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Bernd Schwarzwälder will mit seiner Geschichte, Menschen zum Nachdenken anregen

"Ohne mein Spenderherz würde ich heute nicht mehr leben". Bernd Schwarzwälder aus Villingen ist nicht anzusehen, dass er vor gut einem Jahr dem Tod von der Schippe sprang, als in der Freiburger Uniklinik nachts um 2 Uhr die erlösende Nachricht kam: "Wir haben ein Organ für Sie".

Villingen-Schwenningen. Der 55-Jährige weiß, dass er das Glück hatte, was derzeit nur einem Viertel der Patienten, die auf das Herz eines Verstorbenen angewiesen sind, vergönnt ist. Nach dem Organspendeskandal vor wenigen Jahren ist die Lage noch prekärer geworden. Zudem gilt das Herz in vielen Religionen als "Sitz der Seele" und wird auf Organspendeausweisen gerne von einer Spende ausgeschlossen. Dass er unter der seltenen Erkrankung der rechten Herzkammer, ARVC genannten, leidet, erfuhr Bernd Schwarzwälder erst im Alter von 33 Jahren. Von Kindesbeinen an hatte sich der aktive Sportler (Schwimmen, Volleyball, Wasserball) immer wieder mit Herzrhythmusstörungen auseinanderzusetzen und war auch in kardiologischer Behandlung. Heute weiß er, dass ARVC eine Erbkrankheit ist und seine Mutter auch daran leidet.

Er arbeitete als Krankenpfleger – ausgerechnet in der Kardiologie des Villinger Krankenhauses – als die Diagnose 1996 endlich gestellt wurde. Vier Jahre später musste er den Dienst quittieren, es ging nicht mehr. Jede Bewegung kostete ihn unendlich viel Kraft, der implantierte Defibrillator kam immer häufiger zum Einsatz. Den künstlichen Impulsgeber in der Größe einer Streichholzschachtel bezeichnet Bernd Schwarzwälder als "Fluch und Segen". Alle Modelle, die er je in der Brust hatte, bewahrt er in einem Kästchen auf. Sie haben ihm in den vergangenen 18 Jahren häufig das Leben gerettet.

Doch jeder Schock "war wie ein Pferdetritt, das sind heftigste Schmerzen", sagt er. Die dazu führten, dass er heute unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, die psychotherapeutisch behandelt werden muss. "Ich habe Albträume und wache schweißgebadet auf, weil ich diese Situationen im Geiste immer wieder erlebe", erzählt er.

Nach der Berufsunfähigkeit kamen finanzielle Sorgen hinzu. Das Haus war gerade gekauft, seine Frau Carmen als Krankenschwester nur in Teilzeit tätig, die drei Kinder mussten ausgebildet werden. "Irgendwie haben wir es geschafft", sagt Schwarzwälder und dankt insbesondere seiner Frau, die "gepowert" habe.

Er selbst nahm ein gesundes Leben auf, trank keinen Alkohol mehr, wurde Vegetarier, bewegte sich viel, aber moderat und versuchte, sich stabil zu halten und eine Transplantation hinauszuzögern. Doch die Tage, die er nur noch auf dem Sofa verbringen konnte, wurden immer mehr. Zuletzt schaffte er es kaum mehr, sich auf die Toilette zu schleppen, und besonders der Weg zur vierteljährlichen Untersuchung in der Herztransplantationsambulanz der Freiburger Uniklinik war ein Kraftakt. Mehrfach landete er dort auch auf der Intensivstation.

Im Oktober 2016 behielten die Ärzte ihn da. Mit einer inzwischen schwersten Herzinsuffizienz mit nur noch medikamentös therapierbaren Rhythmusstörungen nahm man ihn endlich auf die Liste höchste Dringlichkeit für eine Transplantation auf.

Wunder von Freiburg

Doch die Aussicht, ein rettendes Organ zu erhalten war düster: "Die Ärzte sagten, ich müsse mich auf ein halbes Jahr Wartezeit gefasst machen", erinnert er sich. Aber nach 30 Tagen begann, was man in der Uniklinik heute als "das Wunder von Freiburg" bezeichnet. Für Bernd Schwarzwälder wurde nicht nur ein Herz gefunden, sein Körper nahm es zudem auf sensationelle Weise an, und alle Werte liegen heute im Idealbereich.

Dafür tut Bernd Schwarzwälder alles. Seit der Reha gibt es keinen Tag, an dem er nicht mit seiner Mischlingshündin "Inka" Spaziergänge macht. Die Bewegung tut ihm so gut, dass die Freiburger Ärzte staunen und seine Tochter Phyllis, selbst Ärztin, die Idee hatte: "Papa, nimm doch an den Deutschen Schwimmmeisterschaften der Transplantierten teil". Die finden im Mai im Villinger Hallenbad statt, dort, wo Bernd Schwarzwälder 1982 seinen letzten Schwimmwettkampf bestritt und damals über 100 Meter Brust sogar einen Vereinsrekord für den SC Villingen aufstellte. Dorthin nach 36 Jahren zurückzukehren, das ist für ihn ein Traum. Die Ärzte gaben grünes Licht, seither trainiert Bernd Schwarzwälder zweimal pro Woche. "Es läuft schon wieder ganz gut", sagt er. Und das Training tue vor allem seiner Psyche gut.

Seinen Ehrgeiz fokussiert er indes nicht auf seine sportliche Leistung als Transplantierter. Vielmehr wolle er mit seiner Geschichte, Menschen zum Nachdenken anregen, und vielleicht besorge sich dadurch der eine oder andere einen Organspendeausweis (gibt es bei jeder Krankenkasse). "Das würde mich freuen".

Meisterschaften in VS

Die 39. Deutschen Meisterschaften der Transplantierten und Dialysepatienten werden unter dem Dach von TransDia Deutschland vom 10. bis 13. Mai zum zweiten Mal nach 2012 an verschiedenen Sportstätten in Villingen-Schwenningen ausgetragen und vor Ort von Ewald und Beate Bea organisiert. Etwa 150 Teilnehmer aus Deutschland, Österreich, Irland, Italien und der Schweiz treten in Leichtathletik, Schwimmen, Radfahren, Tischtennis, Golf und Kegeln gegeneinander an.