Nach langem Zaudern muss Ortvorsteher Klaus Martin (Dritter von links) den Rathausschlüssel an die Gayser-Gilde mit Matthias Zimmermann, Belinda ­Doering (von links) und Patrick Fleig (rechts) herausrücken. Foto: Weiß Foto: Schwarzwälder Bote

Fastnacht: Hästräger übernehmen in den Ortsteilen die Macht und trumpfen mit Ideen auf

Die Narren stürmen die Rathäuser und übernehmen die Macht in den Ortsteilen von VS. Die Hästräger trumpfen erneut mit vielen Ideen auf.

VS-Obereschach/Weilersbach/Pfaffenweiler/Herzogenweiler. Jetzt ist Obereschach einige Tage wieder fest in Narrenhand, nachdem Ortsvorsteher Klaus Martin mit seinen Ortschaftsräten den Rathausschlüssel an die drei Vorstandsmitglieder Matthias Zimmermann, Belinda Doering und Patrick Fleig von der Gayser-Gilde abtreten musste.

Zur Einstimmung auf die fünfte Jahreszeit und zum Aufwärmen hatte sich die muntere Schar der Hästräger und der Gayser-Musikanten am Schlossberg versammelt, bevor sie mitsamt ihrem Symbol, einem Knochen, zum Rathaus zogen und den Schlüssel verlangten. Diesen rückte dann Ortsvorsteher Klaus Martin nur ungern heraus, da er seinen Schreibtisch noch nicht aufgeräumt hatte. Doch die Gayser-Gilde ließ nicht locker, bis sie den überdimensionalen Schlüssel in ihren Händen hielt und der Ortsvorsteher ihnen Narretei, Spiele, Musik und Tanz für die nächsten Tage genehmigt hatte.

Allerdings pochten die Gayser lautstark auf ein weiteres Zugeständnis, da ihnen das traditionelle Knochenverbrennen auf dem neugestalteten Hof vor dem Vereinshaus Alte Schule verwehrt worden war. Auch hier musste der Ortsvorsteher klein beigeben und versprach den Narren eine Lösung bis zum Verbrennen am Fastnachtsdienstag.

Mit einem kleinen Umzug, angeführt durch die Gayser-Musikanten unter der Leitung von Thomas Haberer, ging es dann zum Vereinshaus Alte Schule. Und da der Narrenschar Spiele, Musik und Tanz genehmigt wurden, machten sie kräftig Gebrauch davon. Gefeiert wurde dann bei der Frauengemeinschaft, die sich aus dem Nachbarort Mönchweiler mit den Kirchturmkrähen auch noch musikalische Verstärkung geholt hatte, sowie in den Räumen der Gayser-Gilde.

Die Weilersbacher Ortsvorsteherin Silke Lorke hatte sich zwar eine kleine List einfallen lassen, die Herausgabe des Schlüssels für das Rathaus konnte sie damit aber nur hinauszögern und nicht verhindern: "Bevor ich den Schlüssel herausgebe, müsst Ihr mir zehn Fragen beantworten." Die hatten es zwar in sich, etwa zum Alter der Siedlung, den Öffnungszeiten im Rathaus oder der aktuellen Einwohnerzahl. Doch die Epfelschittler mit Zunftmeister Tobias Hirt sind ein großer Verein, und so lernte Lorke etwas über Schwarmintelligenz.

Der Schlüssel wurde vom Ratssaal hinuntergelassen, womit die Übernahme der Regierungsgeschäfte offenkundig wurde. Die Musikkapelle spielte dazu den Epfelschittlermarsch, während die Baumsteller im sorgsam abgesperrten Bereich den Baum, den die Hemdglonker bei ihrem Marsch praktischer Weise mitgebracht hatten, aufstellten – erneut unter den strengen Augen der Obrigkeit, denn Sicherheitsvorschriften gelten auch in der fünften Jahreszeit. Glücklich zogen die Epfelschittler danach ab zur Glöckenberghalle, um eine zünftige Saalfasnet zu feiern.

Die Narren haben seit Schmotzige Dunnschtig auch in den Rathäusern der Stadtbezirke entlang des Oberen Wolfsbachs in Pfaffenweiler das Sagen. Wie soll man dem bewährten Ortsvorsteher Martin Straßacker den Rathausschlüssel abringen, war das große Fragezeichen bei den Narren am Wolfsbach. Denn ganz so fürchterlich unzufrieden war man miteinander nicht, hat man doch einen Polizisten als Ortsvorsteher, so dass die Sache eine ordentliche Richtung nimmt.

Imponiert hat, was an kulturellen Veranstaltungen wie beispielsweise das Sommertheater im Ort stattfand. Einen Kulturtempel für die überörtlich beliebte Stüblefasnet, "das wärs", meinten die Narren. "Ein toller Plan, hätten wir das Geld, und nicht die Banken", konterte Straßacker, aber eine Lösung ließ er anklingen. "Beim Fasnetsmentigumzug in Pfaffenweiler waren die Straßen von tausenden Zuschauern gesäumt; Dann hätten wir eine Theaterbühne; kilometerlang". Aber dass es nicht wieder vorkommt, so Straßacker, wie beim Nachtumzug, dass um halb zehn das Bier schon leer ist. Was Straßacker überhaupt nicht brauchen kann, sich den Mund fusselig reden zu müssen, ohne das Wasserglas nebenan. Den Schlüssel gab es dann doch, aber erst nach einer prophylaktischen Schluckimpfung mit mexikanischem Corona-Gerstensaft gegen das grassierende Virus gleichen Namens.

In Herzogenweiler ergab sich nach den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr die Konstellation, dass ein amtierenden Oberglaser zum Rathauschef gewählt wurde, der jahreszeitlich eigentlich nach einer fastnächtlichen Auszeit vom Amt lechzen müsste. Zumindest das Jahr über scheint das neue närrische Regime, wenn reingewaschen von allen närrischen Gedanken, bis jetzt ganz gut funktioniert zu haben, war der Stimmung im proppevollen Rathaussaal zu entnehmen. Man habe ja auch ernten dürfen, was die Vorgänger gesät haben, ein Baugebiet und einen super tollen weltstädtischen Flori-Highway, wo man direkt am Cool-House herauskommt, freute sich Ortsvorsteher Andreas Neininger. Als nächstes wolle man den ehemalige Wasser-Hochbehälter der Gemeinde zu Gute kommen lassen, fuhr er fort. Für eine Festhalle sei er zwar zu klein, aber eine solche brauche man nicht unbedingt, denn mit Huberts Schattenweg-Halle habe man eine bewährte Location gefunden.

Doch dann, mit dem Rathausschlüssel sei es so eine Sache, fand sich Ortsvorsteher Andreas Neininger in einer zwiespältigen Lage. Der Schlüssel passt nicht nur fürs Rathaus, sondern auch für seine sich im Bau befindliche neue Staatskanzlei ein paar Gehminuten entfernt. Und so brachten ihm die Glaser sein fasnächtliches Outfit noch auf dem Kleiderbügel hängend direkt aus dem Kleiderschrank in den Rathaussaal, er brauchte nur noch reinzuschlüpfen. Und auf deinen Schlüssel passen wir auf, als wäre es der eigene, wurde ihm innig beschieden. Wer kann da noch nein sagen.