Egal ob zum Trinken, Essen oder Duschen, SVS-Kunden machen sich Sorgen, dass wieder Keime ins Wasser gelangen könnten. Foto: Giulio_Fornasar – stock.adobe.com

Ursachenforschung der SVS geht weiter: Wie kamen Keime ins Netz? Hitzewelle noch kein Problem

Villingen-Schwenningen - Die Temperaturen steigen und steigen und damit das Adrenalin mancher SVS-Kunden. Noch gut können sie sich an den heißen Sommer 2018 erinnern, das Aufkommen coliformer Keime in Teilen des Netzes und die viel diskutierte Chlorung. Während die Stadtwerke Entwarnung geben, interessiert Experten eine ganz andere Frage: Wie kamen die Keime ins Netz?

Während es den Doppelstädtern immer heißer wird, bleibt Susanna Schmidt, Pressesprecherin der Stadtwerke kühl, wenn es um die Frage einer möglichen erneuten Verkeimung in Teilen des Stadtwerkenetzes der Stadt geht. Die Sorge ist berechtigt. Sprach SVS-Stadtwerke-Chef Ulrich Köngeter im Vorjahr doch davon, dass die SVS-Experten aufgrund der hohen Plusgrade drinnen in den Leitungen erhöhte Temperaturen festgestellt hätten, teils rund 20 Grad, und damit "eine elegante Temperatur für die Keime". Doch Schmidt gibt Entwarnung: Die Hitzewelle bereite den Stadtwerkern keine Sorgen. "Wir haben uns bereits während dem ersten Auftreten coliformer Keime im August 2017 sehr viele Kenntnisse angeeignet, von denen wir bereits 2018 gut profitieren konnten. Wir konnten schnell reagieren und unsere mobilen Chlordosierungsanlagen an den neuralgischen Punkten der Wasserverteilung in Betrieb nehmen", schreibt Schmidt.

Keine Coliformen

So lässt sich auch die konkrete Frage nach Keimen ganz entspannt beantworten: Nein, "wir haben aktuell keine Keime im Netz." Man nehme aber nach wie vor mit der verschärften Methode Wasserproben. Trotz der Sauna-Stimmung im Oberzentrum messen "wir momentan Temperaturen um die neun Grad, je nach Messstelle. Seit April haben wir eine Temperaturzunahme um drei Grad registriert." Im August des Vorjahres waren es alarmierende 20 Grad gewesen.

Susanna Schmidt erklärt die Zusammenhänge: Da sich die Wasserleitungen in der frostsicheren Tiefe von etwa eineinhalb Metern Tiefe befinden, benötige es eine gewisse Zeit, bis die hohen Temperaturen im Erdreich angekommen sind. Und: "Unsere bereits im August 2017 geäußerte Theorie, dass es einen Zusammenhang zwischen den Außentemperaturen und der Keimbildung im warmen Milieu sowie der Stagnation des Wasserdurchsatzes in Ferienzeiten geben könnte, wird derzeit wieder von den Wasserexperten favorisiert."

Wende bei Klima-These

Und damit schwappt auch die Klimawandel-These wieder hoch, die SVS-Chef Ulrich Köngeter ins Spiel gebracht hatte und für die er von Experten teilweise belächelt wurde. Doch mittlerweile hat sich das Blatt gewandelt, wie Wasserexperte Nik Geiler beobachtet, der erneut bei einer Expertenkonferenz in Berlin teilnimmt, der wasserwirtschaftlichen Haupttagung des Bundesverbandes der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). "Immer mehr Experten", so Geiler auf Anfrage des Schwarzwälder Boten, halten die geänderten Klima-Vorzeichen für eine der Ursachen einer Keimvermehrung im Trinkwasser.

Gefahr der Rohrbrüche

Welche Auswirkungen sieht Geiler für das Versorgungsnetz? "Es hat sich auf Grund der Erfahrungen im Extremsommer 2018 gezeigt, dass das "Durchschlagen" der hohen Lufttemperaturen ins Erdreich und damit ins Leitungssystem aber auch in die Wassertürme und Hochbehälter) zu einem Problem werden dürfte." Die zunehmende Spreizung des Wasserbedarfs in Hitzemonaten führe zudem zu einer wachsenden hydraulischen Beanspruchung des Versorgungsnetzes. Hinzu erhöhe sich die Gefahr, dass es durch trockenheitsbedingte Bodenschrumpfungen zu Rohrbrüchen kommen könne.

Netzpflege das A und O

"Kleinere Rohrbrüche bleiben in der Regel eine Zeitlang unentdeckt. Bei Druckschwankungen aufgrund der erhöhten hydraulischen Beanspruchung ist es dann nicht völlig ausgeschlossen, dass Keime ins Leitungsnetz einwandern können. Ob das möglicherweise in VS so gewesen sein könnte, ist aber reine Spekulation." Höhere Temperaturen bedeuten höhere Anforderungen an die Stadtwerker, heißt das Credo vieler Experten. Damit müsse auch deutlich mehr für die "Rohrnetzpflege" getan werden und damit auch eine permanente Erneuerung alter Rohre im Fokus stehen.

Ursachen noch auf der Spur

Für Nik Geiler ist eine ganz andere Frage die zentrale: "Wie konnten die Keime denn in das Netz der Stadtwerke gelangen und sich dann munter aufgrund der gestiegenen Wassertemperaturen vermehren?" Auf diese Frage kann Susanna Schmidt in der letzten Juniwoche noch keine Antwort geben. Die Ursachenforschung sei noch nicht abgeschlossen, erklärt sie, an der neben den Stadtwerken und der übergeordneten Gesundheitsbehörde im Landkreis vor allem die Fachleute aus dem Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe beteiligt sind. Bis wann die Doppelstädter endlich erfahren, wie die Keime ins Wasser gelangen konnten, dazu konnte die SVS-Pressechefin noch keine Angaben machen. "Ich kann nur sagen, wir sind intensiv dran an der Ursachenforschung."