Villingen-Schwenningen - Seit einem Jahr sind auch in der Doppelstadt Polizisten mit Bodycams ausgestattet. Die Bilanz fällt jedoch eher gemischt aus: Einige Gewalttäter lassen sich von der Kamera nicht beeindrucken und der Einsatz innerhalb geschlossener Räume ist ohnehin untersagt.

Ein Knopfdruck genügt – und schon sieht auch das dritte Auge mit: Die Beamten in Villingen-Schwenningen nutzen seit einem Jahr Bodycams, um Geschehnisse während eines Einsatzes in Bild und Ton festzuhalten. Die kleinen Kameras, die am Revers der Polizisten befestigt werden, sollen insbesondere zur Gefahrenabwehr genutzt werden. Dadurch sollen Gewalttäter, die es auch auf Beamte abgesehen haben, zurückgehalten werden.

Doch klappt das in der Realität auf den Straßen der Doppelstadt auch? Der Schwarzwälder Bote hat dazu beim zuständigen Polizeipräsidium Konstanz nachgefragt. "In den bisherigen Einsätzen mit der Kamera war es meist so, dass die angesprochenen Personen trotz Hinweis auf den Einsatz der Kamera verbale oder sogar körperliche Aggressionen gegen die Polizeibeamten zeigten", berichtet Polizeisprecher Jörg-Dieter Kluge von den Erfahrungen der Beamten in Villingen-Schwenningen.

Menschen mit Alkohol oder Drogen interessieren sich nicht für die Bodycam

In den meisten Fällen habe dabei der Alkohol eine große Rolle gespielt – die Beamten hätten laut des Sprechers den Eindruck gehabt, "dass die Angesprochen entweder nicht realisierten, was der Polizeibeamte gesagt hat oder aber, dass es diesen Personen schlichtweg egal war, ob die Kamera läuft oder nicht." Der Einsatz der Bodycam und der Effekt daraus dürfe laut Kluge aber nicht überbewertet werden, insbesondere wenn Alkohol oder Drogen im Spiel seien oder es sich um einen "amtsbekannten" Täter handeln würde. Diese würden sich durch die Aufnahmen seitens der Beamten "in der Regel nicht beeindrucken lassen".

Dennoch: Eine präventive Wirkung wollen die VS-Polizisten nicht gänzlich absprechen. In Einzelfällen hätte sich gezeigt, dass sich der ein oder andere potenzielle Gewalttäter nach Ankündigung der Aufnahme etwas zurückhielt.

Dies zeigt auch ein Fall während der Fasnet in der Villinger Färberstraße. "In einem konkreten Fall konnte die aufgeheizte Stimmung vor einer Gaststätte durch den Hinweis, dass ab sofort mit der Kamera aufgezeichnet wird, wieder beruhigt werden", berichtet Kluge.

Filmen in Gebäuden ist nicht erlaubt

Im Einsatzgeschehen habe sich zudem eine weitere Schwäche herauskristallisiert – diese ist allerdings gesetzlicher Natur. Das Verbot, welches besagt, dass die Bodycams nicht in Gebäuden, sondern nur im öffentlichen Raum verwendet werden dürfen, sorgen laut Kluge für ein gewisses Unverständnis. "Sehr viele Einsätze – zum Beispiel bei häuslicher Gewalt – finden in Privaträumen statt", merkt er hierzu an. Auch in Gaststätten, innerhalb von Fahrzeugen oder selbst in den eigenen Räumen der Polizeidienstgebäuden müssen die Kameras aus bleiben, obwohl "es gerade hier oft zu Angriffen gegen Polizeibeamte kommt".

Das Verbot hat derzeit Bestand, diese rechtliche "Lücke" soll allerdings mit der Novelle des Polizeigesetzes geschlossen werden, wie Kluge erklärt. Allerdings ist hier noch der Widerstand von Bürgerrechtlern zu erwarten, die bei polizeilichen Aufnahmen in privaten Räumen verfassungsrechtliche Bedenken sehen.

Wie die Polizeibeamten aus VS berichten, sei man aber mit der Handhabung der neuen Einsatzausrüstung grundsätzlich zufrieden. Bescheinigt wird demnach, dass es sich bei den Kameras um ein "gutes und sinnvolles Einsatzmittel" handeln würde. In der Anfangszeit seien die Beamten zudem regelmäßig von Bürgern auf die Kameras angesprochen worden, mittlerweile haben sich wohl beide Seiten an das auf Knopfdruck wachsame Auge am Revers der Polizeibeamten gewöhnt.

Info: Bodycams

Nicht jeder Beamte in Villingen-Schwenningen ist mit den Bodycams ausgestattet. Vielmehr trägt jede Streifenbesatzung, die ausrückt, eine solche Kamera. Wer diese trägt, entscheiden die Beamten in der Regel selbst – es sind laut Präsidium aber alle Polizisten entsprechend geschult worden. Bei einem Einsatz kann die Kamera auf Knopfdruck aktiviert werden und zeichnet 60 Sekunden lang Bild und Ton auf – das sogenannte "Pre-Recording". Erst wenn der Polizist danach noch einmal zur Kamera greift, zeichnet sie länger auf. Wenn nicht, schaltet das Gerät ab und löscht die ersten Aufzeichnungen. In der Regel werden auf Aufnahmen nach 28 Tagen vernichtet.