John Sambou während seiner Arbeit bei der Firma Klingele in der Klippeneckstraße Foto: Marull Foto: Schwarzwälder Bote

Migration: John Sambou findet mithilfe des Jobclubs bei der Firma Klingele Arbeit / Flüchtling beweist großes Durchhaltevermögen

Seit acht Wochen arbeitet der gambische Flüchtling John Sambou bei der Firma Klingele. Dass das überhaupt möglich wurde, hat er vielen engagierten Menschen und nicht zuletzt seinem Durchhaltevermögen zu verdanken.

VS-Schwenningen. Eine unscheinbare Industriehalle in der Klippeneckstraße: An der Front prangt in großen Lettern: "Klingele – Karosseriebau, Autolackierung, Sandstrahlarbeiten, Industrielackierung Pulverbeschichtung". In der Halle monotones Maschinenbrummen. Der Geruch von Lösungsmitteln und Lacken liegt in der Luft. Etwas abseits bearbeitet ein junger Afrikaner gerade ein Metallgestell mit einem Tuch. "John bereitet gerade Teile für die Beschichtung vor", erklärt sein Chef, Geschäftsführer Andreas Klingele. John heißt mit Nachnamen Sambou, kommt aus Gambia und hat eine wahre Odyssee hinter sich.

2013 entscheidet sich der Gambier zur Flucht nach Europa

Die beginnt irgendwann im Jahr 2013. Damals hatte der heute 21-Jährige beschlossen, seine westafrikanische Heimat in Richtung Europa zu verlassen. Was ihn dazu bewog, Familie, die gewohnte Umgebung sowie Freunde hinter sich zu lassen und die tausende Kilometer lange Reise anzutreten, lässt Sambou im Dunkeln. "Jedes Mal, wenn ich davon erzählen muss, fange ich an zu weinen. Ich rede sehr ungern darüber", meint der junge Mann in Englisch.

Kurz scheint er noch etwas zum Grund seiner Flucht sagen zu wollen, bricht den Versuch aber sichtlich niedergeschlagen mit einem Kopfschütteln ab. "Wenn das Leben in solchen Ländern schön wäre, würden Menschen wie John kaum eine solche Flucht auf sich nehmen", meint Sambous Chef Klingele dazu.

Nach Stationen im Senegal, Mali und Niger fand Sambous Flucht nach Europa in einem libyschen Gefängnis ihr vorzeitiges Ende. Drei Monate sei er dort festgehalten worden, ehe er freigelassen wurde. Seiner Flucht tat das aber keinen Abbruch. Per Boot ging es für den jungen Flüchtling über das Mittelmeer nach Italien.

Dort sei er dann aber erst mal festgesessen. "Zwei Jahre war ich in Italien. Ich habe auf meine Asyldokumente gewartet, doch die kamen nicht", erinnert sich der Gambier. Zunächst habe er in einem Flüchtlingscamp gelebt, dann fand er in einer Einrichtung der Caritas Unterschlupf. Die letzten zwei Monate bevor er nach Deutschland kam, sei er obdachlos gewesen, habe seine Nächte an einem Bahnhof verbracht. "Zu der Zeit habe ich ständig versucht Geld zu verdienen, um weiter nach Deutschland zu kommen", meint Sambou.

Seine erste Station in Deutschland war dann Karlsruhe, wo das Bundesamt für Migration (Bamf) seine Spezialisten für Gambia stationiert hat. Über einen dreimonatigen Aufenthalt am Drehkreuz Heidelberg war Sambou dann im "Camp" in Schwenningen angekommen. Nach einiger Zeit lernte er dort auch das Team des Jobclubs VS kennen.

"Bei mir hat dann eines Tages das Telefon geklingelt und ich wurde gefragt, ob ich bei mir noch Platz für einen Praktikanten habe", erinnert sich Klingele an die Kontaktaufnahe des Jobclubs. Kurz darauf startete Sambou bei ihm als Praktikant.

"Von Anfang an war klar, dass John hier gut reinpasst. Ihm hat die teils schwere Arbeit nichts ausgemacht und er hat viel Ausdauer gezeigt", lobt sein Kollege Alexander Herre. Ein Pluspunkt war auch, dass Sambou in Gambia bereits als Maler und Lackierer gearbeitet hat.

Beste Voraussetzungen also für ein längeres Arbeitsverhältnis über das Praktikum hinaus. Doch kurz nach dem der junge Gambier sein Praktikum bei Klingele beendet hatte, kam der Schock: "Ich bekam den Bescheid, dass ich wenige Tagen darauf in ein Camp nach Ostfildern verlegt werde", erzählt Sambou.

Während der vier Monate dort habe der Jobclub, die Landtagsabgeordnete Martina Braun (Grüne) und Klingele, für den die Verlegung auch mehr als überraschend kam, immer wieder versucht den jungen Gambier zurück nach Schwenningen zu holen. "Alle haben ihr Bestes versucht", zeigt sich Sambou dankbar.

In mühseliger Kleinstarbeit mit Behördengängen, Telefonaten und Gesprächen, ist es dem Jobclub und Braun gelungen Sambou zurückzuholen.

Für Klingele hat sich der Aufwand rückblickend gelohnt. Er habe einen gewissenhaften und fleißigen Mitarbeiter gefunden, der, so der Plan, auch für längere Zeit in dem Schwenninger Unternehmen bleiben werde. "Man merkt schnell, ob einer den Job machen kann oder nicht. John kann es definitiv", sagt Klingele, der schon unzählige Praktikanten erlebt hat, die bei der kleinsten Anstrengung bereits hingeschmissen haben.

Das einzige Manko sei derzeit noch Sambous ausbaufähiges Deutsch, meint Arbeitskollege Herre. "Wir verständigen uns auf Englisch. Das klappt eigentlich ganz gut. Nur bei technischen Fachwörtern und Sicherheitsanweisungen wird es ab und zu schwer." Es sei aber nur eine Frage der Zeit, bis der junge Gambier auch diese Hürde nehmen werde.

Sambou selbst ist jetzt endlich "happy", wie er sagt. Seine Arbeit mache ihm Spaß. Sichtlich stolz erzählt er, dass er sein Zimmer im "Camp" in der Alleenstraße jetzt komplett selber bezahle. Ein bisschen Normalität nach Jahren der Unsicherheit.