Die Gaststätten und Lokale in der Doppelstadt sind leer gefegt. (Symbolfoto) Foto: VTT Studio/Fotolia.com

Gastronomen kämpfen ums Überleben. Mangelnde Kompromissbereitschaft in der Krise feuert Furcht an.

Villingen-Schwenningen - Tische und Stühle sind leer, die Kassen bleiben es in den meisten Fälle auch. Die Gastronomie in VS kämpft ums Überleben. Noch nicht nur existenzielle Sorgen plagen Wirte und Hoteliers, sondern auch die Kompromisslosigkeit einiger Verpächter: "Manche geben keinen Cent nach."

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Es hat schon etwas Surreales an sich: Wo Freundinnen um die Mittagszeit einen Toast oder eine Latte Macchiato tranken: Leere; wo Geschäftskollegen sich bei Pasta oder Putenschnitzel eine Pause gönnten: Leere. Ausbleibende Gäste aufgrund der Schließungen und ausbleibende Einnahmen, darüber zerbricht sich auch Klaus Fehrenbach vom stets gut frequentierten Café Villa den Kopf.

Dennoch möchte der Gastronom aus der Färberstraße trotz Krisenstimmung einen klaren Kopf bewahren und weiterhin vor allem in den sozialen Netzwerken präsent sein. "Wichtig ist es, dass uns die Gäste nicht vergessen", und nach Ende der vorübergehenden Gastro-Schließungen wiederkommen, fasst er sein Credo in Worte. Die Unsicherheit, wann er und seine Kollegen wieder öffnen können, "das macht die Sache besonders schwierig".

Pachthöhe bleibt

Existenzielle Nöte und Sorgen werden noch zusätzlich durch anderes befeuert: durch die Kompromisslosigkeit mancher Verpächter. "Es ist ein Ärgernis", äußert sich ein Wirt, "dass die an der Pachthöhe festhalten und keinen Euro heruntergehen." Nicht einmal auf den Kompromissvorschlag, doch wenigstens die Nebenkosten zeitweise zu erlassen, sei eingegangen worden. "Die schalten einfach auf stur. Wo bleibt denn da der Wille zur Solidarität, die von uns allen eingefordert wird?"

Griff zur Versicherung

Ins geschäftliche Mark trafen die Schließungen auch Jan Christoph Uhl, der die Expressguthalle und den Ostbahnhof in Schwenningen betreibt, mit manchmal bis zu 1000 Gästen pro Abend. "Null Umsatz, Kurzarbeit für den Großteil seiner rund 60 Mitarbeiter", so sein Fazit. Uhl war einer der ersten, der seine Lokationen schloss, respektive zu schließen hatte. Wie alle anderen Kollegen aus der Branche hat auch Uhl Beihilfen beantragt, die nach Mitarbeiterzahl gestaffelt ausbezahlt werden. "Doch dies hilft nur, um das Allernötigste zu begleichen."

Die Konsequenzen: Wer in der Lage war, Rücklagen zu bilden, müsse diese aufbrauchen, andere haben bereits ihre Lebensversicherungen gekündigt, um liquide zu sein. Wie lange ist eine solche "Durststrecke" finanziell durchzustehen? "Nach einem Monat dürfte es eng werden", schätzt der Gastronom.

Ähnlich düstere Prognosen stellt auch Sabine Zeisberg an, die sich mit der "Frühstückerei im Parkhotel" einen Wunschtraum erfüllt hat. Sicher, habe sie bis dato gut gewirtschaftet und ein gut gehendes Hotel geführt, mit meist 95 Prozent Auslastungsgrad. Dazu eine Brunchlokation, die gerne gebucht wurde. Derzeit dagegen habe sie nur noch "handverlesene Übernachtungen" mit Gästen, die aus einem "nicht-touristischen Zweck" ein Zimmer gebucht haben.

Gutes Wirtschaften hin, gute Bilanz her: Maximal vier Wochen, schätzt sie, könne man überleben, daran änderten leider auch Zuschüsse oder Beihilfen nichts. Mal davon abgesehen, ergänzt Domenico Wittkopf (Ott), dass die Anträge eine Philosophie für sich seien und das Bearbeiten und Ausfüllen mehr als kompliziert. Auch er stellt wie seine Kollegen eine düstere Rechnung auf: Niemand komme auf diese Weise lange über die Runden, Nebenkosten und Pacht, "das läuft ja alles weiter, höchstens einen Monat geht das".

Für Wittkopf, selbst Hauseigentümer, wäre schon viel geholfen, wenn die Leute miteinander reden würden, um in puncto Pacht eine vernünftige Lösung zu finden. Domenico Wittkopf bietet nun auch einen Abholservice an, um wenigstens ein wenig Einnahmen zu haben. "Den Leuten fällt doch die Decke auf den Kopf, außerdem weiß man doch nicht mehr, was man noch kochen soll."

Eine ähnliche Geschäftsidee hatte Nutzi Dietrich (Mauritius im Le Prom). Auch sie bietet Abholung und dazu noch Lieferservice an. "Wir machen alles, um nicht unterzugehen und zu überleben." Sorgen und Existenzängste, die Michael Steiger, Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, nur zu gut kennt. "Da herrscht die blanke Angst." Seine ernüchternde Bilanz für die Branche: Die Einbrüche in Hotellerie und den Speise- und Schankwirtschaften seien vor allem für jene bitter, die über keine großen Rücklagen verfügen. Doch ein dickes Polster zu bilden, sei in der Gastronomie schwierig, sodass die Liquidität schnell leide. Immerhin: Mit den Beihilfen ließe sich schon "dem ein oder anderen Gastwirt helfen".

Wie lange können Gastronomiebetriebe diese harten Zeiten überleben? "Eine schwierige Frage", so Steiger, der selbst mehrere Lokationen besitzt: "Es werden sicherlich welche auf der Strecke bleiben." Und zwar vor allem diejenigen, "die schon immer schwach auf der Brust waren". Wie viele? "Wenn es nur 20 Prozent blieben, so Steiger, so wäre dies schön, "doch dies ist wohl eher eine Illusion".

Angst hat er vor allem um Kollegen, die zwar ein solides Geschäft, aber erst vor Kurzem investiert haben. "Da stehen einige mit dem Rücken an der Wand", meint er und hofft auch auf Entgegenkommen der Hausbanken. Viele Betreiber sorgen sich auch um ihre Mitarbeiter, die jetzt auf einen guten Teil ihres Lohnes verzichten müssen, vom Trinkgeld ganz zu schweigen.

Denen könne man helfen, wenn ein aus dieser Situation heraus angenommener Nebenjob nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet würde.