VS will das freie WLAN - trotz der möglichen Risiken. (Symbolfoto) Foto: dpa

Kompromissvorschlag für die Gesundheits-Skeptiker: nachts könnte man abschalten. Mit Kommentar

Villingen-Schwenningen - 563 Personen, überwiegend Villingen-Schwenninger, fordern mit ihrer Unterschrift: kein öffentliches, freies WLAN in Villingen-Schwenningen. Doch die Stadt hält an diesem Ziel fest.

"Die Verwaltung empfiehlt – trotz der von Dr. Klaus Dold und anderen Bürgern gegenüber der Verwaltung vorgetragenen Bedenken – an dem Aufbau eines öffentlichen WLAN-Netzes in Villingen-Schwenningen auch weiterhin festzuhalten" – folgen die Gemeinderäte dieser Marschroute, hätten jene das Nachsehen, die bei der Unterschriftenaktion des Mediziners mitgemacht und ihren Namen dafür gegeben haben, gegen dieses WLAN zu kämpfen. Für die Stadtverwaltung um Oberbürgermeister Jürgen Roth aber wiegen die Vorteile eines freien WLAN-Angebots schwerer. Gesundheitliche Risiken könnten zwar nicht ausgeschlossen, aber wissenschaftlich eben auch noch nicht bestätigt werden. Trotzdem seien elektromagnetische Felder zur Informationsübertragung, etwa Bluetooth, WLAN oder Mobilfunk, hochfrequentiert – die "ganz überwiegende Zahl der Nutzer" sei sich dieses Risiko sicherlich bewusst und nutze die Technik dennoch. Mehr noch: Ein Verzicht auf Übertragungstechnologien wie WLAN oder aber auch Mobilfunk sei sogar "mit gravierenden Einschränkungen in der Lebensqualität der meisten" Bürger verbunden. Sie seien nicht bereit, darauf zu verzichten und teilweise sogar auf die Nutzung dieser Technologien angewiesen.

"Vor diesem Hintergrund geht es aus Sicht der Stadtverwaltung daher nicht um einen Verzicht, sondern um einen verantwortungsvollen Einsatz dieser Technologien zum Wohle der Stadt und ihrer Bürger", so das Fazit der Stadtverwaltung. Immerhin ein kleiner Kompromissvorschlag wird unterbreitet: Sie schlägt vor, das öffentliche WLAN in der Nacht zeitweise abzuschalten – "so würde man besorgten Anliegern im Hinblick auf die Einhaltung der Nachtruhe entgegenkommen", hofft man im Rathaus.

Weder in den großen Stadtbezirken Villingen und Schwenningen, noch in den Ortschaften werde bislang ein flächendeckendes Angebot vorgehalten, das eine durchgängige Verbindung während des Innenstadtbesuchs gewährleistet. Daher sei ein leistungsfähiges WLAN eine gute Alternative oder Ergänzung für das bestehende, lokale Handynetz. Und: Der Villingen-Schwenninger könne sich dann in Zukunft "bequem das eigene Datenvolumen sparen".

Eine klassische Win-Win-Situation also für alle? Im Rathaus ist man davon überzeugt und sieht in einem solchen Angebot sogar "eine deutliche Attraktivitätssteigerung der Innenstädte" für die Bürger. Bestätigt fühlt man sich zudem in der stetig steigenden Nutzung mobiler, internetfähiger Endgeräte und dem wachsenden Bedarf an verfügbarem Datenvolumen.

Auch ein Meilenstein auf dem Weg zur gewünschten smart City Villingen-Schwenningen könnte das Freie WLAN sein. Vor allem im Stadtmarketing hegt man derzeit verschiedene Überlegungen von virtuellen Stolpersteinen über historische Stadtrundgänge per Augmented Reality App, die Einbindung der Angebote der Geschäfte in Smart City Anwendungen wie E-Walls, die Stadt-App oder auch die geplante Augmented Reality App beispielsweise. Der Weg zur Smart City und dem WLAN soll gleichermaßen von einem gesäumt sein: intelligenten Straßenleuchten, denn in den Laternen soll sie stecken, die Infrastruktur für diese Entwicklungen.

Zweckverband statt SVS

Das indes ist nicht neu, sondern schon fast ein alter Hut in VS. 2018 wurde der Beschluss gefasst. Mit den Stadtwerken, der SVS, wollte man gemeinsame Sache machen. Doch beim Wollen ist es bislang geblieben, denn: Es gibt eine rechtliche Neubewertung, wonach der Zweckverband Breitbandversorgung Schwarzwald-Baar (ZVBB) eigentlich bei der Anbindung der Leuchten mit Breitband hätte einbezogen werden sollen. Dass das bislang nicht geschah, stuft man "zumindest als rechtlich problematisch" ein. Und so will man im nächsten Anlauf alles anders machen und auch die übrigen Mankos – eine fehlende Vereinbarung zwischen Stadt und SVS als Grundlage für die Umsetzung sowie ein technisch aktuelleres Kundenmodell mit den heutigen Standards in Sachen Bandbreite und Mobilfunk – wieder wett machen.

Die Beschlüsse vom Juni 2018 sollen nun revidiert werden – der Aufsichtsrat der SVS hat das, quasi in vorauseilendem Gehorsam, schon gemacht. Stattdessen soll nun die Umrüstung der Masten durch den Pächter des Zwecksverbands, die Firma Stiegeler, erfolgen. Die Firma Stiegeler IT soll als Pächter des Netzes zudem mit der Einrichtung und dem Betrieb eines leistungsfähigen öffentlichen WLAN-Netzes für die Gesamtstadt Villingen-Schwenningen beauftragt werden. Kostenpunkt: Ein Investitionskostenzuschuss in Höhe von 50.000 Euro an die SVS sowie 30 000 Euro für die Umrüstung weiterer Straßenlaternenmasten zur Erweiterung des öffentlichen WLAN-Netzes im gesamten Stadtgebiet.

Der Technische Ausschuss der Stadt berät darüber am Dienstag, 8. Oktober, der Gemeinderat beschließt voraussichtlich über das WLAN am 16. Oktober.

Kommentar: Es ist Zukunft

Von Cornelia Spitz

Für manche mag es nach Science Fiction klingen, aber mal ehrlich: Wenn Villingen-Schwenningen ein freies, öffentliches WLAN-Netz errichtet, ist man nicht in der Zukunft, sondern in der Gegenwart angekommen.

Wir alle tun es doch überall und ständig: Wir bewegen uns im Internet – in der Küche auf der Suche nach dem Schnell-Rezept für die Reste im Kühlschrank, bei der Telefonnummern-Recherche im Büro, wenn wir Schnappschüsse der Enkel aus dem Urlaub an die Omas und Opas senden oder das gemeinschaftliche Geburtstagsvideo via Whats-App an die Freundin im Ausland auf den Weg bringen...

Apropos Weg: An der Mobilfunkstrahlung führt also ohnehin kein Weg vorbei – für niemanden. Und eine bloße Verweigerungshaltung hat bislang noch niemanden weitergebracht, schon gar kein Oberzentrum auf dem Weg zur Smart City.