Das Video mit dem Redebeitrag des 31-Jährigen verbreitet sich weiterhin in ganz Deutschland. Foto: Youtube

TV-Beitrag über Behauptungen während Kundgebung in Villingen. 31-Jähriger legt eidesstattliche Erklärung vor. 

Villingen-Schwenningen/Bad Dürrheim - Der Physiotherapeut einer Lungenfachklinik, der behauptet hatte, dass es im Zusammenhang mit der Corona-Krise eine „Lügenprämie“ gibt, ist zurückgerudert. In einem Beitrag von „stern TV“ hat der 31-Jährige zugegeben, nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Dem TV-Beitrag waren Recherchen und Berichte des Schwarzwälder Boten vorausgegangen.

Wie bereits berichtet, hatte der Mann ungeheuerliches behauptet: Hinterbliebene erhalten 5000 Euro Schweigegeld, wenn sie unterschreiben, dass ihr Angehöriger an Corona gestorben sei. Diese Äußerungen hatte der Mann im Rahmen einer Kundgebung gegen die Einschränkungen durch die Corona-Verordnungen am 2. Mai in der Villinger Innenstadt getätigt. Über die Veranstalter, die „Freunde der Freiheit“ war das Video ins Internet gestellt, kopiert und weit verbreitet worden. Seine Aussage unterstrich er darüber hinaus bei einer Kundgebung am vergangenen Freitag in Donaueschingen.

31-Jähriger will kein Interview geben

Der TV-Beitrag am Mittwochabend wurde im Rahmen einer Berichterstattung über die derzeitigen Kundgebungen gegen die Corona-Einschränkungen ausgestrahlt. Es zeigte zunächst das viel geklickte Video mit der Aussage über die „Lügen-Prämie“. „stern TV“-Reporter Kai Posmik war zu Recherchezwecken eigens nach Villingen-Schwenningen und nach Bad Dürrheim, dem Wohnort des Physiotherapeuten, gereist. Der 31-Jährige weigerte sich jedoch, dem Reporter ein Interview zu geben – aus Angst, seine Aussagen würden „umgedreht oder sonst was“.

Drohen nach Corona-Verschwörungstheorie Konsequenzen?

Wie auch gegenüber dem Schwarzwälder Boten widersprach Bernd Baumbach, Geschäftsführer der Espan-Klinik in Bad Dürrheim den Aussagen. Hier arbeitet der 31-Jährige als Physiotherapeut. So sei die Klinik nicht für Corona-Patienten leergeräumt worden, man habe lediglich einige Zimmer freigehalten.

Außerdem wurde in dem Beitrag klargestellt, dass es sich um eine Reha-Klinik handelt, eine Akut-Versorgung von Corona-Patienten finde hier nicht statt. „Hier in diesem Haus stirbt niemand“, erklärt der Geschäftsführer in Hinblick auf die angebliche „Lügen-Prämie“.

Extremismus-Expertin zeigt sich schockiert

Der Familienvater, der sich während seiner Rede mit seinem Kind präsentierte, legte „stern TV“ schließlich eine eidesstattliche Erklärung vor, in der er seine Äußerungen „richtig stellt“. Demnach gab er zu, dass die Klinik nicht leer ist und es auch keine Toten gab. Ob dem Klinik-Mitarbeiter aufgrund seiner offensichtlich unwahren Behauptungen Konsequenzen drohen, ließ der Geschäftsführer im Gespräch mit unserer Zeitung offen.

Auch die bei „stern TV“ eingeladene Extremismus-Expertin Judith Rahner zeigte sich schockiert über die Aussagen und betonte, dass dies ein Beispiel dafür sei, wie sich Mythen verselbstständigen würden. Im Internet war die Verschwörungstheorie der „Lügen-Prämie“ an einigen Stellen für bare Münze genommen worden. Der Schwarzwälder Bote hatte den Äußerungen zunächst einem Fakten-Check unterzogen, den Mann später identifiziert und daraufhin weitere Recherchen angestellt.

Im Rahmen dessen hielt der Geschäftsführer der Espan-Klinik die Behauptung für „Quatsch“. Darüber hinaus distanzierte sich das Schwarzwald-Baar Klinikum über deren Sprecherin von den haltlosen Behauptungen und sprach davon, dass so ein Vorgang „fernab jeder Realität“ sei. Auf Anfrage des Schwarzwälder Boten wollte sich der Mann damals nicht äußern.