Doch noch eine Bewährungsstrafe für den Angeklagten. Foto: Berg Foto: Schwarzwälder Bote

Cashtrapping: Rumäne bringt am Bankschalter Klebeband an / Schöffengericht zeigt sich gnädig

Die Idee mit dem Klebeband am Geldautomaten funktioniert genau 21 Mal. Dann heißt es "Feierabend" für einen mittlerweile 37-Jährigen. Der Angeklagte kann aufatmen. Obwohl die Staatsanwaltschaft die harte Tour fahren will, kommt der Rumäne mit einer Bewährungsstrafe davon.

Villingen-Schwenningen. Da staunen die Realschüler nicht schlecht, die mit zwei Lehrerinnen am Mittwochmittag die Verhandlung vor dem Schöffengericht am Villinger Amtsgericht besuchen. Besonders schwerer Diebstahl in eigentlich 21 Fällen, de facto sind es dann doch nur 19 Fälle, für die der 37-jährige Angeklagte gerade stehen muss. Kaum in Deutschland angekommen, machen ihm im Sommer 2015 Geldnöte zu schaffen. Ein doppelseitiges Klebeband, an diversen Ausgabeschaltern verschiedener Banken in VS angebracht, soll den ledigen Mann wieder etwas liquide machen. Die ahnungslosen Kunden suchen vergebens nach ihrem Geld, das der Angeklagte später herausfischt. Auf das Konto des Rumänen gehen aber auch Cash Trapping-Aktionen in anderen Städten in Süddeutschland. Insgesamt entsteht den Bankkunden ein Schaden von rund 1500 Euro. Eher geringe Beträge bleiben am Klebenband heften, mal 20 Euro, mal 50 Euro, aber nie höhere Summen als 100 Euro. Im Herbst 2015 geht der Mann, der mit internationalem Haftbefehl gesucht wird, dank Videoüberwachung der Polizei in Passau ins Netz.

Harte LInie

Der Staatsanwaltschaft hätte den 37-Jährigen gerne für zwei Jahre und drei Monate ins Gefängnis gesteckt, in dem er bereits seit vier Monaten sitzt. Angesichts der Menge an Diebstählen spricht der Ankläger von "hoher krimineller Energie". Der Verteidiger des Rumänen hält dagegen und überzeugt: Die Straftaten seien drei Jahre her und haben sich innerhalb eines kurzen Zeitraumes abgespielt, exakt vergreift sich der Mann am Geld anderer innerhalb von zwei Wochen im August 2015. "Danach ist nichts mehr passiert." Der Angeklagte habe in verschiedenen anderen Ländern meist auf dem Bau gearbeitet und habe sich dort nichts zu Schulden kommen lassen. Nach Deutschland sei er ohnehin gekommen, um zu arbeiten. "Ich wollte immer arbeiten", bekräftigt dieser über seine Dolmetscherin. Zudem, so der Anwalt weiter, habe es sich stets um geringe Beträge im zwei- und unteren dreistelligen Bereich gehandelt.

"Schwarze Phase"

Überzeugend für das Gericht ist aber auch, dass sich der Südosteuropäer mehrfach entschuldigt, von einer "schwarzen Phase in seinem Leben" spricht und alle Taten gesteht- Für ihn ist klar: "Ich möchte zurück nach Rumänien." Immerhin lebe dort seine Familie. Eine Ankündigung, die Strafrichter Christian Bäumler mit der süffisanten Bemerkung kommentiert: Eigentlich sollte man einen Verein gründen, der solche Rückreisen finanziert.

Zwischen den Forderungen von Anwalt und Staatsanwaltschaft liegen Welten: Der eine will eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren, der Verteidiger würde es am liebsten mit einer dem Einkommen des Angeklagten angemessenen Geldstrafe gut sein lassen.

In der kurzen Pause vor der Urteilsverkündung diskutieren auch die Realschüler darüber, wie sie entscheiden würden: "Ich glaube, ich würde dem nochmals Bewährung geben", meint ein Mädchen. Ihre Nebensitzerin nickt zustimmend. Das Schöffengericht zeigt sich gnädig und entlässt den Angeklagten mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung aus dem Gerichtssaal.

Cashtrapping bezeichnet eine besondere Form des Diebstahls an Geldautomaten. Über den Geldausgabeschacht wird ein täuschend echter Verschluss geklebt. Dieser Verschluss ist innen mit einer Klebefolie versehen. Diese verhindert, dass das Geld ausgegeben oder wieder vom Automaten eingezogen wird - die Geldscheine bleiben buchstäblich im Ausgabeschacht kleben.