Gerichtsvollzieher können ein Pfandsiegel anbringen. Foto: Russew Foto: Schwarzwälder Bote

Geld: Christian Herzog erzählt von seiner Arbeit als Gerichtsvollzieher / Hausbesuche macht er derzeit nicht

VS-Villingen. Ein Gerichtsvollzieher sollte ein offenes Ohr für die Sorgen der Schuldner haben. Gleichzeitig benötigt er viel Menschenkenntnis, ist Sozialarbeiter, Seelenklempner und muss dazu konsequent sein. Also muss er den Balanceakt beherrschen und das immer, denn jeder Mensch, mit dem er sich auseinandersetzen muss, ist anders und hat einen anderen Hintergrund.

Viele Eigenschaften

Das hört sich nach vielen Eigenschaften an, die er beherrschen muss und genauso sei es, erklärt Obergerichtsvollzieher Christian Herzog im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. David Böhm, Familienrichter und Pressesprecher am Amtsgericht Villingen, der dem Gespräch beiwohnt, nickt zustimmend mit dem Kopf und erklärt, dass die Bezeichnung "Gerichtsvollzieher/in" immer negative Gedanken hervorruft, denn niemand möchte, dass er/sie an seiner Tür klingelt.

Herzog möchte den Beruf des Gerichtsvollziehers erläutern und hat sich aus diesem Grund für das Gespräch bereiterklärt, wobei er betont, dass er für alle spricht, nicht für sich alleine.

Ein Vermittler

Herzog wurde über den mittleren Justizdienst 2006 Gerichtsvollzieher, vor einigen Jahren wurde er zum Obergerichtsvollzieher ernannt – weil er die fachliche Eignung besitzt – ergänzt Böhm. Er sei Vermittler zwischen Gläubiger und Schuldner und ganz gewiss kein Inkassodienst, stellt Böhm klar. Herzog erläutert seine Arbeit: "Das Gericht stellt eine Forderung fest und stellt den rechtskräftigen Titel aus, wir prüfen dann, ob der Titel vollstreckbar ist." Mit dem Titel erhalte er den Vollstreckungsauftrag, in dem die Forderung des Gläubigers steht. Der Gläubiger könne ihm den Pfändungsauftrag schicken, mit dem er dann den Schuldner konfrontiere. "Kann der Schuldner nicht zahlen, bitten wir Gerichtsvollzieher ihn, ob wir in der Wohnung oder dem Haus nachsehen dürfen, was gegebenenfalls gepfändet werden kann", so Herzog. Ein Fernseher unterliege zum Beispiel dem Pfändungsschutz, es sei denn es handele sich um einen riesigen Luxusfernseher, dann könne der Gläubiger eine Austauschpfändung, also einen einfacheren Fernseher anbieten.

Der Gerichtsvollzieher erstelle von jeder Handlung ein Protokoll, auch dass er sich schriftlich angekündigt habe. Sei der Schuldner dann nicht zuhause, werde der Gläubiger informiert und habe die Möglichkeit, einen Durchsuchungsbeschluss zu beantragen. Im Zweifel könne die Tür auch in Anwesenheit der Polizei durch einen Schlosser zwangsweise geöffnet werden, betont Herzog.

Dieses Vorgehen sei eine Möglichkeit, man könne aber auch eine Vermögensauskunft einholen und dann versuchen, eine gütliche Einigung zu erreichen, fährt er fort. "Wir erstellen einen Tilgungsplan, den der Gläubiger innerhalb von zwei Wochen ablehnen könne, was aber selten passiere, schließlich sei ihm auch daran gelegen, an sein Geld zu kommen."

Auswirkungen 2021?

Er habe im Augenblick nicht mehr Arbeit als sonst. Es könne jedoch sein, dass es im kommenden Jahr als Reaktion auf Corona und dessen Auswirkungen mehr zu tun gebe, so Herzog.

Pfändungen vor Ort führe er jetzt nicht durch. Er wisse ja nicht, was ihn erwartet, er vereinbare Termine in seinem Büro. "Wir haben alles da, Trennscheibe, Handschuhe, Mundschutz, Desinfektionsmittel. Nur bei Eilsachen wie Wohnungsräumung müssen wir persönlich hingehen, dafür haben wir dann Masken. Bei Hausbesuchen sei er immer alleine, trage aber eine kugelsichere Weste.

Auf die Frage, ob er besondere Schicksale zuhause für sich verarbeiten müsse, antwortet er: "Nicht mehr, man darf nicht alles an sich heranlassen."