Blicken auf ein Jahr Schreibstube zurück: Diakonie-Ehrenamtskoordinatorin Evelyn Preuß (von links), Ottomar Stamm, Suet Bäuerle, Diakonie-Beratungsstellenleiter Reinhold Hummel, Reinhold Weinmann, Kerstin Bleile, Albrecht Benzing, Rudolf Bill, Rosemarie von Strombeck. Foto: Bloss Foto: Schwarzwälder-Bote

Ehrenamt: Seit einem Jahr kommen Flüchtlinge in Schreibstube

V S-Schwenningen. Eine "Behörde" ohne Amtsatmosphäre: Das ist die Schreibstube der Diakonie, die vor einem Jahr für Flüchtlinge ins Leben gerufen wurde.

"Wie kommen Flüchtlinge mit Behörden klar?" Diese Frage hatte sich bereits der Arbeitskreis Asyl der Schu-bertstraße gestellt und daraus eine Arbeitsgruppe gebildet, berichtet Reinhold Hummel, Beratungsstellenleiter der Diakonie. Dass der Bedarf, Flüchtlinge bei Amtsgängen zu begleiten oder ihnen beim Ausfüllen von Formularen zu helfen, enorm wichtig ist, habe sich schnell herausgestellt.

Innerhalb eines Jahres haben rund 250 Flüchtlinge die Dienste der rund zehn Ehrenamtlichen in der Diakonie an der Kronenstraße in Anspruch genommen. Hauptsächlich aus Syrien, aber auch aus Eritrea oder Pakistan seien die Bedürftigen, berichtet Reinhold Weinmann, der in der Schreibstube mithilft.

Das Projekt richte sich vor allem an diejenigen, die nach zwei Jahren Aufenthalt in den Gemeinschaftsunterkünften auf sich allein gestellt sind. "Sie haben ansonsten keine Anlaufstelle und sind hilflos", sagt Albrecht Benzing, und fügt hinzu: "Sie kommen mit Tüten, in denen die Behördenbriefe durcheinander liegen und teils noch ungeöffnet sind."

Um wieder Ordnung in das Papierchaos und damit auch in das Leben zu bringen, stellt die Schreibstube jedem Flüchtling einen Ordner zur Verfügung, "ein Überlebenspaket für Behörden", beschreibt es Reinhold Hummel. Denn auch der pädagogische Aspekt spiele eine wichtige Rolle: Vielen müsse man zunächst erklären, dass vor den Häusern Briefkästen stehen, in die Behördenbriefe geschmissen werden, berichtet Rudolf Bill.

Ausländerbehörde, Jobcenter oder Familienkasse: Die Liste der Ämter, mit denen die Flüchtlinge bei ihrer Integration in Kontakt treten müssen, ist lang. Dabei sei es enorm wichtig, Fristen einzuhalten. "Wenn wir nicht tätig werden, ist es vorbei. Die Flüchtlinge verlieren ihre Rechte, ihr Geld und ihre Existenz", sagt Albrecht Benzing. Als "Reparaturbetrieb", so Reinhold Hummel, versuche die Schreibstube auch, verpasste Behörden-Termine zu wiederholen.

Amtsatmosphäre, davon sei an der Kronenstraße keine Spur, heißt es unisono aus den Reihen der Ehrenamtlichen. Im Gegenteil: Das Familiäre spiele eine wichtige Rolle, um den Flüchtlingen jegliche Angst zu nehmen. "Hier wird zusammen gelacht und zusammen geweint", erzählt die Ehrenamtskoodinatorin Evelyn Preuß. Nicht nur Bürokratie, sondern die Sozialhilfe mache das Projekt aus. Die Schreibstube solle ein niederschwelliges Angebot sein – mitunter durch gute Erreichbarkeit und die Nähe zur Beratungsstelle der Diakonie, so Preuß.

Der Blick zurück auf ein Jahr Schreibstube fällt positiv aus – und was wünschen sich die Ehrenamtlichen für die Zukunft? "Dass die Atmosphäre so gut bleibt und sich das Projekt herumspricht", sagen sie. Denn Bedarf bestehe auch weiterhin.