Nehmen schon mal Platz – natürlich mit Abstand (von links): Jürgen Roth, Marcel Klinge, Rudi Fürst-Maschek, Michael Steiger und Carsten Dörr. Foto: Stadt VS

Austausch mit OB Roth über Probleme und Erfahrungen. Viele Ideen werden geäußert.  

Villingen-Schwenningen - Seit Montag dürfen Gaststätten wieder unter Auflagen öffnen. Über die ersten Erfahrungen und Probleme haben sich Experten ausgetauscht. Details teilt die Stadt mit.

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Die Corona-Verordnung beinhaltet ein strenges Regelwerk: Abstände müssen eingehalten werden, Beschäftigte einen Mund- und Nasenschutz tragen, Gäste ihre Kontaktdaten hinterlassen. Michael Steiger, Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga sowie Geschäftsführer der Irish Pubs in Schwenningen, Villingen und Tuttlingen und Vorsitzender des IHK-Tourismusausschuss, berichtet von den ersten Tagen: "Mittags waren weniger als ein Drittel an Gästen da, abends haben sich die Tische etwas mehr gefüllt. Ich schätze, dass wir in der nächsten Zeit nicht einmal die Hälfte unseres ›normalen‹ Umsatzes generieren können." Fixkosten wie Miete, Nebenkosten und Löhne bleiben größtenteils dieselben.

Stadt soll wieder mit Leben gefüllt werden

Sorgen über die Entwicklungen in den kommenden Wochen macht sich auch Marcel Klinge, Mitglied des Deutschen Bundestages und VS-Gemeinderat. Als tourismuspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion ist es ihm wichtig, gerade in dieser Krise eine angenehme Lebens- und Aufenthaltsqualität in seiner Heimat zu schaffen. "Feste und Veranstaltungen fallen aus, dennoch möchten die Menschen natürlich den Sommer genießen und die Gastronomie braucht gewisse Umsätze. Es ist mir ein Anliegen, hier Unterstützung anzubieten", so Klinge. Es gehe ihm um ein Mithelfen aller Beteiligten, um die Betreiber durch diese schwere Zeit zu bringen.

Welche Vorgaben das Regelwerk macht, ob Spielräume möglich sind und wie die Stadt die Branche in Villingen-Schwenningen unterstützen kann, waren Inhalte eines Gespräches mit Oberbürgermeister Jürgen Roth, Bürgeramtsleiter Ralf Glück, GVO-Geschäftsführer Carsten Dörr, Rudi Fürst-Maschek vom Café am Riettor sowie Michael Steiger und Marcel Klinge am Dienstag. "Wir alle möchten die Stadt wieder mit Leben füllen", macht das Stadtoberhaupt das gemeinsame Ansinnen deutlich. Doch die strenge Corona-Verordnung für Gaststätten lässt in der praktischen Umsetzung kaum Interpretationen zu.

"Wir stecken hier echt in einem Dilemma", äußert Roth seinen Unmut und erklärt: "Wir versuchen wirklich alles möglich zu machen, was möglich ist und haben gemeinsam schon sehr viele Optionen durchdacht. Wir wollen – dürfen aber nicht. Denn die Gaststätten-Verordnung ist so restriktiv, es gibt so gut wie keinen Spielraum und rechtswidrig können wir nicht handeln." Täglich stimmt er sich mit Ralf Glück vom Bürgeramt ab, Auflagen werden diskutiert, Fallkonstellationen zur Lösungsfindung durchgespielt. Auch andere große Kommunen in Baden-Württemberg plagen die praktischen Probleme, die nicht durch die Verordnung abgedeckt sind. Beispielweise wird die nutzbare Fläche für die Gastronomen, innen wie außen, durch die einzuhaltenden Abstände von 1,50 Meter auf ein Minimum reduziert. In der Außenbewirtschaftung muss sogar der Abstand zu vorbeilaufenden Passanten geschaffen werden, wodurch noch weniger Tische und Stühle aufgestellt werden dürfen. Insgesamt können so viel weniger Gäste bewirtet werden, die Einnahmen sinken um ein Vielfaches.

Viele Ideen können nicht umgesetzt werden

Viele Überlegungen und Ideen, die das Bürgeramt bereits angestellt hat, wie beispielweise die Gaststätten als privaten Raum zu definieren um mehr Gäste an einem Tisch zusammenbringen zu können, können durch die klaren Regeln in der Verordnung nicht umgesetzt werde, heißt es in der Mitteilung der Stadt. "Auch über eine Verkürzung der Sperrzeit haben wir diskutiert, oder über eine zeitweise Sperrung und somit Nutzung von Parkplätzen für die Ausweitung der Außenbewirtschaftung. Aber wir als Stadt sind für alle Menschen in unserer Stadt gleichermaßen verantwortlich", erklärt Jürgen Roth. So gilt es genauso die Interessen der Anwohner mit der Sperrzeit zu schützen oder alle Gaststätten- und Cafébetreiber gleich zu behandeln – nicht jeder hat die örtliche Möglichkeit, seinen Außenbereich zu vergrößern. Andere Gewerbetreibende, Dienstleister und deren Kunden sind auf die limitierten Parkplätz, wie zum Beispiel in der Färberstraße, angewiesen.

Einigkeit bestand bei allen Teilnehmern der Abstimmungsrunde darin, die Gastwirtschaft zu unterstützen und an einem Strang zu ziehen: Oberbürgermeister Jürgen Roth hat versichert, einen teilweisen bis ganzen Gebührenerlass für die Außenbewirtschaftung, abhängig von der Entwicklung, zu prüfen. Der Kommunale Ordnungsdienst wird in der ersten Zeit aufklären und beraten, aber bei drastischen oder wiederholten Verstößen gegen die Verordnung Bußgelder aussprechen. An das Bürgeramt können sich alle Gewerbetreibenden bei Fragen und Unklarheiten zur neuen Corona-Verordnung melden (E-Mail: buergeramt@villingen-schwenningen.de).

GVO und IHK agieren im Schulterschluss für die Öffnungen und bitten die Gastronomen, um gemeinsam mit der Stadt verordnungskonforme Lösungen zu schaffen, um konkrete Vorschläge und Ideen, wie unter Einhaltung der Gaststättenverordnung Außengastronomie ermöglicht werden kann (Nennung von Name, E-Mail, Telefonnummer) per E-Mail parallel an cdoerr@gvo-vs.de und an hilsenbek@vs.ihk.de.

Marcel Klinge wird ein Schreiben an das Wirtschaftsministerium senden und Sensibilität für die Praxis fordern. So wollen sie alle für die Gastronomie an einem Strang ziehen.