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Porträt / Simon Lehrichs Karriere beginnt als einer der jüngsten Flugkapitäne

Jeder kleine Junge träumt einmal davon, Hubschrauberpilot zu werden. Simon Lehrich kennt diese Wünsche und bei ihm ist es nicht beim Träumen geblieben. Er ist der leitende Pilot am Luftrettungszentrum Villingen-Schwenningen und fliegt den "Christoph 11".

Villingen-Schwenningen. Schon recht früh wusste der 35-Jährige, welchen Beruf er einmal ergreifen würde. Sein Vater war begeistert von der Luftfahrt und besaß einen der ersten Flugsimulatoren für den PC daheim. "Der war damals auf sieben Disketten gespeichert", erinnert sich Simon Lehrich lachend.

Schon als Schüler saß er davor und steuerte ein imaginäres Flugzeug. Außerdem widmete er sich mit Leidenschaft dem Modellflug und besaß auch einen Hubschrauber. Anders als die meisten Berufspiloten lernte er nach dem Abitur das Fliegen nicht bei der Bundeswehr. Nach dem Grundwehrdienst ging Simon Lehrich nach Amerika an eine private Flugschule, an der er zehn Monate lang die Grundlagen für seinen zukünftigen Beruf in Theorie und Praxis erlernte. Zusätzlich erwarb er die Berechtigungen für den Instrumentenflug und als Fluglehrer. An einer gerade im Aufbau befindlichen neuen Flugschule hatte er gleich im Anschluss das Glück, seine Kenntnisse und sein Können eineinhalb Jahre lang an Flugschüler weiterzugeben und gleichzeitig Erfahrungen zu sammeln.

2008 kehrte Simon Lehrich nach Deutschland und in seinen Heimatort Schwaigern bei Heilbronn zurück und bewarb sich bei der Deutschen Rettungsflugwacht (DRF) in Nürnberg. Da er die erforderlichen 1000 Flugstunden und beste Zeugnisse nachweisen konnte, wurde er als Co-Pilot eingestellt. Nach 1500 Stunden beförderte man ihn 2010 mit 26 Jahren zu einem der jüngsten Flugkapitäne. Am fränkischen DRF-Stützpunkt, einem von 35 in Deutschland. Österreich und Liechtenstein, flog er zum ersten Mal auch nachts.

Als das vom Deutschen Roten Kreuz und der DRF in Kooperation betriebene Luftrettungszentrum Villingen-Schwenningen 2017 als erstes und bisher einziges in Baden-Württemberg den Nachtflugbetrieb aufnehmen konnte, wurden Simon Lehrichs Fähigkeiten gebraucht. Er übernahm die Leitung der Flugrettung und Verantwortung für zehn Piloten auf acht Stellen, die mit dem rot-weißen "Christoph 11" seither auch nachts Einsätze fliegen. Das können in der Regel alle ausgebildeten Piloten. "Man sieht nachts mehr, als man denkt", sagt Simon Lehrich, fügt hinzu: "kein Hexenwerk" und verweist zudem auf ein Nachtsichtgerät, das unter anderem über die Beiträge der DRF-Fördermitglieder finanziert werden konnte und seit 2009 die Sicherheit beim Nachtflug noch erhöht.

Im Unterschied zum Flug bei Tage muss im "Christoph 11" nachts neben dem Rettungsassistenten und eventuell einem Notarzt immer auch ein Co-Pilot mit an Bord sein. Maximal kann der Helicopter drei Personen sitzend, eine liegend sowie die beiden Piloten transportieren. Ein Extra-Sitzplatz werde in Ausnahmefällen Begleitern von Kleinkindern eingeräumt oder auch zum Transport von Spezialteams benötigt, sagt Lehrich. Ob tags oder nachts – die DRF-Piloten sind nach Alarmierung durch die Leitstelle innerhalb von zwei Minuten in der Luft und normalerweise innerhalb von maximal einer Viertelstunde am Einsatzort. Dort zu landen, zwischen Häusern, auf Straße oder umbauten Grünflächen sei eine Kunst, die man im Laufe der Jahre zu beherrschen lerne, sagt der Pilot, der noch immer zu den Jüngeren seiner Garde zählt.

Am Boden bleibt der "Christoph 11" nur bei Nebel, Gewitter und Stürmen mit Windgeschwindigkeiten über 100 Stundenkilometern. Im Sommer wird er in 24 Stunden durchschnittlich sechs-, im Winter drei- bis viermal angefordert. Die Abwechslung beim Fliegen, Starten und Landen und die Tatsache, Menschen helfen zu können, sei es, die seinen Beruf zu einem Traumjob machen, sagt er. Bisher habe er den Anblick von gerade geschehenen Unfällen und den teilweise dramatischen Kampf um Leben und Tod hinter seinem Pilotensitz recht gut verkraftet und die Möglichkeit der psychologischen Betreuung noch nicht in Anspruch genommen, doch es gehe ihm so mancher Fall nach, gibt er zu. Nach einer Zwölf-Stunden-Schicht hat Simon Lehrich zwölf Stunden Ruhezeit.

Nach einem Dienstblock von bis zu sechs Tagen reist er für eine entsprechende Ruhezeit nach Hause zu seiner Frau und erholt sich bei Gartenarbeit und Sport oder verbringt Zeit mit Familie und Freunden. VS kennt er indes nicht nur von oben. Während der Dienstzeiten gebe es immer wieder Gelegenheiten mit den Kollegen die beiden Stadtbezirke aufzusuchen. Welcher schöner ist, vermag Simon Lehrich nicht zu sagen.