Erst kürzlich verlor das Paar einen Großteil ihrer Tiere an Botulismus. Foto: Huber

Größter Fall bundesweit. Seuchenkasse greift nicht. Spendenkontro für Landwirt eingerichtet.

Villingen-Schwenningen - Susanne und Markus Schwörer stehen nach wie vor fassungslos vor einem nahezu verwaisten Stall. Das Ehepaar aus Pfaffenweiler weiß nun aus eigener Erfahrung, wie schnell Botulismus Rinder und Kühe dahin raffen kann. Was die beiden auch erfahren müssen: Mit großer finanzieller Unterstützung ist nicht zu rechnen.

Susanne und Markus Schwörer lehnen an einem der Gatter, hinter denen sich derzeit vereinzelte Tiere befinden, da vor kurzem 33 Kühe und 21 Rinder verendeten. Lediglich ein kleinerer Teil des Bestandes, sieben Milchkühe und elf Rinder, stehen nach wie vor ohne Anzeichen verräterischer Symptome hinter den Boxen. Der Schock über das Erlebte der vergangenen Tage sitzt tief. Zum einen kann man trotz Laborproben nicht mit letzter Sicherheit beschreiben, was die dramatische Entwicklung auf dem Pfaffenweiler Hof ausgelöst hat. Andererseits ist die Familie stark verunsichert, weil das Unglück so unversehens über den großen Hof hereinbrach.

Heidrun Schneider, stellvertretende Amtsleiterin des Veterinäramtes im Schwarzwald-Baar-Kreis, kennt den Fall nicht nur gut, sie vermag ihn auch als "Ausnahmefall" einzuschätzen. "Es ist ungewöhnlich, dass so viele Tiere betroffen sind." Ein Blick in die Vergangenheit zeige, dass bisher nur einzelne Betriebe und einzelne Tiere betroffen gewesen seien. "Dies ist deutschlandweit der bisher größte Fall", erläutert sie.

Bruno Körner, Verwaltungsleiter der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg, bestätigt auf Anfrage die Beobachtungen von Heidrun Schneider. Was er ebenfalls bejaht: Für die leidgeprüfte Familie aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis gebe es nur wenig Entschädigung. Aufgrund von Einschränkungen durch die EU sei eine Zahlung der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg bei Verlusten durch Botulismus grundsätzlich nicht zulässig. Aber: Für Beihilfen, für die kein durch die EU freigegebener Zahlungsgrund vorliege, bestehe aber die Möglichkeit, im Rahmen von "De-minimis" Leistungen zu erbringen: Diese Beihilfen, über einen Zeitraum von drei Jahren ausgezahlt, belaufen sich maximal auf 15. 000 Euro.

Keine klassische Seuche

Über eine Beihilfegewährung, so Körner, entscheide der Beihilfeausschuss auf Antrag des Landwirts. "Das mit dem Antrag, das ist bereits am Laufen", bekräftigt Markus Schwörer. Zwar kursieren bereits erste Schadenssummenmit mehr als 70.000 Euro im Bezug auf die 54 toten Tiere "Doch der finanzielle Verlust ist bei weitem höher", erklärt der Landwirt. Vermutlich doppelt so hoch, schätzt der Landwirt, zähle er reelle Verluste, den Ankauf von Tieren und Einnahmenausfälle dazu. Ein Lichtblick: Bereits der Großvater bewirtschaftete den Hof, und auch der Sohn der Schwörers sieht seine Zukunft im Pfaffenweiler Betrieb: Der 27-Jährige macht gerade seinen Landwirtschaftsmeister.

Warum erhalten die Schwörers nur einen finanziellen Klacks? "Botulismus ist keine klassische Seuche", erläutert Fachfrau Heidrun Schneider. Wie kommt der fatale Prozess in Gang? "Eine Rolle spielen sicherlich sich zersetzende Kadaver." Kadaver, die in der Sillage landen. "Und das lässt sich nicht vermeiden." Botulismus, so Experten, werde durch ein Gift des Erregers Clostridium botulinum verursacht, wenn dieses von den Tieren über das Futter aufgenommen werde. Der Keim sei im Erdreich weit verbreitet. Das Gift bilde sich nur unter bestimmten Umständen. Die Vorstufe des Giftes werde mit Teilen von Kadavern oder verfaulenden Pflanzen aufgenommen und entfalte über Enzmye eine toxische Wirkung. Die Erreger wachsen nur unter Luftabschluss und kommen daher vermehrt in Sillagen vor.

Susanne und Markus Schwören schauen auf ihre Neuzugänge und hoffen, dass weder sie noch die restlichen gesund gebliebenen 18 Tiere jene Botulismus-Symptome zeigen, die für den herbeigerufenen Veterinär so verräterisch waren. Bittere Erinnerungen an die erste Kuh, die nicht mehr aufsteht und an eine zweite, die bereits tot im Stroh liegt. Was der Experte bei der Untersuchung vermutet, bestätigt ein Labor aus Potsdam nach einer aufwendigen Analyse. "Es war einfach furchtbar, wie die Tiere zugrunde gingen und wir konnten nicht helfen", so Susanne Schwörer. Es ist die Machtlosigkeit, die dem Paar zu schaffen macht. Veterinärin Heidrun Schneider kann diese Emotionen gut nachempfinden: Man könne Tiere nicht gegen Botulismus impfen, und es gebe auch keine Behandlungsmöglichkeiten.

Aufgrund der prekären Lage initiierte die Grünen-Landtagsabgeordnete Martina Braun eine Hilfsaktion, bei der Sparkasse wurde ein Spendenkonto eingerichtet.