Die ehemaligen Soldatenwohnungen in den Erbsenlachen sind derzeit Brennpunkt der Ruhestörung. Foto: Bloss

Flüchtlingsunterkunft Erbsenlachen: Bürger schreiben Brief an Stadt und Landkreis. Dritter Wohnblock bleibt leer.

Villingen-Schwenningen - Nachdem das Zusammenleben zwischen den Flüchtlingen der Gemeinschaftsunterkunft Erbsenlachen und den Anwohnern zunächst friedlich abzulaufen schien, häufen sich nun die Beschwerden wegen Ruhestörung im Wohngebiet.

In einem Brief an Oberbürgermeister und Landrat machen 114 Bürger ihre Sorgen deutlich.

"Wir sind sehr erschüttert und wissen mittlerweile nicht mehr, was wir noch machen sollen", sagt ein Ehepaar, das in einer Eigentumswohnung in der Charles-de-Gaulle-Straße lebt und eine Fensterfront sowie Balkon vis-à-vis zu den drei Wohnblöcken der ehemaligen Soldatenwohnungen hat, von denen seit November vergangenen Jahres zwei mit rund 190 Flüchtlingen belegt sind.

An diesem Abend ist es ruhig um die Wohnanlage, nur ab und zu klingt von weiter her ein freundliches Kinderlachen. "Jetzt müssten wir eigentlich die Gelegenheit nutzen und uns auf den Balkon setzen. Doch heute ist das Wetter zu kalt", meint der Bewohner, der 2012 mit seiner Frau aus dem Frankfurter Raum nach Villingen gezogen ist, um sich hier seinen Alterswohnsitz einzurichten.

Doch seit einigen Wochen, in denen das Wetter nicht nur die Anwohner auf den Balkon und in den Garten, sondern auch die Asylbewerber ins Freie lockt, stellt das Ehepaar sogar Überlegungen an, die Wohnung wieder zu verkaufen. Vor allem die rund 70 Kinder seien bis nachts um zwölf Uhr auf den Straßen mit Rädern und Inlineskates unterwegs und hielten die Nachbarschaft vom Schlaf ab. Gespräche mit Heimleitung und Sachgebietsleitern seien bisher erfolglos gewesen.

"Wir haben ja eigentlich nie etwas dagegen gehabt, dass hier Flüchtlinge wohnen, und wir wissen auch, dass sie einem anderen Kulturkreis angehören. Doch sie müssen sich an uns anpassen und nicht umgekehrt wir an sie", sagt die Anwohnerin.

Mit dem Ehepaar sind es mehr als 100 andere Anwohner aus Erbsenlachen, Schleicher- sowie Charles-de-Gaulle-Straße, die sich Anfang August mit einem Hilferuf per Unterschriftenliste an OB Rupert Kubon und Landrat Sven Hinterseh gewandt haben.

"Es kommt gehäuft zu extremer Lärmbelästigung am späten Abend bis in die Nacht durch laute Musik, Geschrei von Balkon zu Balkon, nächtliches Fußballspielen sowie tätliche Auseinandersetzungen zwischen den Flüchtlingen", heißt es in dem Schreiben.

Die Anwohner – als Ansprechpartner Hamid Khodabandehlou – fordern darin nicht nur das Senken des allgemeinen Lärmpegels und das Einhalten der Nachtruhe, sondern auch eine umfassendere Beaufsichtigung der Kinder sowie regelmäßige Treffen mit Vertretern der Anwohnerschaft.

Nicht erfreut zeigt sich auch das Landratsamt über die Entwicklungen in den letzten Tagen. Aus diesem Grund sei, so Kristina Diffring, Referentin des Landrats, bereits ein gemeinsames Gespräch mit Hamid Khodabandehlou, den zuständigen Sachgebietsleitern und dem Heimleiter geführt worden.

Als Maßnahmen, die nun ergriffen werden, nennt Diffring unter anderem die Beauftragung eines Sicherheitsdienstes, der sechs Kontrollen pro Woche in den kritischen Abendstunden zwischen 20 und 23 machen soll.

Zudem wurde die Polizei beauftragt, ab sofort regelmäßig Streife fahren. Das Landratsamt wolle zusätzlich bauliche Veränderungen zum Lärmschutz im Außenbereich ausführen, so die Referentin des Landrats, sowie Gespräche mit den betreffenden Eltern führen. "Wir haben unsere Heimleiter angewiesen, den Bewohnern eindringlich ins Gewissen zu reden, sich an die Gepflogenheiten in einem Wohngebiet zu halten und den Lärm zu reduzieren und nachts einzustellen", meint Kristina Diffring. Das Landratsamt hoffe, dass sich gute Klima der ersten neun Monate wieder herstellen lässt.

Trotzdem zeigt sich das benachbarte Ehepaar aus der Charles-de-Gaulle-Straße weiterhin besorgt. Denn: Es befürchtet, dass auch in den vordersten dritten Wohnblock – er steht leer, weil er eigentlich abgerissen werde solle – in naher Zukunft weitere Asylbewerber ziehen werden. So hätten die Anwohner in jüngster Vergangenheit mehrmals einen Herrn beobachtet, der sich den Wohnblock gezielt angeschaut habe. Ein Anruf beim Eigentümer, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Freiburg (Bima), habe ergeben, dass es Kaufinteressenten gebe.

Oxana Brunner von der städtischen Pressestelle kann die Bedenken jedoch zerstreuen: "Die Wohnungen bleiben leer, und es ziehen keine weiteren Flüchtlinge ein." Ob der Wohnblock abgerissen werde oder nicht, darauf habe die Stadt keinen Einfluss, das sei Sache der Bima als Eigentümerin.

Die Pressesprecherin verweist außerdem auf das Bestreben des Oberbürgermeisters, so schnell wie möglich ins Gespräch mit den Anwohnern und Flüchtlingen zu kommen. Brunner: "Der OB weiß um die Problematik. Und es ist wichtig, dass etwas passiert."