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Andreas Schwab zum Brexit / "Es gibt nur dieses eine Abkommen"

Schwarzwald-Baar-Kreis. Die Abstimmung über den Brexit in Großbritannien wurde verschoben. Plötzlich scheint alles wieder möglich. Ein harter Brexit ebenso wie ein Exit vom Brexit. Wie geht es weiter? Der EVP-Europaabgeordnete Andreas Schwab beantwortet einige Fragen.

Was bedeutet die Verschiebung der Abstimmung über den Brexit in Großbritannien?

Die Verschiebung der Abstimmung ist nicht ungefährlich: Die Wahrscheinlichkeit eines harten Brexits wird damit größer. Eine Ablehnung des Austrittsabkommens im britischen Unterhaus halte ich für kaum noch abwendbar. Es ist aber klar: Es gibt nur dieses eine Austrittsabkommen, das auf dem Tisch liegt. Und ohne Austrittsabkommen gibt es auch keine Übergangszeit für Großbritannien.

Heißt das, dass der Brexit möglicherweise doch nicht stattfindet?

Das halte ich für relativ unwahrscheinlich, eher steuern wir auf einen harten Brexit zu. Aber am Ende brauchen dessen Anhänger eine Mehrheit im Parlament. Nur Kritik am Verhandlungsergebnis zu äußern, reicht am Ende nicht.

Gibt es überhaupt noch ein Zurück?

Vor dem 30. März 2019 kann Großbritannien nach wie vor sein Austrittsgesuch bei der Europäischen Union zurückziehen und damit Mitgliedstaat in der EU bleiben. Das hat der EuGH entschieden.

Wird Theresa May Zusicherungen im Brexit-Abkommen von Brüssel bekom men?

Nein, es ist ganz klar, dass das Austrittsabkommen nicht wieder aufgeschnürt wird. Ich könnte mir vorstellen, dass in einer Stellungnahme noch einmal die gefundenen Ergebnisse verdeutlicht und erklärt werden.

Jean-Claude Junker hat Nachverhandlungen ausgeschlossen, wenn es dabei bleibt, welche Möglichkeiten hat May überhaupt noch?

Premierministerin May hat sich mit ihrer Verhandlungstaktik in eine schwierige Situation manövriert. Ich kann zur Zeit nicht abschätzen, wie diese Situation in Großbritannien gelöst werden soll, die auf Lügen und Halbwahrheiten fußt. Ein besseres Abkommen gibt es nicht. Insofern ist eher die Frage: Welche Möglichkeiten haben die Anhänger des Brexit eigentlich, diesem Abkommen nicht zu zustimmen?

Sie will bei Merkel um Unterstützung werben. Was könnte sie erreichen?

In Berlin kann sie letztlich nichts erreichen, da die EU und mit ihr die Mitgliedstaaten nicht nachverhandeln werden. Aber sie kann natürlich aus Berlin nach London die Botschaft senden: "Mehr geht nicht!"

Wenn die Abstimmung im Unterhaus eine Niederlage für die Brexit-Befürworter ergeben sollte, wie geht es dann für die EU und Großbritannien weiter?

Das ist schwer vorherzusagen. Es könnte zu einer zweiten Abstimmung kommen, die Vertrauensfrage könnte gestellt werden, Neuwahlen könnten angesetzt werden oder es wird ein zweites Referendum abgehalten.

Wie wirken sich die momentanen Ungewissheiten Ihrer Meinung nach auf die wirtschaftliche Lage aus?

Wir haben es mit einer erheblichen Unsicherheit zu tun, die Finanzmärkte haben ja auch bereits entsprechende Reaktionen gezeigt: Das Pfund ist erheblich gefallen.

Befürworten Sie, dass Großbritannien in der EU bleibt und wenn ja, wie wollen Sie das erreichen?

Ich habe immer gesagt, dass der Brexit nur Verlierer kennen wird. Es wäre schade, wenn Großbritannien die EU wirklich verlässt, aber es ist nun die Entscheidung des britischen Parlaments und der Regierung in London in welchem zukünftigen Verhältnis die EU und Großbritannien zueinander stehen sollen?

Was bedeutet es für uns, wenn der Brexit verschoben wird oder wegfällt

Wenn der Brexit wegfällt würde Großbritannien mit allen Rechten und Pflichten EU Mitglied bleiben, diese Chance halte ich aber für relativ gering. Bei einem harten Brexit würden wir auf der Basis der WTO-Regeln miteinander Handel betreiben, diese sehen allerdings Zölle, aufwendige Kontrollen und viele Unwägbarkeiten vor.  Die Fragen stellte Felicitas Schück