Simone Siegle (links) und Felicitas Häring kritisieren die Busanbindungen zur Waldorfschule. Fotos: Stiegler Foto: Schwarzwälder Bote

Die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln stellt trotz Planänderungen viele Schüler der Neckarstadt auf eine harte Probe.

Schlechte Wartezeiten und Anbindungen, lange Fahrtdauer, gestrichene Haltestellen: Schwenninger Schulen, Schüler und Eltern sind – auch nach den Änderungen im Nahverkehr von Stadt und Kreis – weiterhin unzufrieden. Die Stadt verspricht Nachbesserungen.

VS-Schwenningen . "Unser Hauptwunsch ist, dass die Schüler zu Unterrichtsbeginn und Unterrichtsende gut heim- und herkommen", sagt Simone Siegle von der Rudolf-Steiner-Schule. Doch dieser hehre Wunsch scheint sich nicht immer zu erfüllen.

Seit dem 1. Januar gelten die neuen Fahrpläne des überarbeiteten Stadtbuskonzepts, und auch die kreisweiten schulortsbezogenen Fahrpläne haben sich am 15. Dezember des vergangenen Jahres geändert. Doch eine von den Schulen, Schülern und Eltern erhoffte Verbesserung ist damit nicht eingetreten.

"Wir haben bereits seit dem Bau des Klinikums das Problem, dass unsere direkte Haltestelle vor der Schule schlecht angefahren wird", so Siegle weiter. Stattdessen müssen die Schüler an der Haltestelle der Polizeihochschule aussteigen, die viel befahrene Villinger Straße überqueren und die restlichen zehn Minuten zur Waldorfschule laufen. Gerade für die Grundschüler sei das nicht ungefährlich.

"Die Taktung der Verbindungen läuft nicht rund. Zudem wurden Verbindungen gestrichen, ohne dass wir als Schule gefragt wurden", kritisiert Siegle weiter. Weder Landratsamt noch Stadt hätten das Gespräch vor den Planänderungen gesucht. Um die 250 der rund 400 Waldorfschüler – von der ersten bis zur 13. Klasse beginnt der Unterricht für sie regulär um acht Uhr – seien täglich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Innerorts würde beispielsweise seit Januar die Haltestelle Lammstraße nicht mehr angefahren. Die Schüler müssen nun am Bahnhof aussteigen und Richtung Waldfriedhof laufen.

Umliegende Gemeinden

Noch schwieriger wird es für Schüler, die von außerhalb kommen. Gerade die Waldorfschule habe ein sehr großes Einzugsgebiet, erklärt Siegle. Eine Mutter berichtet von einer Buslinie, die noch im vergangenen Jahr stündlich in zwanzig Minuten nach Weilersbach gefahren sei. Diese Buslinie sei zum 1. Januar gestrichen worden. Es gebe jetzt noch einmal täglich eine Fahrt auf der bisherigen Strecke nach Weilersbach, um 13.17 Uhr. Zu jeder anderen Uhrzeit müssten die Schüler mehrmals umsteigen und Fahrtwege von 40 bis 90 Minuten in Kauf nehmen.

Oftmals kollidieren die Schulzeiten auch mit den Abfahrtszeiten. Kinder, die um 16 Uhr fertig sind, schaffen es nicht rechtzeitig um 16.06 Uhr an die Haltestelle Polizeihochschule, um den Bus ins Brigachtal zu erwischen. Wer Pech hat, ist erst gegen 18 Uhr zuhause.

Die drei Kinder von Felicitas Häring fahren jeden Tag von Durchhausen zur Schwenninger Waldorfschule – eine Strecke, für die man mit dem Auto 16 Minuten bräuchte. Ihre Kinder fahren mit dem Bus von Durchhausen nach Trossingen, von dort mit dem Zubringerbus zum Bahnhof, mit dem Zug nach Zollhaus und von dort mit dem Bus zur Schule. Sie brauchen hierfür rund eine Stunde und zahlen für ihre Fahrkarten monatlich rund 61 Euro.

"Wir haben schriftlich vom Landratsamt, dass der Bus in Zollhaus zehn Minuten warten sollte, falls sich der Zug der Deutschen Bahn verspätet", ergänzt Siegle. Doch das tut er nicht immer. "Jeder Fahrplanwechsel hat unsere Situation in den letzten Jahren verschlechtert", klagt Häring. "Wer auf dem Dorf keinen Führerschein hat, hat keine Chance. Der öffentliche Nahverkehr ist komplett unattraktiv." Dabei lebe doch der Nahverkehr von der Schülerbeförderung, so Siegle.

Die Rudolf-Steiner-Schule hat im Schuljahr 2017/18 von den Eltern einen Fragebogen ausfüllen lassen: Welche Verbindungen nutzt das Kind, wo hakt es? Die Auswertung sei dem Landratsamt vorgelegt worden.

