Der Gewerbeverband Oberzentrum ermittelt in einer Kurzumfrage die Folgen der Pandemie. Foto: © dma_design – stock.adobe.com

Gewerbeverband Oberzentrumermittelt in Kurzumfrage die Folgen der Pandemie für die VS-Wirtschaft.

Villingen-Schwenningen - Erste Entlassungen, über die Hälfte der Unternehmen mit Kurzarbeit und der Wunsch nach schneller Rückkehr zur Normalität: In einer Kurzumfrage ermittelte der Gewerbeverband Oberzentrum (GVO) unter seinen Mitgliedern die aktuellen Folgen der Corona-Pandemie und der dadurch bedingten Einschränkungen der Wirtschaft.

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"Die Probleme schlagen in fast allen Betrieben der Doppelstadt spürbar durch: Wir brauchen daher schnell für die Region passende Angebote der Politik, um die Wirtschaft schnell wieder ins Laufen zu bekommen", erklärte Jo Müller, GVO-Präsident, angesichts der ermittelten Daten.

Von den weit über 400 Mitgliedsunternehmen des GVO beteiligten sich bis 5. Mai rund 23 Prozent an der Umfrage, und über 78 Prozent von ihnen konstatierten spürbare bis große Probleme durch die Pandemie, teilt der GVO mit. Dabei setzt die Mehrheit auf Hilfe durch Selbsthilfe: Lediglich rund 43 Prozent beantragten staatliche Soforthilfe, kaum gefragt sind zudem die KfW-Hilfskredite, die bislang nur etwas mehr als 16 Prozent der Unternehmen beantragten. "Ein Kredit bleibt mittelfristig auch keine wirklich gute Lösung, da dieser bei dann nachlassenden Umsätzen nur mühsam getilgt werden kann", kommentiert Jo Müller diese Zurückhaltung.

50 Prozent hat auch Gutscheine im Angebot

Die an der Umfrage teilnehmenden Gastronomie- und Handelsunternehmen hatten sich auf ihre eigene Weise auf die Krise eingestellt und in der großen Mehrzahl auf Lieferservice (72,2 Prozent) beziehungsweise auf einen Abholdienst für zuvor bestellte Waren (68,8 Prozent) umgestellt. Genau 50 Prozent dieser Betriebe hat auch Gutscheine im Angebot. Liefer- und Abhol-Dienstleistungen werden durchweg gut angenommen (76/86,4 Prozent), Gutscheine kamen bisher jedoch nur bei rund 56 Prozent der Kunden an.

Das von der Stadt ins Leben gerufene Internet-Verzeichnis "Handeln-fuer-VS.de" für Unternehmen mit Liefer- und Abholservices findet unterm Strich eine gute Resonanz: 72 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Handels- beziehungsweise Gastronomiebetriebe haben sich dort angemeldet, und 73,5 Prozent davon berichten über eine belegbare Nutzung der Internet-Plattform durch ihre Kunden.

Zum Schutz vor einer Komplett-Stilllegung im Fall einer Quarantäne-Anordnung wegen einer Corona-Infektion teilten über 62 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen ihre Belegschaften auf oder lassen örtlich getrennt arbeiten. Und: 54,4 Prozent der Betriebe haben bislang Kurzarbeit angemeldet. Die Aussichten sind hier alles andere als rosig: Nur rund 38 Prozent rechnen damit, bis Ende August wieder normal arbeiten zu können, ein großer Teil sieht Kurzarbeit teilweise bis zum Ende des Jahres und darüber hinaus als potenzielle Maßnahme - die Fortdauer dieses Themas ist also nicht absehbar.

140 Mitarbeiter wurden bereits entlassen

Noch schlechter erging es bereits Arbeitnehmern in fast 17 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Betriebe: Hier mussten bereits 140 Mitarbeiter entlassen werden. Weitere Entlassungen sind nach den Antworten der Betriebe wahrscheinlich, wenn eine Rückkehr zur Normalität länger auf sich warten lässt: So sehen 30 Prozent der Befragten bei einer Fortdauer bis Ende August Entlassungen als wahrscheinlich an, weitere 33 Prozent können ihre aktuelle Belegschaft maximal bis Ende des Jahres halten.

Entsprechend vielfältig sind die Wünsche der Unternehmen an die Politik: Von einer vorübergehenden Aussetzung von Parkgebühren durch die Stadt Villingen-Schwenningen zur Belebung des Handels und der - am besten wieder uneingeschränkten - Gastronomie über die Öffnung der Kitas bis hin zur sofortigen Aufhebung aller Einschränkungen reichen die Ansätze, die von den Unternehmen genannt wurden. Ausdrücklich gelobt wurde von einigen Umfrage-Teilnehmern das Krisen-Management der Stadt. Und auch die angestrebten Anpassungen der Maßnahmen an die regionalen Gegebenheiten hinsichtlich der Infektionsraten sehen einige der Teilnehmer als sinnvoll an.

"Man kann aus den erhobenen Zahlen deutlich erkennen, dass unser Oberzentrum als Wirtschaftsregion stark angeschlagen ist: Jetzt müssen wir zusehen, dass die bereits entstandenen Schäden durch schnelles und regional sinnvolles Handeln der Politik begrenzt werden", resümiert Jo Müller die Ergebnisse der Umfrage. "Der GVO steht als Partner für eine Koordinierung und Abstimmung der passenden Maßnahmen immer konstruktiv zur Verfügung: Denn wir sind uns sicher, dass wir ein gesundes Gleichgewicht aus wirtschaftlichen Interessen und dem Schutz von Risikogruppen hinbekommen können, wenn wir gemeinsam die aktuellen Entwicklungen im Auge behalten und Reaktionen gut aufeinander abstimmen", so der Präsident des Verbandes.

