an, wird rot und glänzend. Dazu kommen in den nächsten Tagen beißende Gerüche, die unangenehm in die Nase steigen und Dutzende von kleinen toten Larven, die in ihrer Konsistenz an Rasiercreme erinnern: Sie sind es, die neben den Exkrementen der Tiere während ihrer Zersetzungsphase höllisch stinken. Ralf und Ellen Claaßen hören sich die Schilderungen der betroffenen Hauseigentümer aufmerksam an, betrachten zugemailte Bilder, die die gelbweißlichen Gebilde und rotbraune Schlieren an Wänden und Fußböden zeigen, um ihre ersten Rückschlüsse zu ziehen.

Die beiden Villinger sind als Artenschutzfachberater im Hornissen- und Wespenschutz für das Landratsamt Schwarzwald-Baar unterwegs. Für Ralf Claaßen war die Teilnahme an einem Fachseminar reiner Selbstschutz. "Ich hatte früher selbst panische Angst vor Wespen", überhaupt vor Hautflüglern aller Art, erzählt er im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Dann entschied er sich für die Teilnahme an einem Seminar und sieht die millimetergroßen Insekten mittlerweile recht entspannt. "Klar, können alle stechen, Wespen, wie Hornissen", so die beiden Naturschutzwarte. "Doch eigentlich sind die Tiere nicht aggressiv, sondern eher friedliche Genossen, sie werden nur gereizt, wenn sie ihre Nester verteidigen oder sich durch Herumgefuchtel angegriffen sehen."

Ausnahmen für Allergiker

Bei Claaßens rufen besorgte Bürger jedoch nicht an, um sich nach dem Verhaltensmuster der Tiere zu erkundigen. Die einen finden ein Nest in ihrer Terrassentür in Schwenningen vor, in Villinger Rollladenkästen, die anderen entdecken hin- und herschwirrende Hornissen oder Wespen in einem Hohlraum der Schlafzimmerdecke. Von Ralf und Ellen Claaßen wollen sie dann wissen, wie gehe ich mit den Nestern um? Mit ihren Zertifikaten, Ausweis und einem "Schnappi" zur Bestimmung der Wusler machen sie sich dann auf den Weg.

Erste klare Ansage der beiden bei einer Vor-Ort-Begehung: Wespen- und vor allem Hornissennester dürfen nicht einfach entfernt werden, vor allem dann nicht, wenn die Tiere noch aktiv sind und noch nicht ihren Flugbetrieb eingestellt haben. Wann dies genau sein werde, darauf gibt es keine exakte Antwort. "Das hängt von der Witterung und dem ersten Kälteeinbruch ab."

Bleibt der Oktober golden und mild, dann können die Insekten noch bis Mitte November aktiv sein. Und dann heißt es, Finger weg von den Nestern, es sei denn, wirft Ellen Claaßen ein, Haus- oder Wohnungseigentümer reagieren auf Stiche allergisch: "Dann sieht die Sache natürlich anders aus, das sind dann Ausnahmefälle." Manchmal, kommt sie wieder auf den Normallfall zurück, helfen auch kleinere bauliche Vorkehrungen, um einen gewissen Schutz vor den Nestern der emsigen Tiere zu haben.

Lösung: Bis in den Dezember warten

Ansonsten heißt die Losung: bis in den Dezember warten, bevor die Nester von Wespen oder Hornissen entfernt werden dürfen. Diese Arbeit übernehmen nicht die Berater, sondern Handwerksbetriebe oder Reinigungsfirmen, so die Claaßens.

Nicht immer fruchten die Beratungen. "Manche haben hinterher zwar einen völlig anderen Blick auf die Tiere". Es gebe aber auch "die anderen, die nur darauf warten, "dass wir endlich gehen und sie die Tiere vergasen können".

Teure Vernichtungsaktion

Eine Vernichtungsaktion, die freilich nach hinten losgehen kann, wenn es zu einer Anzeige kommt. Bei Wespen, und erst recht Hornissen, wird das richtig teuer. In Baden-Württemberg wird für das verbotswidrige Fangen, Verletzen, Töten von Hornissen oder die Beschädigung oder Zerstörung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro verlangt. Bei Wespen kann eine Summe zwischen 5000 und 50.000 Euro in Rechnung gestellt werden.