Kommunales: Roths Debüt im Gremium / Abwägend, respektvoll, um Ausgleich bemüht

Es war Roths Debüt am Mittwoch im Gemeinderat: seine erste Gemeinderatssitzung in VS. Alle Augen ruhten auf ihm: Wie würde er das Gremium leiten? Und wie würde die Stimmung unter den Fraktionen sein?

Villingen-Schwenningen. Schon im Vorfeld stand eine düstere Vorahnung der Grünen im Raum: Roth, selbst Christdemokrat, könnte die Schwarzen bevorzugen. "CDU first" nannte das der Fraktionssprecher der Grünen, Joachim von Mirbach. Doch OB Jürgen Roth erfüllte diese Prophezeihung in seiner ersten Sitzung des Stadtparlaments nicht. Im Gegenteil: abwägend, respektvoll und sichtlich um Gleichberechtigung bemüht, gab er sich als Vorsitzender des Gremiums. Und: gut vorbereitet hinsichtlich der einzelnen Tagesordnungspunkte. Als Amtsverweser durfte er zwar vom Stimmrecht eines "normalen" Oberbürgermeisters keinen Gebrauch machen, das hinderte Jürgen Roth jedoch nicht daran, sich zu jedem Tagungsordnungspunkt seine Notizen gemacht zu haben und seine Meinung und Vorschläge kundzutun. Mundtot also war Roth – Amtsverweser hin oder her – keineswegs.

Er gibt den Gemeinderatssitzungen offenbar seine eigene Färbung. Alle Besucher begrüßte der neue Stadtvater beispielsweise per Handschlag, Wenn es galt, bei der Abstimmung die Stimmen zu zählen, stand Roth selbst auf und zählte, Seite an Seite mit seinem einstigen Kontrahenten Jörg Röber. Selbst ist der neue OB.

Doch eine Sache, an die muss er sich offenbar gewöhnen: Die Redefreudigkeit der doppelstädtischen Gemeinderäte und die Anzahl der Wortmeldungen zu den jeweiligen Tagesordnungspunkten: "Ich freue mich, dass ich dann die Rednerliste schließen darf" – kommentierte er beispielsweise die Anzahl der Wortmeldungen vieler Gemeinderäte zur geplanten Skateanlage.

Da dürfte ihm Antonio Piovano aus der Seele gesprochen haben, als er bat: "Hört endlich auf mit diesen endlosen Diskussionen!" Gut und gerne zwei Stunden Sitzungszeit, schätzte dieser, ließen sich damit sparen. Einen zaghaften ersten Vorstoß in dieselbe Richtung unternahm Roth, als er nach einem Redebeitrag Reisers bat, auf die durchaus zulässige Gegenrede "aus Gründen der Sitzungsökonomie" zu verzichten. Aufkeimende Unruhe akzeptierte er nicht stillschweigend, sondern er hakte nach: "Brauchen Sie ’ne kurze Pause, es ist gerade so unruhig?" Nein, brauchten sie nicht. Vorübergehend aber war immerhin wieder Ruhe eingekehrt.

Doch diese währte nicht lange. Kurz darauf gab es Irritationen darüber, welcher Beschlussvorschlag nun weitergehender wäre – der am Ende Teuerste oder derjenige, der sich mit einer gewünschten getrennten Abstimmung beschäftigte. Ein kurzer Seitenblick auf die nickende Juristin der Stadt, dann ließ sich Roth nicht weiter beirren und setzte den von ihm eingeschlagenen Weg zielstrebig fort. Wenig später jedoch gab es beim Tagesordnungspunkt über die Werbesatzung in Schwenningen erneut Irritationen hinsichtlich der Befangenheit – Während Roth Stadträte, die dort Grund und Boden oder Immobilien besitzen, zunächst für befangen hielt, sah Amtsleiter Henning Keune das grundlegend anders.

Kein Grund für den Sitzungsleiter, aus dem Tritt zu geraten – er ließ die unterschiedlichen Ansichten so stehen und setzte die Sitzung fort. Am Ende aber kam auch Roth um eine Feststellung nicht herum: Egal, wie umfangreich die Tagesordnung ist, "die Sitzungen dauern immer gleich lange". Für Beobachter seines Debüts im VS-Gemeinderat bleibt der Schluss: Man muss sich nach 16 Jahren anderer Sitzungsführung nun noch gegenseitig aneinander gewöhnen.