Die Lorettokapelle in Villingen – vor 311 wurde für sie der Grundstein gelegt. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Lorettokapelle: Vor genau 312 Jahren geloben die Villinger den Bau des Gotteshäusleins / Tallards Niederlage

Von Wolfgang Bräun

Es ist fast genau 312 Jahre her, als dem Marschall 300 000 Rationen verdarben – und die Villinger den Bau einer Loretto Kapelle gelobten. Der 16. Juli 1704 ging in die Villinger Geschichte ein.

VS-Villingen. Der französische Marschall war damals sehr in Eile. Der verbündete Kurfürst Max Emanuel von Bayern, der auf Seiten Ludwig des XIV. gegen Kaiser und Reich kämpfte, hatte am Schellenberg eine Niederlage erlitten. Dieser verhandelte daraufhin mit dem gegnerischen Habsburger Leopold I. und es drohte, dass er als Verbündeter abfalle. Und so rückte Marschall Tallard vor die kleine vorderösterreichische Stadt und Reichsfestung Villingen, um hier für den weiteren Verlauf des spanischen Erbfolgekrieges zwischen Ludwig XIV. und Leopold I. ein Hauptdepot zu errichten oder aber die Stadt mit Tod und Vernichtung zu überziehen.

Obrist Wilstorf

Villingen unterstand einem Kommandanten, der als tapfer galt: Obrist Freiherr Baron Heinrich von Wilstorf, lutherischen Glaubens und aus Berlin stammend. Der Rat und die Bürger waren sich einig, dass die Lage der Stadt, seit 30 Jahren ein Kriegsschauplatz, als bedenklich galt.

Schon lange war die Stadt mit 4000 Seelen wegen durchziehender Truppen, durch Mannschafts-Aufgebote und Schanzarbeiten am Ende ihrer Kräfte und kaum mehr in der Lage, die Befestigungen rund um die Stadt auszubauen. Das Hubenloch hätte dringend in das Befestigungswerk mit hereingenommen werden müssen, aber nur das sogenannte "Bügeleisen" diente als Flankenschutz bei Angriffen von Westen her.

Als Marschall Tallard am 16. Juli 1704 sein Lager auf dem Engelhard (Hammerhalde) aufgeschlagen hatte, schreibt Wilstorf, dass die Zahl der Verteidiger bei 900 Mann liege: 400 seiner Kürasiere als Garnison-Soldaten und 500 Bauern und Bürger. Benedikt Berger, Metzger dahier und lokaler Chronist (1634-1710), schreibt über jenen Mittwoch, den 16. Juli 1704: "Es ist gut zu wissen, dass gleich beim Anmarsch des Feindes die Sturmglocken läuten und sowohl die Garnison wie auch die Bürger alle im Gewehr stehen (...). Der Herr Stadtpfarrer samt allen geistlichen Herren, auch Weibsbilder und Kinder haben bei einer Prozession um den Wall der Stadt den Allmächtigen und die allerseligste Jungfrau und Mutter Gottes gebeten, uns zu erhalten."

Tallards Problem

Zu vermuten war, dass Tallard des nachts auf dem Hubenloch die Trancheen (Laufgräben) eröffnen und dermaßen schnell hat vortreiben lassen, ohne dass die Belagerten Genaues wussten. Doch Tallard hatte ein Problem: Ein großer Teil der mitgeführten Lebensmittel war mit 300 000 Rationen wohl verdorben, weshalb er glaubte, Villingen in zwei Tagen einnehmen zu können, um hier ein Hauptdepot oder eine Nachschub-Basis einzurichten. Sollten die Bayern kapitulieren, war Villingen als Deckung für den Rückzug nach Frankreich gedacht. Tallard war also in Eile und bekam von seinem König auch per Dekret enormen Druck.

Doch die Villinger leisteten Widerstand. Prinz Eugen konnte mit dem Ersatzheer am Oberrhein keine Hilfe sein, und so musste sich von Wilstorf auf die Bürger verlassen, deren Kraftquelle unerschütterlicher Glaube an die Verheißungen des Nägelinskreuzes war. Am 22. Juli zog Tallard ab. Seine mit Verbissenheit und 8000 Kanonen- und Feuerkugeln geführte Belagerung war gescheitert.

Die vorerst erlösten Villinger gelobten den Bau einer Kapelle. Ein Jahr später, am 22. Juli 1705, wurde von Dekan Frank aus Bräunlingen der Grundstein für die Loretto Kapelle am Standort von Tallards Zelt gelegt. Am 8. Oktober 1709 wurde sie durch den Weihbischof von Konstanz geweiht.