Packt er es oder nicht? Der kleine ausgemergelte Habicht wird in der Vogelstation in Villingen von Ralf und Ellen Claaßen aufgepäppelt. Foto: Huber Foto: Schwarzwälder Bote

Winterfütterung: Ellen und Ralf Claassen nennen Argumente gegen Fütterungspause /Angebot schrumpft

Der kleine Habicht liegt zitternd in der Hand von Ellen Claaßen und lässt sich kleine Fleischstückchen in den Schnabel schieben. Ob er den Winter überlebt? Wer Tieren helfen möchte, der sollte nach Ansicht der Claassens das ganze Jahr über Meisenknödel aufhängen und Körnerfutter auslegen.

Villingen-Schwenningen. Ralf und Ellen Claaßen betreiben seit einigen Jahren die Vogelstation in Villingen und sind alarmiert darüber, wie viele "völlig entkräftete" Vögel immer wieder in der Station abgegeben werden. "Raubvögel haben es derzeit besonders schwer, aufgrund der geschlossenen Schneedecke und der nasskalten Witterung." Doch auch die anderen gefiederten Tiere leiden. Etwa die Hälfte der bisher abgegebenen Vögel waren "Sterberle", wie sie Ellen Claaßen nennt. Tiere, zu ausgehungert und entkräftet, um über den Winter zu kommen. Stockente, Zeisig, Falke und Bussard haben trotz mühsamen Aufpäppelns den Aufenthalt in der Station nicht überlebt.

Doch nicht nur die kalte Jahreszeit ist für die Vögel mittlerweile ein Problem. Abgemähte und kaum noch blühende Wiesen, Gärten, die zum Winter hin komplett abgeräumt werden oder "Steinwüsten", von denen kein Vogel etwas hat, bedauern Ralf und Ellen Claaßen das Bild, das sich ihnen auch vor manchen doppelstädtischen Häusern bietet. Der massive Einsatz von Herbiziden und damit einhergehend der drastische Rückgang an Insekten führen ebenso dazu, dass das Nahrungsangebot empfindlich geschrumpft ist. "Deshalb sollten wir unsere Vögel das ganze Jahr füttern".

Kaum noch Nahrung

Einer der renommiertesten Ornithologen, Peter Berthold, ist ein klarer Verfechter der Ganzjahresfütterung. Berthold war von 1991 bis Januar 2005 Leiter der Vogelwarte Radolfzell, einer Zweigstelle des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen und stellt beim Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten einen Vergleich auf: In fast allen Ländern werden Vögel mittlerweile ganzjährig gefüttert, "außer eben in Deutschland". Doch mittlerweile beobachtet er, weiche die Front, die eine Ganzjahresfütterung ablehne, weiter auf. Denn das "Nahrungsmittelangebot geht weiter zurück", spielt auch er auf den dramatischen Insektenrückgang an. "Dagegen hilft nur noch Zufüttern, und zwar das ganze Jahr." Der erfahrene Ornithologe nennt eine Zahl, die die Dramatik unterstreicht: Seit 1800 seien 80 Prozent der Vogelarten verschwunden. "Wenn wir so weitermachen, nähern wir uns in Riesenschritten einem toten Frühling."

Häppchen für den Habicht

Der kleine Habicht kauert noch immer in Ellen Claaßens Hand und lässt sich das nächste Häppchen vorsichtig in den kleinen Schnabel schieben. Der geschwächte Raubvogel bekommt Mini-Häppchen aus Hühnerfleisch. Was sollten Vogelhaus-Besitzer bei der Fütterung von Singvögeln beachten, damit diese nicht auf Knödeln sitzen bleiben?

Steinharte Exemplar

Ellen Claaßen dreht einen Meisenknödel in den Händen, den sie der Kategorie "geht gar nicht" zuordnet. Steinhart, dazu noch mit roter Beete angereichert. "Das frisst doch kein Vogel", urteilt sie. Dafür picken die Tiere liebend gerne Rosinen, Äpfel, bevorzugen ordentliches Fettfutter, Sonnenblumenkerne, gefettete Haferflocken. "Meisenknödel lassen sich auch gut selbst formen", fügt Claassen hinzu.

Weitere Informationen: www.wild-vogel.de