Wolfgang Eich Foto: Marc Eich Foto: Schwarzwälder-Bote

Unwetter: Wetter-Experte: Villingen-Schwenningen liegt aus meteorologischer Sicht in besonderer Region

Villingen-Schwenningen. Das Wetter ist sein Hobby – entsprechend kann sich Wolfgang Eich (52) aus Villingen nur zu gut an das schwere Hagelunwetter in der Doppelstadt im Juni 2006 erinnern. Zehn Jahre liegt dieses zurück. Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten wirft er einen Blick zurück und geht auch auf die aus meteorologischer Sicht besondere Lage der Region ein.

 

Herr Eich, wie vor zehn Jahren ist das Wetter durch seine Extreme in diesen Wochen in aller Munde. Müssen wir immer häufiger mit Hagel und Hochwasser rechnen?

Die Klimaerwärmung ist ja wissenschaftlich belegt, die Polkappen schmelzen, der Meeresspiegel steigt. Dadurch gibt es mehr Verdunstung und es kommt mehr Wasser in den Kreislauf. Irgendwo muss dieses wieder herunterkommen. Das ist eine spannende Entwicklung, auf die der Mensch großen Einfluss hat. Auch die Winter werden immer wärmer. Ich denke, dass in der Region irgendwann nur auf dem Feldberg sicher mit Schnee gerechnet werden kann. Diese Veränderungen dauern aber Jahrzehnte und -hunderte.

Die Doppelstadt gilt gar als Hagelhauptstadt Deutschlands. Ist da etwas dran?

So pauschal kann man das, denke ich, nicht sagen. Generell ist die Gefahr dort höher, wo es hügelig ist. Wie im Erzgebirge oder Bayerischen Wald. Wir liegen hier zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb. Das bedeutet einerseits, dass es bei uns deutlich trockener ist, als auf den dortigen Höhen. Dafür ist hier andererseits das Risiko für Hagel etwas größer.

Wie lässt sich das für den Wetter-Laien erklären?

Trockener ist es, weil sich die Regenwolken im Westen an den Hängen des Schwarzwalds stauen und die Regenmenge dort herunterkommt. Östlich von uns gibt es dann den gleichen Effekt an der Alb. Wir sind dazwischen auf einem trockenen Abschnitt.

Und warum die erhöhte Hagelwahrscheinlichkeit?

Für Hagel benötigt es warmen Aufwind aus Südwest, die sogenannte Thermik, und kalte Luft, die hinzufließt. Treffen diese Luftmassen aufeinander und hat sich die Landschaft erwärmt, schießen die Gewitterwolken in extreme Höhen auf zwölf oder 13 Kilometer. Dass wir rund um VS auf der Rückseite des Schwarzwalds liegen und vergleichsweise wenig Wald haben, erhöht das Risiko ein wenig. Die Wassertropfen gefrieren bei diesem Vorgang, werden wie im Aufzug rauf- und runtergewirbelt und immer dicker. Irgendwann ist das Hagelkorn zu schwer, um vom Aufwind getragen zu werden, und fällt hinunter.

Beim Unwetter vor zehn Jahren erreichten die Hagelkörner den Durchmesser eines Tennisballs.

Ja, das ist sehr extrem, kann es aber immer wieder geben. In den USA gab es Körner die halb so groß waren, wie ein Fußball.

Das Wetter 2006 vor dem Unwetter war sehr schwül. Ließ sich ein solcher Hagelschauer vorhersehen?

Wo der Hagel herunterkommt, ist nicht abzusehen. Erst wenn sich erste Gewitterwolken bilden, ist auf dem Radar ersichtlich, wohin diese ziehen. Dann sind Warnungen möglich. Das Ausmaß ist lokal aber sehr unterschiedlich, das hängt von den Winden ab. Wie bei einem Tornado: Entweder man ist mittendrin und voll betroffen, oder an der Seite und bleibt verschont. 2006 zog die Gewitterzelle von der Villinger Innenstadt über Schwenningen nach Trossingen. Ich wohne auf dem Warenberg im südlichen Villingen und wir waren bis auf wenige Körner kaum betroffen. Von dem ganzen Ausmaß habe ich erst aus der Zeitung erfahren.

Auch Sie als Wetter-Experte hätte der Hagel also komplett überrascht?

Durch den dunklen Himmel waren wir zumindest gewarnt. Wir haben alle Blumen vom Balkon ins Trockene gestellt und die Autos mit Tüchern bezogen. Den Hagel haben wir dann aber nur gehört, als laute Schläge aus Richtung Stadtmitte zu hören waren. Ansonsten deutet ein gelber Teint an der Unterseite der Gewitterzelle auf Hagel hin.  Die Fragen stellte Andreas Hennings.