Ergebnisse

Teilnahme: An der Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen des GVO hatten bis zum 5. Mai 104 Unternehmen teilgenommen, rund 23 Prozent der Mitglieder. Diese Quote ist laut GVO als sehr positiv zu betrachten, üblich seien in solchen Umfragen Rücklaufquoten um die zehn bis 15 Prozent.

Beschränkungen: Pandemie und Beschränkungen bereiten 78,3 Prozent spürbare Probleme. Nur 21,7 Prozent bezeichneten die Probleme als sehr gering oder gering, 28,3 Prozent erleben die Probleme durch die Corona-Krise sogar als sehr groß.

Aktivitäten durch die Unternehmen: Der Umgang mit den Herausforderungen aus den Beschränkungen ist vielfältig: Die Nutzung von digitalen Möglichkeiten zur Verständigung mit Kunden oder Lieferanten, das Einsparen von Kosten, aber auch die Investition in besondere Maßnahmen zum Zeigen der eigenen Präsenz durch Akquise-Maßnahmen, Stärkung der Kundenbindung oder dem Versenden von Werbegeschenken spielen eine Rolle.

Soforthilfe: Anträge auf Soforthilfe-Mittel haben nur 42,9 Prozent der Teilnehmer gestellt, von diesen haben zum Zeitpunkt der Umfrage (5. Mai) 84,1 Prozent die Hilfsgelder bereits erhalten. Noch weniger Unternehmen haben bislang einen KfW-Hilfskredit beantragt, lediglich 16,3 Prozent.

 Abholservice: Von den teilnehmenden Unternehmen gehören 31,7 Prozent den Sparten Handel und Gastronomie an. Darunter bieten derzeit 72,7 Prozent einen Lieferservice beziehungsweise 68,8 Prozent einen Abholservice an. Gutscheine bieten 50 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Handels- und Gastronomie-Betriebe an. 76 Prozent der Betriebe berichten, dass ihre Kunden den angebotenen Lieferservice auch tatsächlich nutzen, einen Abholservice wird sogar von 86,4 Prozent der Betriebe als erfolgreiches Angebot gewertet. Immerhin 56,3 Prozent der antwortenden Unternehmen bewerten einen Gutscheinverkauf aus ihrer aktuellen Erfahrung heraus als funktionierende Ergänzung ihres Angebots.

Handeln-fuer-VS.de: Von den an der Umfrage teilnehmenden Handels- und Gastronomie-Betrieben haben sich 72 Prozent auf der Internet-Plattform "Handeln-fuer-VS.de" angemeldet, um ihre Liefer- und Abholdienste bekannt zu machen.

 Belegschaft aufgeteilt: Zur Sicherung der eigenen Handlungsfähigkeit haben 62,1 Prozent aller teilnehmenden Unternehmen ihre Belegschaft in separate beziehungsweise örtlich getrennt arbeitende Teams aufgeteilt.

Kurzarbeit: Von den teilnehmenden Unternehmen mussten bislang 54,4 Prozent Kurzarbeit anmelden. Über die Hälfte dieser Unternehmen musste dabei die komplette Belegschaft in Kurzarbeit schicken. Nur rund 38 Prozent rechnet damit, dass die Kurzarbeit bis Ende August wieder zurückgenommen werden kann: Ein großer Teil sieht diese Maßnahmen teilweise bis zum Ende des Jahres andauern (bis Oktober: 13 Prozent; bis Dezember: 17 Prozent über den Jahreswechsel hinaus: vier Prozent), etwas weniger als ein Drittel der teilnehmenden Unternehmen (29 Prozent ) bewertet die voraussichtliche Dauer der Kurzarbeit generell als "nicht absehbar".

 Entlassungen: 16,8 Prozent der teilnehmenden Unternehmen mussten aufgrund der Pandemie-Beschränkungen und ihrer wirtschaftlichen Folgen bereits Personal entlassen: Rund 140 Voll- und Teilzeit-Arbeitsplätze sind bislang weggefallen. Und die Unternehmen können weitere Entlassungen in Folge der Corona-Flaute nicht ausschließen: Wenn keine spürbaren Lockerungen oder gar eine Rückkehr zur Normalität stattfindet, rechnen bis Ende August deutlich über 30 Prozent der Betriebe mit weiteren Entlassungen, weitere rund 33 Prozent sehen Entlassungen als unausweichlich, wenn die Einschränkungen bis Ende des Jahres aufrecht erhalten bleiben.

Wünsche an die Politik: Die Wünsche an die Politik, wie man den Betrieben aktuell helfen könnte, sind vielfältig: Die Ideen reichen von einem vorübergehenden Verzicht auf Parkgebühren durch die Stadt zur Begünstigung des lokalen Handels und der Gastronomie über die baldige Erlaubnis der uneingeschränkten Öffnung von Handel und Gastronomie sowie der Kinderbetreuung bis hin zu Forderungen nach einer generellen Aufhebung aller Einschränkungen.

Gelobt wird von Teilen der Befragten aber auch das aktuelle Krisenmanagement der Stadt Villingen-Schwenningen im Rahmen der Vorgaben des Landes. Von einigen Teilnehmern begrüßt wird auch der Ansatz, die Pandemie-Maßnahmen an regionalen Gegebenheiten wie der Infektionsrate der vergangenen Tage zu messen, um daran die lokal nötigen Beschränkungen auszurichten.