So verlassen wie es auf dem Bildausschnitt wirkt, ist der Mauthepark an diesem Morgen um kurz nach 9 Uhr gar nicht. Die erste Parkbank ist schon belegt. Foto: Pohl

Leiter von Selbsthilfegruppe kennt das Problem. Platzverweise sind nicht die Lösung.

Villingen-Schwenningen - Das scheinbar nicht zu lösende Problem, dass Personen bereits tagsüber Alkohol im Schwenninger Mauthepark konsumieren, das Stadtrat Nicola Schurr jüngst thematisiert hat, rief auch das Blaue Kreuz auf den Plan. Mario Forderung, Leiter der Selbsthilfegruppe in St. Georgen, kennt das Problem.

 

Das Problem, dass Alkohol in der Öffentlichkeit getrunken wird, gibt es in vielen Städten. Warum? "Weil die Landespolitik die Städte und Kommunen bei der Regelung allein lässt", behauptet Mario Forderung. Als Gruppenleiter der Selbsthilfegruppe Blaues Kreuz in St. Georgen kennt sich Forderung mit dem Problem aus, wenngleich das Klientel "erst viel später bei uns landet", berichtet er. Denn die eigene Erkenntnis, dass ein Alkoholiker Hilfe benötige, hätten die Betroffenen meist erst nach der x-ten Einlieferung, dem wiederholten Koma und oft erst im Alter von über 50 Jahren, erklärt Mario Forderung.

Und genau deshalb sei es auch nicht die Lösung, die Personen aus dem Park zu verweisen. "Die Trinker in der Innenstadt brauchen Hilfe", fordert der Gruppenleiter. Denn, durch Platzverweise würde das Problem ja nur örtlich verlagert, statt die Ursache bekämpft. "Die Gründe, weshalb jemand regelmäßig trinkt und in der Folge sogar abhängig und damit zum Alkoholiker wird, sind ganz unterschiedlich", schildert Forderung. Die aktuelle gesellschaftliche Situation könne Einfluss nehmen, Themen wie Arbeitslosigkeit, Familiensituation und andere Details der jeweiligen Biografie spielten ebenfalls eine Rolle. "Doch, egal welche Ursache es ist, die Personen haben alle dasselbe Problem."

Gemeinsame Lösungen

Und hier, sagt Mario Forderung, müsse die Stadtverwaltung und das Ordnungsamt gemeinsam mit der Fachstelle Sucht ansetzen, um Lösungen zu finden. "Es ist überhaupt nicht einfach, auf diese Menschen zuzugehen. Denn, um ihnen helfen zu können, müssen sie erstmal erkennen, dass sie Hilfe brauchen", weiß Forderung aus eigener Erfahrung. "Interessant wäre, weshalb sie ausgerechnet im Mauthepark sitzen, aus welchen Gründen sie sich überhaupt zusammenfinden und in welchen Beziehungen die Personen stehen."

Mario Forderung berichtet von der Präventionsarbeit des Blauen Kreuzes, das Teil der Diakonie im Schwarzwald-Baar-Kreis ist. Die Erfolgsquote kann er vor allem bei jüngeren Menschen nicht beziffern. "Das Problem ist, dass Alkoholiker im Alter zwischen 20 und 50 Jahren meist keine Krankheitseinsicht haben, weshalb sie ihr Problem auch nicht als solches erkennen." Erst nach mehrfachem Entzug oder notärztlichen Einlieferungen fände irgendwann ein Umdenken statt.

"Eine Maßnahme könnte sein, Alkohol in der Öffentlichkeit oder zumindest an bestimmten Plätzen zu verbieten. Klar ist aber auch, dass man damit nur diejenigen auf dem Plan hat, die sich zum Trinken nicht zurückziehen", erläutert Forderung. Es gäbe schließlich verschiedene Alkoholiker. Andere würden sich beispielsweise Kneipenbesuche leisten können, wiederum andere zögen sich zuhause zurück und würden allein in ihrer Wohnung trinken.

Der Gruppenleiter berichtet, dass es ein ähnliches Problem früher in St. Georgen auch gegeben habe. Das sei momentan aber nicht mehr so. "Das waren zwei, drei Leute auf dem Marktplatz, die sich immer wieder bis zur Besinnungslosigkeit dort betrunken haben", erinnert er sich. Bei den Betroffenen sei es soweit gewesen, dass letztlich durch zwingend erforderliche medizinische Hilfe sich das Problem in der Öffentlichkeit erledigt habe, berichtet Forderung.

Anlaufstelle in VS

Damit es in Schwenningen erst gar nicht soweit kommen muss, schlägt Forderung eine gemeinsame Lösung von Stadt, Ordnungshütern und Suchtberatung vor. "Vielleicht wäre ein Flyer mit Hilfsangeboten, den es statt des Platzverweises gibt, hilfreich." Das Problem lasse sich nur lösen, wenn man die Ursachen kenne. "Und um so in der Tiefe nachfassen zu können, bedarf es Spezialisten, die sich den Trinkern annehmen."

Und was sagen die Experten vor Ort? "Jeder Klient, der ein Suchtproblem hat, hat die Möglichkeit unsere Fachstelle Sucht aufzusuchen", sagt Elisabeth Volk, die stellvertretende Leiterin der Fachstelle Sucht Villingen-Schwenningen. "Ob wir zusätzlich aufsuchende Arbeit leisten können, hängt davon ab, ob wir hierfür Personalkapazitäten zur Verfügung stellen können." Sie versichert jedoch: "Wir werden die Thematik in unserer nächsten Dienstbesprechung besprechen, wenn unsere Leitung aus dem Urlaub zurückgekehrt ist", lautet Volks Rückmeldung auf Nachfrage unserer Zeitung.

Die Fachstelle Sucht VS ist in Villingen, Großherzog-Karl-Straße 6. Die Schwenninger Außenstelle ist in der Villinger Straße 35. Erreichbar ist die Suchtberatung unter Telefon: 07720/3 89 47. Die Öffnungszeiten in Schwenningen sind Montag 14 bis 18 Uhr, Dienstag 8.30 bis 11 Uhr sowie 14 bis 16 Uhr, Mittwoch 9 bis 12 Uhr sowie 13.30 bis 18 Uhr und Freitag 9 bis 12 Uhr.