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Schwiegermamas Liebling gehen in VS alle auf den Leim

Er ist vom Typ "Schwiegermamas Liebling": Selbstsicheres Lächeln, Stoffhose, blauer Wollmantel und als i-Tüpfelchen des legeren Business-Looks ein Schal im Burberry-Caro. Doch einige Details stören das Bild des smarten jungen Mannes: die Handschellen, die er trägt. Und die Haftanträge, die ihn quer durch die Republik bis nach VS verfolgen.

Villingen-Schwenningen. Vor Gericht steht an diesem Tag in Villingen ein junger Mann, der durch ganz Deutschland eine unglaubliche Spur von Betrügereien und leeren Versprechungen zieht, die schließlich, im Juli 2016, bis nach Villingen-Schwenningen führt.

Dort, in der Schwenninger Innenstadt, lebte der Mann, der ganze Heerscharen von Handwerkern, Käufern und gut meinenden Verkäufern in der ganzen Republik systematisch geprellt hat. Er selbst wohnt jetzt und vermutlich noch für lange Zeit im Gefängnis. Acht seiner Opfer nehmen an diesem Tag auf der Zeugenbank des Villinger Amtsgerichts Platz, darunter vor allem Geschäftsführer von Handwerksbetrieben.

Als er noch "draußen" war, waren sie ihm allesamt auf den Leim gegangen: Im guten Glauben, sie würden für ihre Arbeit bezahlt, erledigten sie seine Aufträge. Elektroarbeiten für 15 130 Euro, Stukkateurarbeiten für 1283 Euro, Malerarbeiten für 11 957 Euro beispielsweise. Ihr Geld aber sahen sie nie. Andere kauften bei ihm über Ebay ein Handy für 1000 Euro oder einen Staubsauger für 600 Euro. Ihre Ware aber bekamen sie nie. Versandhäuser lieferten ihm ein Laptop oder eine Waschmaschine – ihre Rechnungen beglich er nie. Bliebe es dabei, wäre der 28-Jährige ein unscheinbarer Kleinkrimineller wie es sie in jeder Stadt gibt. Doch schnell wird in dem Prozess klar: Hier hat man es mit einem ganz anderen Kaliber zu tun. Ein richtig dicker Fisch. "Der Herr R. hat mehr Schulden als, glaube ich, manche Gemeinde", sagt sein Verteidiger.

Die Fassade des gut situierten, erfolgreichen jungen Mannes beherrscht der Angeklagte aber auch jetzt noch. Selbstsicher lächelnd schreitet er, den silbernen Handschellen zum Trotz, vor den Justizvollzugsbeamten aus dem Gefängnis in den Villinger Gerichtssaal. Wenn er gefragt wird, spricht er mit fester Stimme. Als Richter Christian Bäumler fassungslos von schwindelerregenden Summen berichtet – in München beispielsweise soll er Gläubiger um Werte in Höhe von beispielsweise 300 000 Euro gebracht haben – lauscht er, offenkundig völlig unbeeindruckt, seiner eigenen Geschichte.

Der BMW mit Sonderausstattung für 108 000 Euro? Kein Problem!

Das Muster ist jedes Mal dasselbe: Gekonnt gaukelt der smarte er seinen späteren Opfern den solventen Jüngling vor. Diese gehen in Vorleistung, liefern Ware oder werkeln in seiner Schwenninger Wohnung, von der sie annehmen, dass sie die seine ist, und bleiben am Ende auf unbezahlten Rechnungen sitzen. Gerade erst wieder auf freien Fuß soll es der 28-Jährige beispielsweise sogar geschafft haben, in Haitersbach einen BMW mit Sonderausstattung für knapp 108 000 Euro zu bestellen und nach Kundenwunsch produzieren zu lassen – inklusive Urkundenfälschung der Bank, in der er sich selbst "viel Vergnügen mit dem neuen Fahrzeug und allzeit gute Fahrt" gewünscht habe. Er selbst fuhr daraufhin wieder ein ins Gefängnis, ein Jahr und acht Monate Freiheitsstrafe lautete das Urteil. Eines von vielen.

"Seit vielen, vielen Jahren wiederholen sich die Taten", erklärt sein Verteidiger vor Gericht. Geschildert werden aus den Akten Fälle, da war er gerade einmal 15 Jahre alt. Noch nicht einmal seine eigene Schwester war vor ihm sicher, sie soll beim Babysitten des Neffens um 350 Euro bestohlen worden sein. Lange Zeit schien der notorische Betrüger mit dem großspurigen Lebenswandel mit dieser Tour durchzukommen. Ob er zwischendurch einfach, wie es ihm sein Verteidiger zugute hielt, den Wohnsitz wechselte, oder er, wie die Staatsanwältin argwöhnte, untergetaucht ist, wird nie in Erfahrung zu bringen sein. Klar ist aber: In Ingolstadt wurde er verhaftet. Und "dann ging es Schlag auf Schlag". Aus Wolfsburg, München, aus allen Ecken der Republik kamen schließlich Haftanträge und Betrugsfälle, die auf das Konto des 28-Jährigen gingen.

"Das ist gewaltig", entfährt es Richter Bäumler. In Anbetracht der Fülle seiner Taten werden die kleinen in Villingen von vornherin eingestellt. Mit anderen Worten: Seine unzähligen Gläubiger werden ihr Geld wohl ohnehin nie wiedersehen. Einige Opfer schütteln im Gerichtssaal, an der Justiz zweifelnd, den Kopf: "Das gibt’s doch nicht!", murmelt einer und verlässt resigniert den Saal. Das Urteil, dem noch unzählige in ganz Deutschland folgen werden, hört er gar nicht mehr an: ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung. "Ich will mich bei den Geschädigten auch entschuldigen, tut mir leid", sagte der 28-Jährige noch kurz zuvor. Doch es half nichts. Dieses Mal glauben sie ihm nicht.