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Reden hilft / Eine Ausbildungsbegleiterin baut Brücken

Der Übergang von Schule zu Beruf ist herausfordernd. Was ist, wenn zu Liebeskummer auch noch ein "blöder Chef" obendrein dazu kommt? Nicht immer liegt die Schuld bei den Auszubildenden. Ausbildungsbegleiterin Alexandra Hagen-Ettl schaut auf beide Seiten – den Auszubildenden und den Ausbildungsbetrieb – und vermittelt.

Schwarzwald-Baar-Kreis. Wo gehobelt wird, fallen bekanntlich Späne. Nur zu dumm, wenn diese immer nur einer abbekommt. Mit einem lauten Knall verabschieden sich Holz und das verarbeitende Gerät vorzeitig in den Feierabend. Anton lernt in einem Schreiner-Betrieb und muss sich seit Wochen die Sticheleien der Gesellen und seiner älteren Kollegen gefallen lassen. Muss er? Zugegeben, frisch von der Schule, ein paar Jahre jünger, wie soll er sich da verhalten?

Beide Seiten müssen Klartext sprechen

Die älteren Kollegen haben Fachwissen, werden bei den betrieblichen Abläufen gebraucht, er selbst steht noch am Anfang seiner Expertise. Welche Möglichkeiten gibt es hier? Muss die Situation notwendigerweise eskalieren?

Nicht immer gestalten sich die Probleme in der Ausbildung junger Menschen, wie im oben beschriebenen Fall. Probleme in der Ausbildung reichen von schulischen Defiziten, über persönliche Probleme im familiären Umfeld, bis hin zum Gefühl "bloß noch der Besen im Betrieb zu sein". Mal liegt das Problem eher auf Seiten des Auszubildenden, mal muss sich der Betrieb Fehler eingestehen. Eines ist klar: Reden hilft.

Ausbildungsbegleiterin Hagen-Ettl erzählt von einem auszubildenden Raumausstatter, dessen schulische Leistungen in den ersten beiden Lehrjahren gut waren. Im dritten Jahr dann der Einbruch. Auch der Chef des Betriebs meldet sich mit Beschwerden.

Angst, es sich beim Chef zu verscherzen

In einem gemeinsamen Gespräch, in dem Hagen-Ettl mit dem Auszubildenden und dem Leiter des Handwerksbetriebs an einem Tisch sitzt, klärt sich die Situation: Der Chef hatte den Eindruck, dass sich der Auszubildende zunehmend weniger einbringt. Ob er überhaupt noch in diesem Beruf bleiben möchte, fragte dieser. Die Antwort: Der Azubi hatte umgekehrt denselben Eindruck. Mit der Zeit hätte der Betrieb immer weniger in die Ausbildung investiert, so das Gefühl des lernenden Raumausstatters. Hier scheiterte es an der Kommunikation. Auf beiden Seiten hatte sich dasselbe Gefühl eingestellt.

Kommunikation ist das Mittel, um Missverständnisse auszuräumen, Probleme auf den Tisch zu bringen und gemeinsam Lösungen dafür zu finden. Die Voraussetzungen, die die Ausbildungsbegleitung dafür schafft, sind denkbar gut: Die Anlaufstelle ist für die Auszubildenden kostenlos und vertraulich. Nur wenn der Auszubildende zustimmt, setzt sich die Ausbildungsbegleiterin mit den beteiligten Institutionen – in der Regel dem Betrieb und der Berufsschule – in Verbindung und bietet sich als Vermittlerin an. Die Angst, man könne es sich durch Äußerung von Kritik und die offene Ansprache von Problemen mit dem Ausbildungsbetrieb verscherzen, sei unbegründet, so die Erfahrung von Hagen-Ettl. Im schlimmsten Fall drohe die Kündigung, befürchten die Starter in den Beruf. Tatsächlich sei oft das Gegenteil der Fall. Die Suche des Gesprächs ist das Mittel, um Lösungen auf den Weg zu bringen.

Von Seiten der Betriebe gebe es meist die Bereitschaft, sich auf die Bedürfnisse ihrer Auszubildenden einzustellen, so Hagen-Ettl. Wenn der Auszubildende das Gefühl hat, "einfach nur mitzulaufen", könne sie Impulse für die strukturierte und gezielte Vermittlung von Ausbildungsinhalten geben. Oftmals seien aber auch nur die schulischen Leistungen das Problem. Dann bestehe oft die Möglichkeit, kostenlos Nachhilfe in Anspruch zu nehmen. Auch dabei unterstützt die Ausbildungsbegleitung. Eine wichtige Voraussetzung: Die Selbstdisziplin des Auszubildenden und die Bereitschaft, auch Freizeit für das schulische Weiterkommen zu opfern.

Hagen-Ettl unterstützt vornehmlich junge Menschen, darunter Lehrlinge deutscher Herkunft, aber auch einen bedeutenden Anteil an ausländischen Auszubildenden und Flüchtlingen. Bei den Flüchtlingen sind es oftmals die sprachlichen Hürden, speziell Fachausdrücke, die den Neuangekommenen Probleme bereiten. Nach der Erfahrung der Ausbildungsbegleiterin bringen die Flüchtlinge oft gute praktische Fähigkeiten aus ihrem Heimatland mit, in der Berufsschule Fachausdrücke und anspruchsvolle Texte zu bearbeiten, ist aber oft eine Herausforderung. "Hier ist intensive und gezielte Unterstützung unabdingbar", sagt Hagen-Ettl. Wo alle Beteiligten an einem Strang ziehen, sei ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung aber durchaus zu schaffen. Das Thema "Traumatisierung", Spuren von Kriegen, Konflikten und der Flucht an sich, spiele laut Hagen-Ettl keine tragende Rolle in ihrer Arbeit. Keiner der derzeit von ihr betreuten Auszubildenden sei wegen eines solchen psychischen Problems therapiebedürftig.

Die Ausbildungsbegleitung der Handwerkskammer Konstanz kann von Auszubildenden und Betrieben kontaktiert werden. Das Angebot ist kostenfrei und wird im Rahmen des Programms "Erfolgreich ausgebildet – Ausbildungsqualität sichern" vom baden-württembergischen Wirtschaftsministerium gefördert. Alexandra Hagen-Ettl ist unter Telefon 07721/99 88 15, alexandra.hagen-ettl@hwk-konstanz.de zu erreichen.