Kabarettist Thomas Schreckenberger unterhält sein Publikum zweieinhalb Stunden. Foto: Trenkle Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Kabarettist Thomas Schreckenberger gastiert im Theater im Capitol

Von Wolfgang Trenkle

"Warum kein Tempolimit auf Deutschlands Straßen? Unmöglich? Im Internet klappt es doch auch!" Mit seinem schwarzen Humor bringt Kabarettist Thomas Schreckenberger Licht ins dunkle Chaos der aktuellen Politik. Am Freitagabend gastierte er im Schwenninger Capitol.

VS-Schwenningen. Schlagfertig, nicht selten böse und sarkastisch, auf jeden Fall klug und treffsicher ist die Sprachkunst des vielfach prämierten Künstlers, der auch nicht selten im Radio zu hören und im Fernsehen zu sehen ist. Problemlos sezierte er mit seinem aktuellen Programm "Hirn für alle" die gegenwärtig politischen Themen, nahm sie bildhaft unter die Lupe und Einzelpersonen gar unter das Mikroskop.

Selbstverständlich kommt gegenwärtig kein Kabarettist an Donald Trump vorbei. Hirn gesteht er dem amerikanischen Präsidenten wenig zu. Diese "Mischung aus John Wayne und Dagobert Duck" werfe zwar China vor, geistiges Eigentum zu stehlen, bei ihm selbst sei allerdings nichts zu klauen. Trump stelle das Gegenstück zu Greta Thunberg dar: Sie habe Moral aber keine Macht, er die Macht, aber dafür keine Moral.

Lange hielt sich Schreckenberger allerdings nicht bei Trump auf, auch nicht beim Brexit. Zwar konnte er sich am Vorabend zum Austritt Großbritanniens aus der EU dem Thema nicht ganz verschließen, beließ es aber vor allem beim Hinweis darauf, dass sich England nun endgültig den Zugang zu genießbarem Essen verschließe. Und "Mexit?" Zumindest in Mafiakreisen klängen Sätze wie "Sie bleiben Teil der Familie" nicht gut.

Der Träger des Kleinkunstpreises Baden-Württemberg wandte sich lieber innendeutschen Themen zu. Beispielsweise der Nachfolge von Angela Merkel. Angesichts der gegenwärtigen Auswahl sei es schon zu überlegen, ob sie nicht doch noch 14 Jahre dranhängen wolle. "AKK, das klingt wie eine Mischung aus Schnellfeuergewehr und Krankenkasse." Den Vorschlag der Verteidigungsministerin, für Deutschland einen Flugzeugträger zu beschaffen, bewertete der Kabarettist allerdings durchaus positiv: "Das wäre die einzige Möglichkeit, Flugzeuge der Bundeswehr an ihren Einsatzort zu bringen."

Den oft kritischen Blick des innerparteilichen Gegenspielers Friedrich Merz suchte Schreckenberger mit einem Tipp richtig einzuordnen: "Niemals Weitblick mit Kurzsichtigkeit verwechseln!" Nach Merz’ Auferstehung aus der Versenkung sei womöglich bald damit zu rechnen, dass in Oggersheim sich eine Grabplatte bewege. Die Kandidatenkür der SPD erschien dem Kabarettisten nicht besser als jene der CDU. Weniger Hollywood als vielmehr "Bauer sucht Frau" sei dort zu sehen gewesen.

Immerhin sei Ungewöhnliches passiert: Die SPD habe Sozialdemokraten an ihre Spitze gewählt. Immer wieder ließ Schreckenberger Innenminister Seehofer zu Wort kommen und anschließend in die Kritik geraten. Sein Innen- und Heimatministerium würde auch locker ein Ehepaar mit Migrationshintergrund samt Ochs und Esel aus vordergründig christlich-moralischen Gründen abschieben, zumal, wenn die Frau nicht vom Ehemann geschwängert sei. Den hintergründigen Hinweis auf die Weihnachtsgeschichte verstand zunächst nicht jeder.

Spätestens beim Thema Migration richtete Schreckenberger den Fokus auf die AfD. "Diese Partei ist eine Geisterbahn auf Freigang", so Schreckenberger. Zwar schrien deren Mitglieder "Merkel muss weg!", doch seien sie dennoch auf Merkel angewiesen, denn schon ein Spruch wie "Kramp-Karrenbauer muss weg!" überstiege die phonetische Kompetenz der Anhänger. Schreckenberger wunderte sich darüber, dass diese Partei menschenverachtende Parolen ohne Strafen heraushauen dürfe, nur bei Steuerhinterziehung werde sofort gehandelt. Dabei sei es verständlich, wenn Alexander Gauland hier Fehler mache, schließlich sei das ewige Hin- und Her-Rechnen zwischen Euro und Reichsmark höchst fehleranfällig.

Eine für den bei Stuttgart lebenden Kabarettisten offensichtlich besonders wichtige Persönlichkeit scheint Winfried Kretschmann zu sein. An ihm arbeitete er sich intensiv und für die Zuhörer besonders unterhaltsam ab. Stimmlich schafft er es hervorragend, den Ministerpräsidenten Baden-Württembergs nachzumachen. Mehrfach ließ er ihn über das zweieinhalbstündige Programm hinweg auftreten. Höhepunkt hierbei war die Zugabe: Kretschmann, Merkel und weitere Politiker treffen im Jenseits aufeinander und fragen sich, ob es nun in den Himmel oder in die Hölle gehe. Wo sich einige Politiker angesichts ihrer "großen Taten" sicher wähnten, gleich aufzusteigen, sah sich Kretschmann eher in der Hölle braten, denn ihm fiel ein schweres schwäbisch-bürgerlich-biederes Vergehen ein: Unpünktlichkeit bei der Kehrwoche.