Warten auf Antwort

Einen ähnlichen Fragebogen hat auch Bernd Ellinger, Schulleiter des Schulverbunds am Deutenberg, in den Jahren 2013 und 2014/15 anfertigen lassen. Die Auswertung mit Kritikpunkten habe man an Stadt und Landratsamt weitergeleitet und nie eine Antwort erhalten. Bezüglich der Ausarbeitung der beiden neuen, aktuellen Pläne habe sich auch bei ihm nie jemand gemeldet. "Die Probleme haben sich verlagert und an manchen Stellen verschärft", kommentiert Ellinger die Überarbeitungen. Häufig höre er in der ersten Stunde von seinen Schülern: "Es ist noch schlimmer geworden."

Die Probleme mit den Verbindungen seien nicht neu, eine Verbesserung sieht er nicht. "Es läuft nicht gut. Mein Einfluss als Schulleiter ist null Komma null. Man kommt an dieses Thema nicht ran." Über die Schuljahre seien es immer die gleichen Schüler, die Schwierigkeiten mit ihren Verbindungen hätten.

Auch Ellinger hat den Eindruck, dass die Ankunft der Busse nicht auf den Schulbeginn abgestimmt ist. "Wenn der Bus um 7.32 Uhr ankommt, schaffen sie es nicht rechtzeitig zum Unterrichtsbeginn um 7.35 Uhr." Die Alternative für die Werkreal- und Realschüler wäre, einen noch früheren Bus zu nehmen und eine halbe Stunde vor der Schule zu warten.

"Es ist schrecklich", sagt auch Stefanie Preiser von der David-Würth-Schule. "Die Schüler kommen alle drei, vier Minuten zu spät." In der Regel steigen die Berufschüler am Bahnhof aus und schaffen es nicht rechtzeitig zum Unterrichtsbeginn um 7.35 Uhr. Einen früheren Bus zu nehmen, um dann schon um 7 Uhr an der Schule zu stehen, darauf haben die wenigsten Lust.

"Eine wie von Eltern und Schulen geforderte beziehungsweise gewünschte Abwicklung des Schülerverkehrs hat sich in den letzten Jahren erheblich erschwert", kommentiert Oxana Brunner, Pressesprecherin der Stadt, die Kritik von Schulen und Eltern. Das habe damit zu tun, dass sich mit der Aufhebung der Schulbezirke die Verkehrsbeziehungen im Schülerverkehr vervielfacht hätten oder manche Schulen – um Personal zu sparen – erst kurz vor Schulbeginn ihre Tore öffnen würden.

Bei derzeit 26 Schulstandorten im Stadtgebiet sei diese Koordinationsaufgabe nur durch einen sehr kostenintensiven, reinen Schülerverkehr zu ermöglichen. "Diese Koordination wird auch zunehmend durch eine Elternschaft erschwert, die eine Just-in-Time-Beförderung ihrer Kinder wünschen." Wartezeiten seien von deren Seite aus unerwünscht.

Auch Heike Frank, Pressesprecherin des Landratsamtes, erklärt, dass es für die Verkehrsplaner zunehmend schwieriger sei, hinsichtlich der Schulzeiten Lösungen zu finden. "Dies liegt vor allen Dingen daran, dass die Schulwahl immer häufiger nach pädagogischen Gesichtspunkten und immer weniger nach örtlichen Aspekten getroffen wird." Die Schulwege würden dadurch weiter, die Kombinationen zwischen Schul- und Wohnort, kombiniert mit dem Wunsch, möglichst erst kurz vor Schulbeginn eine passende Busverbindung zu erhalten, vielfältiger. Was Wirtschaftlichkeit und Kapazität angehe, stoße man hier an die Grenzen des Machbaren. "Sollte es Probleme geben, die schon mehrere Jahre existieren, müssten diese konkret benannt werden, so Frank. Aktuell lägen jedoch, was die Verbindung zwischen Stadtbussen und Regionalbussen angehe, keine Beschwerden oder Rückmeldungen vor.

Erschwerte Planung

Dass Schulen und Eltern nicht angemessen in die Planung einbezogen wurden, habe mit der "genehmigungsrechtlichen Notsituation" zu tun, die Mitte 2019 bestanden habe, so Brunner. Um nicht ab 2020 gänzlich ohne Busverkehr in der Stadt dazustehen, habe man die Umsetzung der neuen Pläne nur unter "großen Bemühungen und Anstrengungen" möglich machen können. Bessere Informationen oder ein Einbeziehen in die Planung sei schlicht nicht möglich gewesen. Derzeit würden alle Erfahrungen und Kritiken gesammelt und ausgewertet, um gezielt Nachbesserungen vornehmen zu können. "In diesen Nachbesserungen werden auch Anpassungen im Schülerverkehr vorgenommen", verspricht Brunner.

"Vielleicht ändert sich ja was, je mehr sich melden", ist die Hoffnung von Stefanie Preiser. Bernd Ellinger jedoch ist skeptisch. Er ist seit 2009 am Deutenberg. Seitdem hat sich nichts getan, trotz vieler Bemühungen. Die Überarbeitungen der Stadt- und Kreisfahrpläne haben kaum merkliche Veränderungen gebracht, weder in die eine, noch in die andere Richtung. "Es gibt schon immer Probleme", schließt Ellinger. "Es war schon immer so und ist immer noch so."