Andreas Schwab im Europäischen Parlament. "Vielen ist die Rolle Deutschlands in der EU ein Dorn im Auge".
Schwarzwald-Baar-Kreis - Skeptisch ist Andreas Schwab immer noch, obwohl inzwischen eine Einigung in der Griechenland-Krise nahe scheint. Einen Tag so wie vor einer Woche hatte er im Europäischen Parlament in Straßburg noch nicht erlebt. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras sprach damals. Selbstverständlich wollte er mehr Geld von den EU-Parlamentarieren, ohne etwas anzubieten.
"Es ist schon deutlich geworden in der Diskussion, die sehr angespannt war, dass sich die Kollegen der Tragweite der Entscheidung bewusst waren", so Schwab. Die Debatte sollte eigentlich eine Stunde dauern, doch dann wurden es drei.
Der griechische Ministerpräsident erhielt im Parlament nur von den extremen Rechten und Linken Beifall im Parlament, während nicht nur EVP und Sozialdemokraten, sondern auch die Grünen, wie zum Beispiel Reinhard Bütikhofer und Rebecca Harms ihn fragten, wo denn seine Reformvorschläge seien.
"Vielen ist die Rolle Deutschlands in der EU ein Dorn im Auge"
"Vielen ist die Europäische Union, in der Deutschland eine Rolle spielt, ein Dorn im Auge", sagt Schwab in der Kantine der Abgeordneten im Europaparlament, wo der Teppichboden "Flower Power" der 70-er Jahre zitiert. Diese Politiker wollten "die EU insgesamt torpedieren", sagt Schwab. Drei Tage nach dem Referendum in Griechenland, ist er überzeugt, dass die europäischen Regierungschefs das nicht länger mitmachen werden, dass Griechenland aufgrund der Entscheidung seiner Bürger aus der Eurozone ausscheiden wird. "Wir haben eine Verantwortung für unsere Bürger", sagt er. Auch viele Abgeordnete anderer Länder erinnern während der Debatte im Parlament daran, dass ihre Regierungen ebenfalls demokratisch gewählt seien und dass sie nicht länger für Griechenland zahlen wollten. "Uns brauchen Sie nichts über Solidarität erzählen, wir wissen, was das ist", sagt zum Beispiel ein polnischer Abgeordneter. Nachdem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in den vergangenen Wochen schon mehrfach davon gesprochen hatte, dass es nun "over" sei, ging es trotzdem immer weiter, bis gestern offenbar eine vorläufige Einigung gefunden wurde.
Der EVP-Europaabgeordnete Andreas Schwab hat viele Gespräche in seiner Fraktion geführt. Das erzählt er in der Kantine des Parlamentes bei einem frischgepressten Orangensaft. Er habe, so Schwab, innerhalb der Fraktion viel Zustimmung für die deutsche Haltung erfahren. "Die Spanier zum Beispiel bitten die Deutschen, jetzt hart zu bleiben, weil sie ihrer Bevölkerung im Lichte der bevorstehenden Wahlen nicht erklären können, warum die Griechen noch mal Geld bekommen"
In Straßburg herrscht während der Sitzungswoche des Europäischen Parlamentes erhöhte Sicherheitsstufe. Polizei kontrolliert die Straßen in der Altstadt, den Platz vor der Kathedrale und den Bahnhof. Im Stadtbild überall präsent sind Bettler, die mit ausgestreckten Armen um Geld von den Passanten bitten, und Obdachlose. "Sie sehen doch, was hier in Straßburg los ist", sagt Richard Schuler, Mitarbeiter im Europaparlament. Alles Folge der europäischen Öffnung, findet er. "Das reicht doch schon. Wollen Sie wirklich, dass Griechenland in der EU bleibt?", fragt der gebürtige Straßburger.
Andreas Schwab wohnt nicht in Straßburg, wenn Sitzungswoche ist. Er bevorzugt die deutsche Seite und quartiert sich in einem kleinen Hotel an der Grenze ein. Höchstens 20 Minuten braucht er zum Europaparlament. Dort hat er einen Parkplatz. An diesem Tag ist er um 7 Uhr am Morgen losgefahren. Er hat volles Programm. Das Parlament berät bis 23 Uhr am Abend.
Um acht gab es ein gemeinsames Frühstück mit deutschen und französischen Industrie- und Handelskammern. Ab 9.30 war Debatte im Parlament, um 11 Uhr unterbricht Schwab, der ausgezeichnet Französisch und Englisch spricht, die Sitzung, um eine Gruppe von Schülern zu empfangen. Es folgt um 11.30 Uhr eine Gruppe von Unternehmern. Um 12 Uhr gibt der Europaabgeordnete dem SWR ein Interview, um 12.15 Uhr dem Schwarzwälder Boten. Um 13 Uhr muss Schwab wieder ins Parlament. Eigentlich soll jetzt die Abstimmung zum TTP-Abkommen mit den USA stattfinden, doch noch immer läuft die Debatte über Griechenland.
Alexis Tsipras hat wieder das Wort. Hatte zuvor der belgische Abgeordnete Guy Verhofstadt Shakespeares Hamlet leicht abgewandelt zitiert, nämlich "Es ist was faul im Staate Griechenland". So bringt Tsipras nun die klassische griechische Tragödie ins Spiel, nämlich Antigone von Sophokles. "Man muss manchmal Gesetze brechen, um den Menschen zu helfen", erklärte er dramatisch.