Marcus Baker hat die britische und die deutsche Staatsangehörigkeit. Foto: privat (Baker) Foto: Schwarzwälder Bote

Brexit: Marcus Baker hat britische und deutsche Staatsangehörigkeit

Villingen-Schwenningen. "Marcus, the British German", das ist Marcus Baker für seine Freunde in Großbritannien. Der Wahl-Villinger hat die doppelte Staatsbürgerschaft und ist ein "klarer Gegner des Brexit".

"Das war die schönste Zeit des Jahres für mich, wenn ich als kleiner Junge bei meiner Oma in England sein durfte", erzählt der 1974 geborene Technische Lehrer an der Hotelfachschule. "Geborgenheit" findet er ein Wort für seine Erinnerung an malerische grüne Wiesen und Pferdekoppel in Glinton bei Peterborough. Dieser kleine Ort nördlich von London, 90 Meilen, beziehungsweise mit der Bahn zwei Stunden Fahrt von dort ist für ihn "richtig schön". Der Sohn einer Engländerin und eines Deutschen wuchs zunächst in Hamburg auf. "Wenn meine Mutter nach England fuhr, durfte ich mit", erzählt er. Als Schüler war Marcus Baker in den Sommerferien dort und im Winter kamen die Großeltern sozusagen als "turnover" nach Deutschland.

Die Familie besitzt in Großbritannien noch ein Haus, das allerdings vermietet ist. Und zwar an die Kinder der 80-jährigen Nachbarin, die Baker schon als kleiner Junge kannte. "Das letzte Mal, als ich mit meiner Mutter dort war, war ich sehr erschrocken, weil die Nachbarin für den Brexit ist", erzählt er. Und hat zugleich Verständnis: "Das ist eine andere Generation, die Angst vor Kriminalität, Asylbewerbern und hohen Sozialkosten hat. Das ist auch ein Thema. Es gibt immer ein Für und Wider." Die jüngeren Leute seien seiner Beobachtung nach eher für die EU mit England.

Marcus Baker hat die britische Staatsangehörigkeit und seit 2017 auch die deutsche. "Ich bin Landrat Hinterseh für die unkomplizierte Einbürgerung sehr dankbar". Als Engländer, der in Deutschland lebt, darf er beim Brexit nicht mit abstimmen. Man verliere das Wahlrecht ohne Wohnsitz in Großbritannien. Nur bei der Europawahl kann Baker mit wählen.

Die Freizügigkeit war für die deutsch-britische Familie eine Erleichterung. "Meine Mutter saß auf der Bettkante und sagte: ›Jetzt geht die Rennerei von vorne los", erzählt er, wie die Nachricht vom bevorstehenden Brexit aufgenommen wurde. "Ich fand das auch nicht prickelnd". Für ihn ändere sich aber überhaupt nichts. "Ich finde es aber schade. Jetzt wird Großbritannien ein Drittland." Seine Verwandten möchte Baker nicht missen. Großonkel und Großtante leben in Nottingham. Er hat noch einen jüngeren Bruder, der als Pilot in Irland und England unterwegs war, aber die deutsche Staatsangehörigkeit hat.

"Wenn ich nach England fahre, dann ist das dort ein ganz eigener Geschmack", erzählt Baker. "Die Luft auf der Insel riecht anders als im Schwarzwald. Die englischen Lebensmittel sind anders. Eine englische Kartoffel schmeckt anders als die, die ich hier kaufen kann", erzählt Baker, der schon als Steward auf einem Kreuzfahrtschiff, als Direktionsassistent in einem Hotel und einige Jahre auf Sylt gearbeitet hat. "Es war Berufung, an die Landesberufsschule zu wechseln. Ich mache den Job mit Leidenschaft", zieht der Hotelfachmann Bilanz. An der Landesberufsschule in Villingen ist er der einzige Engländer.

Für ihn wird sich bei der Einreise nach Großbritannien nichts ändern. "Aber wie ist das, wenn ich mit einer deutschen Freundin das Land betreten will?", fragt er sich. "Bekommt jeder von uns einen anderen Eingang?" Seine Kollegen necken ihn bereits, erzählt er. Zum Beispiel, indem sie fragen, ob er die Papiere schon beantragt habe. Seine Mutter fahre noch regelmäßig in die britische Heimat. "Sie schaut dann nach dem Rechten in unserem Haus, nach Gas und Strom und ob etwas repariert werden muss. Und dann lacht sie mit den Nachbarn", erzählt Baker.

In Deutschland fühlt er sich wohl. Aber die Möglichkeit, den Lebensabend in England zu verbringen, reize ihn schon. "Ich möchte England und die Menschen, die ich schätze, nicht verlieren", betont Baker. Die Jugend bei den Großeltern bedeutet für ihn im Nachhinein Sorglosigkeit. "Das war die Zeit, wo man unbeschwert ist als Kleinkind", erinnert er sich. Einen Brauch will er unbedingt auch nach dem Brexit aufrecht erhalten: Englisches Frühstück. "Ich liebe es und auch nach dem Brexit will ich das weiter essen." Was gehört zu einem englischen Frühstück? Toast, Spiegeleier, Bohnen in Tomatensauce ("am besten sind die von Heinz"), Tomaten, gebratene Champignons, Bacon ("am besten ist der von Tulip") und Würstchen. Während man in Deutschland meist Nürnberger Bratwürstchen verwende, hätten die englischen Bratwürste einen anderen Geschmack. Baker bereitet allerdings meist eine weniger reichhaltige Version zu. "Einmal in der Woche esse ich gebackene Bohnen mit Toast. Das englische Frühstück ist zu nahrhaft", findet er.