Mit Niko Formanek gastierte im Schwenninger Capitol ein ­österreichischer Kabarettist aus Wien. Foto: Trenkle Foto: Schwarzwälder Bote

Kabarettist: Niko Formanek hadert mit dem Älterwerden

VS-Schwenningen. Viel "Wiener Schmäh" ergoss sich am Freitagabend im Schwenninger Capitol von der Bühne in den Zuschauerraum. Zu Gast war im voll besetzten Haus der österreichische Kabarettist Niko Formanek.

Den Wiener Schmäh sieht Formanek als "Fähigkeit, jemandem etwas Böses zu sagen, ohne dass dieser es merkt und sich stattdessen sogar noch geschmeichelt fühlt". Insofern ist zu hinterfragen, ob der vielfach vom Künstler gegenüber dem Publikum ausgesprochene Dank samt "Küss‘ die Hand, die Damen" oder "Habe die Ehre" tatsächlich ernst gemeint war oder eben nicht auch unter seiner Definition des "Schmäh" abzubuchen ist. Formanek betonte, sich sehr zu freuen, mit Schwenningen erstmals in der südlichen Region Baden-Württembergs auftreten zu können. Neben Österreich war der Kabarettist bislang meist auf noch weitaus südlicher gelegenen Auftrittsbühnen unterwegs, nämlich als Unterhalter auf Kreuzfahrtschiffen. Zentrales Thema des Künstlers stellte das Hadern mit seinem Alter dar. Immer wieder nahm Formanek hierauf Bezug. "Ich bin ein 25-Jähriger im Körper eines 55-Jährigen", so Formanek.

Gleichsam als prosaischen Spiegel nutzte er erzählend seine Ehefrau: "Gleich, Schatz…!" nennt sich denn auch sein aktuelles Programm. Besagten Schatz umschwärmt der Kabarettist eineinhalb Stunden lang, nennt sich selbst es gar nicht wert, von ihr vor 30 Jahren geheiratet worden zu sein, sieht sich als Mann nicht in der Lage, ein solch komplexes Wesen wie seine Frau zu interpretieren, kriecht bisweilen verbal fast vor ihr auf der Bühne, als säße sie kritisch im Zuschauerraum. Formaneks Partnerin wirft wohl tatsächlich immer wieder einen Blick auf dessen Texte, zielen diese doch sehr stark auf das Privatleben der beiden samt zweier Kinder und hebeln damit den innerfamiliären Datenschutz womöglich etwas aus. Selbst hier lobt Formanek seine Frau über alles: "Ich habe das attraktivste Zensurbüro, das man haben kann", um dann aber doch zu gestehen, dass ein Comedian jede Freundschaft für einen guten Gag riskiert, "manchmal sogar für einen schlechten".

Trotz des Alters ist Formanek im Metier des Kabaretts kein eingefleischter Profi. Nach einer erfolgreichen internationalen Karriere als PR-Manager, Wahlkampfberater und Kommunikator beschloss er mit knapp 50 Jahren, etwas für ihn beruflich völlig Neues zu wagen. Dass er mit Publikum gut umzugehen weiß, zeigt sich beim Auftritt schnell. Leider rutscht er bei der thematisch ständigen Umkreisung seiner Partnerin immer wieder ins sexuell Zotige ab. Hierbei relativiert er dann zwar sofort selbstkritisch den rausgehauenen Herrenwitz, doch es geht nicht lange, bis der nächste folgt. Irgendwann nutzt sich das Grundmuster ab, in der die ständige Eigenabwertung mit der latent an die Zuhörerschaft gestellten Forderung zum tröstend-lobenden Widerspruch letztlich doch ein narzisstisch-selbstverliebtes Spiel darstellt.

Besonders starke Momente fanden sich beim Künstler, in denen er in der Lage war, von der eigenen Person etwas Abstand zu nehmen. Beispielsweise in Schilderungen rund um die beiden Kinder. So sei die Haut des Sohnes bei der Geburt fast blau gewesen. "Mein erster Gedanke war, dass mich meine Frau mit einem Schlumpf betrogen hatte." Babys seien so süß, betonte Formanek, das Problem sei nur: "Die bleiben nicht so!" Sie wüchsen heimlich und irgendwann säße einem so ein "Teenager-Ding" gegenüber. Er sei sich sicher: In der Pubertät übernähmen Außerirdische das Gehirn der Kinder. "Ich habe schon bei der NASA angerufen und denen mitgeteilt, dass sie aufhören sollten, im All nach Aliens zu suchen. Die sitzen bei uns in Wien im Wohnzimmer." Würden Hollywood-Autoren Monsterfilme entwerfen, hätten sie dabei vermutlich Pubertierende als Inspiration im Hinterkopf.

Vermutlich nicht ganz den Tatsachen entsprachen zwei ausführlich dargelegte Geschichten rund die eigene Person: In der ersten Schilderung zerlegte er mit einer Kettensäge durch die Überschätzung praktischer Fähigkeiten beim Fällen einer Birke gleich das halbe Ferienhaus. In der zweiten blieb er aufgrund von Übergewicht beim Rutsch-Looping in der Röhre eines italienischen Freibades stecken. Immerhin habe er durch den Schreck eine gute Motivation zum Abnehmen erhalten und inzwischen 15 Kilogramm abgenommen.