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Hess, Ziegler und Co. kehren siegreich aus Dresden zurück

Nicht nur viele Gläubiger gibt es, die nach dem Bilanzskandal der ehemaligen Hess AG mit Spannung auf einen möglichen Wirtschaftsstrafprozess warten. Auch ein Bundesland wollte seine Ansprüche geltend machen: Der Freistaat Sachsen stritt sich mit Christoph Hess und Peter Ziegler vor Gericht.

Villingen-Schwenningen. Es ging um mutmaßlichen Subventionsbetrug. Der Freistaat Sachsen warf den beiden ehemaligen Geschäftsführern der Hess AG Subventionsbetrug vor und wollte Fördermittel wiedersehen, die einst gewährt worden waren – doch das Landgericht Dresden wies die Klage nun mit einem Urteil im Januar 2019 zurück.

Zuschuss für Innovationsassistenten und Profis

Es war 2009, als die Hess AG beschloss, "ihre Entwicklungstätigkeiten aus Kostengründen und aufgrund mangelnder qualifizierter Führung nach Dresden auszulagern", heißt es in dem Urteil, das dem Schwarzwälder Boten vorliegt. Was dann folgte, war ein komplizierter Prozess: Die Light Design Solution GmbH (LDS) wurde gegründet, bei den Aufsichtsratssitzungen zur Neugründung im Jahre 2010 seien auch Christoph Hess als Vorstandsvorsitzender der Hess AG und Peter Ziegler als Vorstand der Hess AG anwesend gewesen. Gesellschafter waren zunächst die AMW Präzisionstechnik GmbH mit Geschäftsführer Peter Ziegler sowie zwei weitere nun Beklagte, die jedoch ihre Anteile nur treuhänderisch für die AMW Präzisionstechnik gehalten haben sollen. Den Betrag für die Einzahlung ihrer Stammeinlage hätten sie ebenfalls von der Firma AMW erhalten.

Der Daseinszweck der neuen Firma: Sie sollte LED-Module entwickeln, herstellen und vertreiben sowie entsprechende Dienstleistungen und Softwarelösungen anbieten. Und dabei wollten auch zwei sächsische Gründerfonds mitmischen – die Technologiegründungsfonds Sachsen Seed GmbH und die Start up GmbH beteiligten sich. Das Stammkapital der neuen Firma LDS wurde um knapp 160 000 Euro von zunächst 55 000 Euro auf über 214 000 Euro erhöht und die beiden neuen Gesellschafter, die beiden Gründerfonds, hielten mit je rund 20 Prozent die beiden größten Geschäftsanteile am hoffnungsvollen Jungunternehmen. Für diese jetzt Mit-Beklagten und Mit-Gesellschafter der Firma Light Design Solution gab es von der Hess AG ein unverzinsliches Darlehen in Höhe von 116 000 Euro, damit sich diese die neu zu übernehmenden Geschäftsanteile sowie die Einlagen in die Kapitalrücklagen leisten konnten.

Und dann kam das Land Sachsen ins Spiel: Man bewarb sich um Fördermittel. Die LDS beantragte bei der Sächsischen Aufbaubank (SAB) Zuschüsse auf Grundlage der Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst. Das Geld sollte für die Beschäftigung von Innovationsassistenten und hochqualifiziertem Personal gewährt werden.

Voraussetzung für die Bewilligung war unter anderem, dass die antragstellende Gesellschaft – in diesem Fall also die LDS – zu diesem Zeitpunkt den KMU-Status für Klein- und Mittelständische Unternehmen erfüllte. Falsche Angaben, hieß es, seien strafbar. Dem Antrag auf Fördermittel wurde schließlich stattgegeben. Zuwendungsbescheide über zweimal rund 62 000 Euro wurden versandt, über 93 000 Euro seien ausgezahlt worden.

Doch dann kam der Bilanzskandal des mittelständischen Leuchtenherstellers in VS. Plötzlich war alles anders. Auch die LDS geriet in den rasanten Abwärtsstrudel: "Mit Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 01.04.2015 wurde (...) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der LDS eröffnet und die Gesellschaft aufgelöst", ist im Urteil zu lesen. Die Folge: Im November 2014 nahm die Sächsische Aufbaubank die Zuwendungen in voller Höhe zurück und forderte die Rückzahlung bereits ausgezahlter Zuschüsse. Ihrer Meinung nach habe die LSD den KMU-Status zum jeweiligen Zeitpunkt nicht erfüllt und somit "Fördermittel aufgrund unvollständiger Angaben erlangt", so die Begründung der Bank. Die Zuwendungsbescheide seien "rechtswidrig ergangen". Widersprüche des Insolvenzverwalters der LDS wurden zurückgewiesen, über seine daraufhin im Oktober 2016 beim Verwaltungsgericht Dresden erhobene Klage wurde noch nicht entschieden. Ihre Forderungen von über 93 000 Euro hat die SAB nach der Insolvenz auch zur Tabelle angemeldet, der Insolvenzverwalter allerdings bestritt diese Forderungen.

Bei der Aufarbeitung des Rechtsstreits vor der Zivilkammer rückte einmal mehr ein Teil des unübersichtlichen Firmenkonstrukts der Hess AG in den Fokus. Weil die beiden Mitgesellschafter ihre Geschäftsanteile nur treuhänderisch gehalten hätten, seien die Beteiligungsverhältnisse an der LDS unter dem Strich andere gewesen, als zum Zeitpunkt des Fördermittelantrags, meinte der Freistaat.

Berücksichtige man den Einsatz der zwei jetzt Mit-Beklagten lediglich als Treuhänder, hätten nämlich die Hess AG und die Hess Technologie GmbH gemeinsam 34,7 Prozent der Anteile an der LDS gehalten. Der Klein- und Mittelständler-Status sei damit nicht erfüllt gewesen. Gegenüber der SAB jedoch habe man behauptet, die Anteile an dem Unternehmen LDS seien nicht zu mindestens 25 Prozent im Besitz eines anderen oder mehrerer anderer verbundener Unternehmen.

Keine Gründe für Haftungsausschluss bei Hess und Ziegler genannt

Verjährt waren die Ansprüche in den Augen des Gerichts zwar nicht – das wollten die Beklagten geltend machen. Recht erhalten hat der Freistaat Sachsen aber trotzdem nicht. Im Gegenteil: Hess, Ziegler und die beiden anderen Beklagten gingen siegreich aus dem Zivilverfahren heraus, die Klage wurde abgewiesen. Der Freistaat habe es nicht geschafft, zu beweisen, dass Hess, Ziegler und Co. "vorsätzlich oder leichtfertig" beim Antrag auf Subventionsgelder falsche Angaben gemacht hätten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Dass die Darlehen der Hess AG an die jetzt Mit-Beklagten eigentlich die Funktion einer Treuhandvereinbarung hätten, sah das Gericht nicht so: "Die Darlehensverträge beinhalten weder direkt noch indirekt für die Annahme einer Treuhandabrede typische und erforderliche Abreden", meinte das Gericht.

Eine wichtige Feststellung traf der Richter jedoch am Ende des Urteils: Für die beiden Mit-Beklagten sah es ohnehin "haftungsausschließende Gründe" – für Christoph Hess und Peter Ziegler wurde eine solche Angabe nicht gemacht.