Die geplante Modernisierung des Villinger Bahnhofs verzögert sich. Foto: Eich

Geplante Modernisierung des Villinger Bahnhofs verzögert sich. Bizarrer Streit um 21 Zentimeter.

Villingen-Schwenningen - Die Modernisierung des Bahnhofs in Villingen steht unter keinem guten Stern: Die geplanten Maßnahmen verschieben sich um ein bis zwei Jahre. Zudem ist ein Streit um die Bahnsteighöhe entbrannt.

Eigentlich war die Freude – nicht nur beim Seniorenbeirat und dem Beirat für Menschen mit Behinderung – groß: Im März 2018 hätte die Modernisierung und damit einhergehend ein barrierefreier Ausbau des Villinger Bahnhofs in Angriff genommen werden sollen. Doch diese Pläne wurden nun, wie Bürgermeister Detlev Bührer jüngst bekannt gegeben hatte, durchkreuzt.

"Wir haben von der Deutschen Bahn ein Schreiben erhalten, dass keine Angebote für die Maßnahme eingegangen sind", berichtet die städtische Pressesprecherin Oxana Brunner auf Anfrage. Darüber hinaus habe man mitgeteilt, dass es keine Einigkeit zwischen Bundesländer und Bund hinsichtlich der Bahnsteighöhen gebe. Diese sei "abhängig von weiteren Verhandlungen zwischen Bund und Länder".

Mitteilung des Ministeriums stimmt nicht mehr

Dies passt so gar nicht zur Mitteilung des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg im November, in der von einer Einigung zu lesen war. Damals äußerte man sich dahingehend, dass auf Linien, bei denen durchgängig Bahnsteige mit einer Höhe von 55 Zentimeter sinnvoll sind, Ausbauten in dieser Höhe weiterhin erfolgen können. Somit wäre die Barrierefreiheit in Villingen sichergestellt, da auch hier der Ringzug für diese Bahnsteighöhe ausgerichtet ist.

"In der Tat stimmt es, dass die Pressemitteilung des Verkehrsministeriums nicht mehr stimmt", erklärt Pressesprecherin Babett Waschke. Sie betont: "Anders als vorher in Gesprächen mit unserem Haus zugesichert, ist der Bund bei der Einigung um Bahnsteighöhen öffentlich zurück gerudert."

Das sorgt nun für reichlich Verdruss – und darüber hinaus für einige Unsicherheiten hinsichtlich der zukünftigen Barrierefreiheit des Villinger Bahnhofs. Denn, wie bereits berichtet, sollen nach dem "Bahnsteighöhenkonzept 2017" in Zukunft die Mehrzahl der Bahnsteige in durch Neu- und Umbau eine Höhe von 76 Zentimeter haben. 21 Zentimeter wären somit für Reisende des Ringzuges beim Einstieg in ebendiesen zu bewältigen. Damit wäre man von der erhofften Barrierefreiheit weit entfernt.

Dies veranlasste auch das Verkehrsministerium sich nochmals an den Bund zu wenden. So äußert Ministerialdirektor Uwe Lahl in einem Schreiben an Staatssekretär Michael Odenwald vom Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur deutliche Kritik am Zurückrudern des Bundes in diesem "Streitthema zwischen Bund, Bahn und den Ländern".

In dem Brief, der dem Schwarzwälder Boten vorliegt, begrüßt es Lahl grundsätzlich, durch ein "schlüssiges Bahnsteighöhenkonzept" eine durchgehende Barrierefreiheit herzustellen. Jedoch sei festzustellen, dass man in Baden-Württemberg aufgrund von Sachzwängen mit unterschiedlichen Höhen umgehen müsse. Als Beispiel nannte er dabei, neben der S-Bahn Stuttgart (96 Zentimeter), auch das Ringzugsystem Schwarzwald-Baar-Heuberg, das "in den vergangenen beiden Jahrzehnten oder derzeit mit öffentlichen Mitteln auf ein durchgängiges Niveau von 55 Zentimeter ausgebaut wurde".

Baufirmen haben keine Kapazitäten für Maßnahme

Durch das Beharren auf 76 Zentimeter würde man "das gemeinsame Ziel der Barrierefreiheit aufgeben" – zudem seien die durch "den aktuellen Dissens eingetretenen Verzögerungen bei zahlreichen Projekten der Öffentlichkeit nur schwer vermittelbar". Momentan würden "alle Signale zum Ausbau der Barrierefreiheit" auf Stopp stehen.

So auch in Villingen. Allerdings betont ein Sprecher der Deutschen Bahn auf Anfrage unserer Zeitung weiterhin, dass "die Ausschreibung auf Basis der vom Eisenbahnbundesamt genehmigten Planung mit einer Bahnsteighöhe von 55 Zentimetern" erfolgt. Diese sei jedoch nicht von Erfolg gekrönt gewesen. "Auf diese Ausschreibung hat die Deutsche Bahn keine Angebote von Baufirmen erhalten. Auch auf ein nachträgliches Verhandlungsverfahren haben die angefragten Firmen mit einer Absage auf Grund mangelnder Kapazität reagiert", so der Sprecher weiter.

Die Folge: Der für März 2018 vorgesehene Baubeginn, den man unserer Zeitung im November noch bestätigt hatte, kann nicht mehr gehalten werden. Bei der Bahn rechnet man mit einer "zeitlichen Verschiebung des Baubeginns von 12 bis 24 Monaten."

Mit welcher Bahnsteighöhe dann gebaut wird, steht allerdings noch in den Sternen. Beim Verkehrsministerium hofft man, dass sich die Experten bei den kommenden Gesprächen am 12. Januar auf einen Kompromiss verständigen können.