Stadt bietet Ehrenamtlichen Verhaltenstraining an. Hilfen immer gefragter.

Villingen-Schwenningen - Sie sprechen neben Deutsch mindestens noch eine weitere Sprache und wollen ehrenamtlich helfen. Ein Dutzend Menschen nutzt das erstmalige Angebot der Stadt eines Verhaltenstrainings für Dolmetscher.

Gesorgt hatten dafür Natacha Wolf und Carina Haag. Die beiden Mitarbeiterinnen des Amtes für Familie, Jugend und Soziales sind dort für bürgerschaftliches Engagement und für die Bundesinitiative "Frühe Hilfen" für werdende und Eltern von Kindern bis drei Jahren zuständig. Nicht erst seit den Bevölkerungszuwächsen durch Flüchtlinge wachse der Bedarf an Gesprächsbegleitungen bei Kinderärzten und Gynäkologen, beim Jugendamt und den Beratungsstellen, in Kindergärten und Schulen, um Sprachbarrieren zu überwinden, sagt Natacha Wolf. Daher entstand die Idee, einen Pool ehrenamtlicher Dolmetscher aufzubauen und mit dem Kurs von Diplom-Psychologin Tanja Köhler, bekannt auch als Mitglied der "SchwabenSpeaker" zu beginnen.

Rosa Herzberg stammt aus Peru, hat einen deutschen Ehemann und sich zur Elternmentorin ausbilden lassen, um spanisch sprechenden Eltern das deutsche Schulsystem zu erklären. Wolfgang Hirlinger ist Deutscher, spricht Englisch und Französisch und will helfen, "Deutschland zu einem Einwanderungsland zu machen". Fatiha Herbst ist in Marokko geboren, arbeitet als Tagesmutter und kann sowohl arabische als auch französische Gespräche übersetzen. Nuran Erkelet hat einen deutschen Pass, türkische Wurzeln und bisher nur in der Familie und Freundeskreis gedolmetscht.

Sie alle einte nach dem Kurs die Erkenntnis, dass die Aufgabe zu übersetzen, schwieriger als gemeinhin angenommen ist. Den "idealen Dolmetscher" definiert Tanja Köhler nämlich als Multitalent: Neben einer wortwörtlichen und interpretationslosen Übersetzung komme es auf Neutralität und Distanz an, eine Gratwanderung, die nur ein selbstsicherer Mensch unternehmen könne, der zudem Emotionen und Vorurteile beiseite schieben könne.

"Das kann ich nicht", wirft Fatiha Herbst ehrlich ein. Sie helfe so gerne und mit so viel Gefühl, dass "ich manchmal meine eigenen Grenzen überschreite", gibt sie zu. Tanja Köhler ermuntert die Teilnehmer, in solchen Fällen selbstbewusst ein "Stopp" zu äußern. "Ich bin nur ein Werkzeug" – gleich einem Mantra müsse sich dies ein Übersetzer immer wieder sagen. "Aber dabei Mensch bleiben, sonst könnte auch ein Computerprogramm dolmetschen."

Wie das gehen soll? In etlichen Rollenspielen verdeutlicht die Expertin, was sie meint. Trotz auch ernster und trauriger Fallannahmen wird viel gelacht. "Keine Partei ergreifen" – damit hat Wolfgang Hirlinger ein Problem. "Ich will ja nicht, dass in unserem Staat jemand falsch behandelt wird", sagt er. Doch er sei dank des Kurses zu der Einsicht gekommen, dass es ihm als Dolmetscher nicht anstehe, sich einzusetzen für den vermeintlich Schwächeren. "Da müssen dann andere helfen oder ich selbst, aber auf anderem Wege."

Natacha Wolf und Carina Knab kennen die Grenzen ehrenamtlicher Dolmetscher. Persönliche Betroffenheit sei immer ein Grund, einen Einsatz auch ablehnen zu können, verspricht Wolf.