Die beiden Attac-Mitglieder Rose Zenth-Hummel und Bruno Arm. Foto: Huber Foto: Schwarzwälder Bote

Attac: Regionalverband engagiert sich für Gemeinwohlökonomie

Villingen-Schwenningen. Der VS-Gemeinderat muss Gewerke vergeben. Und nicht wie in der Vergangenheit bekommt der günstigste Bieter den Zuschlag, sondern der mit der besten Gemeinwohl-Bilanz. Ferne Zukunftsmusik sollen solche Szenarien nicht bleiben, geht es nach dem Willen von Attac.

Mit diesen Visionen sind Rose Zenth-Hummel und Bruno Arm nicht alleine. Um den Attac-Regionalverband Schwarzwald-Baar war es zwar einige Zeit sehr sehr ruhig. Doch ein Jahr vor seinem zehnjährigen Bestehen bringt sich der etwa zehn Mitglieder starke Kern erneut in Erinnerung mit einer Veranstaltung im November am Campus Schwenningen zusammen mit der Hochschule Furtwangen: Christian Felber aus Wien wird über das Thema "Gemeinwohlökonomie" (Info) einen Vortrag halten." Felber, geboren 1972 in Salzburg ist ein österreichischer Autor, Tanzperformer und politischer Aktivist. Er ist Gründungsmitglied von Attac Österreich, Initiator des Projekts Bank für Gemeinwohl und der Gemeinwohl-Ökonomie. 2008 bis 2017 war er Lektor an der Wirtschaftsuni Wien.

Bald größeres Podium?

Und damit sind Zenth-Hummel und Arm bei einem ihrer wichtigsten Projekte angekommen, dessen Realisierung jedoch nur schrittweise zu realisieren sei. Beispiel: Vergabe von Gewerken: Ab einer gewissen Größenordnung müssen Vergaben europaweit ausgeschrieben werden und meistens komme der günstigste Bieter zum Zuge. Doch bei der Gemeinwohlökonomie-Bilanz zähle anderes, dabei gehe es um eine Reihe von Kriterien, die bei Einhaltung für Betriebe, Unternehmungen aber auch Verwaltungen zu einer entsprechenden Zertifizierungen führe. "Aspekte wie Mitarbeiterwohl, demokratische Prozesse oder Nachhaltigkeit spielen hierbei eine Rolle", nur um ein paar Punkte zu nennen, so Zenth-Hummel. Der Vortragsveranstaltung soll eine Podiumsdiskussion auf regionaler Ebene folgen, mit Vertretern von Stadt, Land, IHK und GVO (Gewerbeverband Oberzentrum).

Warum haben sie sich für ihr persönliches Engagement gerade Attac ausgesucht? Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: "Globale Themen werden überparteilich behandelt und in die Gesellschaft getragen." Politisch lasse man sich vor keinen Karren spannen. Wenn es um komplexe, relevante Themen geht, auch dann sprudelt es aus den beiden nur so heraus: Die zunehmende Privatisierung des Wassers ist dem Regionalverband mit seinen mehr als 20 Mitstreitern genauso ein Dorn im Auge wie die derzeit vorherrschende Finanz- und Wirtschaftspolitik: "Geld und Gerechtigkeit" sind für Zenth-Hummel und Arm zwei Begriffe, die zusammen gehören wie Scheckkarten und Pin. Zudem spielen auf dem Weg in eine bessere und nachhaltigere Zukunft auch Verbesserungen im Öffentlichen Nahverkehr eine Schlüsselrolle, gerade wenn es um Verbindungen in die umliegenden Gemeinden geht, nennt Zenth-Hummel einen "wunden Punkt".

Positive Beispiele

Die beiden hoffen durch die Veranstaltung im Herbst auch junge Menschen für die Attac-Arbeit zu gewinnen. Erfahrung mit Vorträgen haben sie bereits, vor zwei Jahren gab es einen Abend mit der evangelischen Erwachsenenbildung, "da bin ich auch zu Attac gestoßen", erinnert sich Arm, ein gebürtiger Schweizer, der bereits seit vielen Jahren im Schwarzwald-Baar-Kreis lebt und als stellvertretender Kreisvorsitzender der SPD bereits engagiert war.

Völlig auseinander genommen wird von den beiden das immer noch gängige Wachstumsdenken: "Wir benötigen ein Post-Wachstumskonzept": Positive Beispiele hingegen seien zum Beispiel hier in VS bereits gegeben, Reparaturcafés, das Projekt "barfood", oder Genossenschaften. Zenth-Hummel und Arm wissen, was sie wollen: "Wir möchten Druck machen und Menschen auf unserem Weg mitnehmen." Eine ihrer Töchter hat Zenth-Hummel "angesteckt": Diese lebt in Berlin und ist bei Attac aktiv.

Die Gemeinwohl-Ökonomie, ein "Wirtschaftsmodell mit Zukunft", möchte die Extreme Kapitalismus und Sozialismus hinter sich lassen. Als ethische Marktwirtschaft beruht sie überwiegend auf privaten Unternehmen, doch diese streben nicht in Konkurrenz zueinander nach Finanzgewinn, sondern sie kooperieren mit dem Ziel des größtmöglichen Gemeinwohls. Vor bald zehn Jahren gegründet, findet diese Idee immer mehr Anhänger und wird bereits von mehr als 2300 Unternehmen und immer mehr Gemeinden, Hochschulen und Privatpersonen unterstützt.