Doch dazu, dass all das vor dem Villinger Gericht erörtert wurde, kam es erst gar nicht. Christoph Hess sei nur verhandlungsfähig, wenn die Öffentlichkeit vollständig ausgeschlossen werde, hieß es. Das aber sieht das Gesetz nicht vor, und so wurde der Prozess gestern wieder ausgesetzt und soll erst einmal ein neues Gutachten klären, wann Christoph Hess voraussichtlich wieder vollständig verhandlungsfähig ist. Wäre er das ohne Ausschluss der Öffentlichkeit auch künftig nicht, müsste im äußersten Fall, so Richterin Anja Mannhardt, das Verfahren wegen Untreue sogar eingestellt werden.
Schlägt Christoph Hess der Justiz damit "ein Schnippchen", wie es ein Beobachter des gestrigen Prozesstages vermutete? Oder war der Druck durch das Gerichtsverfahren vor der eigenen Haustür zu groß? Klar ist: Der Firmenchef Christoph Hess war nicht irgendein Geschäftsführer eines x-beliebigen Unternehmens. Hess führte das Villinger Vorzeige-Unternehmen und tat dies als Enkel des Firmengründers Willi Hess und Sohn und Nachfolger des ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Jürgen G. Hess – er ist der Spross einer Familie, der sich als Gönner und Mäzen vieler Villinger Vereine, allen voran der Historischen Narrozunft Villingen, der Katzenmusik und des Sinfonieorchesters, um die Kultur der Zähringerstadt verdient gemacht hatte. Das makellose Bild des Vorzeige-Villingers hat mit dem Eklat 2013 ganz unerwartet tiefe Risse bekommen. Gebeugt, gebrochen, fast gar als Schatten seiner selbst, stahl er sich nun gestern an den Pressevertretern und Fernsehkameras vorbei auf die Anklagebank im Villinger Amtsgericht. Ob er auf dieser so schnell wieder Platz nehmen wird, ist fraglich und auch, wie sich diese Umstände auf das von vielen mit Spannung erwartete Hauptverfahren im Bilanzskandal noch auswirken könnten.
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