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Die OB-Suche der Fraktionen läuft / Jürgen Schützinger verzichtet, "sein" Kandidat jedoch steht in den Startlöchern

Eine eierlegende Wollmilchsau auf dem Chefsessel des Rathauses? Der künftige Oberbürgermeister muss doch sicherlich ein Alleskönner sein. Oder worauf legen die Gemeinderatsfraktionen bei Ihrer Suche Wert?

Villingen-Schwenningen. Noch geben sich die Gemeinderatsfraktionen verhalten. Man will einen möglichen Kandidaten nicht verbrennen, indem man ihn allzu früh der Öffentlichkeit aussetzt, die ihn dann auf Gedeih und Verderb durchleuchten könnte. Dennoch ist sie in vollem Gange, die OB-Suche für VS.

Die einzige Gruppierung des Gemeinderates, die sich offenbar schon festlegt, ist die Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) mit dem Schwenninger NPD-Mann Jürgen Schützinger. "Ich persönlich kandidiere nicht", sagt Schützinger. Noch 2002 warf er seinen Hut mit den Ring, holte im ersten Wahlgang 8,9 Prozent, im zweiten Wahlgang noch 4,8 Prozent der Wählerstimmen. Aus Altersgründen verzichte er nun. Doch: "Es gibt einen Kandidaten aus dem bürgerlichen Lager, den wir unterstützen." Der Mann lege Wert darauf, seine Kandidatur erst mit Start der Bewerbungsfrist öffentlich zu machen. Und er erfülle die in seinen Augen wünschenswerten Kriterien, die Schützinger aufzählt: "Unter 60 und über 30 Jahre alt, sprachgewandt, so aussehen, dass er auch von Frauen gewählt wird, und einen anständigen Beruf". Der Mann sei Villingen-Schwenninger, bekannt in der Stadt und in mehreren Vereinen in entspre chenden Positionen engagiert.

Gleich mit mehreren möglichen Kandidaten im Gespräch ist laut Fraktionssprecher Andreas Flöß das für die OB-Wahl zuständige Team der Freien Wähler. Die "Sondierungsgespräche" hätten allerdings noch nicht dazu geführt, sich auf einen Bewerber festzulegen. Im Gegenteil: Erst nach dem Bewerbungsschluss wollen sie sich "outen", so Flöß. Ganz wichtig dabei: der Schulterschluss zum Ortsverband, man stehe in engstem Kontakt, mache nichts ohne einander, betont der Sprecher der Gemeinderatsfraktion. Auch hinsichtlich des Anforderungsprofils wollen sich die Freien Wähler nicht in die Karten spicken lassen – schließlich könnte ein öffentlich zu eng gestecktes Profil potenzielle Bewerber abschrecken.

Klaus Martin von der CDU Villingen-Schwenningen weiß schon, was der erste Villingen-Schwenninger in spe für die Christdemokraten mitbringen muss: gute Kontakte, ein großes Netzwerk, er müsse Menschen zusammenführen können, Durchsetzungsvermögen und Ideen haben, er müsse Bürger und Kommunalpolitiker gleichermaßen mitnehmen können. Und ein CDU-Parteibuch? Nein, das benötige er nicht, "er muss gut sein, unsere Stadt weiter nach vorne bringen, da ist die Qualität viel wichtiger als das Parteibuch", sagt der Stadtverbandsvorsitzende. Am Mittwochabend stellten die Christdemokraten ihr Team für die OB-Kandidatensuche zusammen, erklärt Martin. Es bestehe aus Fraktions- und Parteimitgliedern gleichermaßen und stehe in dieser Sache auf jeden Fall "in enger Abstimmung mit den Freien Wählern". Zweifel daran, mit einem geeigneten Bewerber aufwarten zu können, hegt der Christdemokrat nicht. "Klar ist, Villingen-Schwenningen ist eine reizvolle Stadt – und der Amtsinhaber hat erklärt, er kandidiert nicht mehr." In alle Richtungen ausschwärmen und krampfhaft suchen? Nein, so gehe die Suche der CDU nicht vonstatten. "Wir sind selbstbewusst", be tont Martin und ist guter Dinge, dass geeignete Persönlichkeiten den Weg zur CDU finden.

Die SPD fährt "zweigleisig" – passiv sowie aktiv. Gebildet wurde ein "ganz kleiner Zirkel" aus Gemeinderat und Ortsvereinsvorstand, wie der Fraktionssprecher Edgar Schurr im Gespräch erläutert. "Das können Sie nicht mit 15 Leuten machen." Diese kleine Gruppe berate daher erst intern, dann könne der Kreis der Mitwisser erhöht werden. Was zählt, ist in Schurrs Augen ganz klar: "Sach- und Fachkompetenz, das ist das Maßgebliche." Auf zwischenmenschlicher Ebene komme ein hohes Maß an Empathie für Menschen hinzu, schließlich sei ein Oberbürgermeister für die Bevölkerung einer Stadt da und müsse daher ihre Anliegen verstehen. Parteibuchfarben, macht auch Schurr deutlich, seien absolut nebensächtlich.

Ebenfalls nicht aktiv verläuft derzeit die Suche der Grünen, nachdem ein erster Suchlauf bis "weit in die Landespolitik hinein", so Fraktionssprecher Joachim von Mirbach, nicht von Erfolg gekrönt gewesen sei. Wen man sucht, weiß man indes schon recht genau: Einen, der sich um die ökologische Erneuerung in Villingen-Schwenningen kümmert, dem die Führung einer Verwaltung liegt und der die Zusammenführung der Verwaltung weiter vorantreibt, so Mirbach. Nicht nur die Villingen-Schwenninger Grünen, sondern auch Grüne aus dem Kreisvorstand seien in diese Bemühungen involviert.

Auch die FDP unter Fraktionssprecher Frank Bonath hat keinen aktiven Suchlauf gestartet. "Wir machen eher eine passive Suche", verdeutlicht er und auch, dass es nicht um ein wie auch immer gefärbtes Parteibuch gehen dürfe. Die wichtigste Eigenschaft des künftigen Oberbürgermeisters? Er müsse verbindend tätig sein können – zwischen V und S, zwischen den Gemeinderatsfraktionen, den 1600 Mitarbeitern der Stadtverwaltung, aber auch in vielfacher weiterer Hinsicht, so Frank Bonath.

Auf der Suche ist die AfD, teilt Gemeinderat Martin Rothweiler mit. "Da sich aber meist trotzige Zweckbündnisse gegen die AfD bilden und in dieser Hinsicht im Moment auch keine Besserung in Sicht ist, ist kaum davon auszugehen, dass wir einen AfD-Kandidaten für das Bürgermeisteramt finden, der konkrete Chancen hätte", stellt er fest. Der Kandidat sollte ein Herz für Subsidiarität mitbringen, in der Politik landes- und bundesweit gut verknüpft sein, damit er seine Forderung nach mehr kommunaler Selbst bestimmung – auch finanziell – geltend machen könne, und nicht dem Selbstläufer der ständigen Zentralisierung unterliegen, nennt er Kriterien. "Er sollte konkrete Pläne in der Tasche haben, wie sich Kommunen stärker im Wohnungsbau engagieren können und fähig sein, parteiübergreifend Ideen aufzunehmen."