Nix mit Autokorso: Was in Rottweil am WM-Finale ging, wurde in VS unterbunden. Foto: Eich

Fußballfans sind sauer: Jubel-Fahrten durch Romäusring, Saarlandstraße und Bertholdstraße werden von Polizei ausgebremst.

Villingen-Schwenningen - Tausende Fußballfans aus VS feierten den vierten Stern für die deutsche National-Elf. Einige ärgerten sich am Finale aber nicht nur über die teils lausigen Schiedsrichter-Leistungen. Unverständlich war vielen auch, dass die klassische Auto-Korso-Route in Villingen abgesperrt war.

Tausende Fußballanhänger säumten am Sonntag die Straßen, um den WM-Sieg des deutschen Teams zu feiern, zumeist friedlich. Nicht nachvollziehbar für viele: Am "Abend der Abende" wurde der Autokorso am Rande der Villinger Innenstadt unterbunden. Jubel-Fahrten durch Romäusring, Saarlandstraße und Bertholdstraße wurden ausgebremst: "Ausgerechnet heute, beim Halbfinalspiel war das doch noch erlaubt", meinten einige Fans.

Die Hintergründe der Absperrungen versuchte gestern die Pressestelle des Polizeipräsidiums Tuttlingen zu erklären. "Durch diese Maßnahme", so eine Mitarbeiterin, "wollte man das Gefahrenpotential minimieren." Aufgrund von 500 Fußgängern bei der Bertholdstraße habe man den Verkehr sicherheitshalber abgeleitet, nachdem sich erste Autokorsos gebildet hatten. In Schwenningen habe ein Autokorso von 200 Fahrzeugen im Bereich des Marktplatzes und Bahnhofs den Verkehr zum Erliegen gebracht. Daraufhin habe die Polizei eingegriffen, zumal "Fußgänger vereinzelt vorbeifahrende Fahrzeuge aufschaukelten".

In Rottweil ergab sich ein anderes Bild. In Baden-Württembergs ältester Stadt erlaubten Stadt und Polizei hupende Autokolonnen durch die Innenstadt bis gegen 2 Uhr. Warum die Absperrungen in VS und in Rottweil dagegen nicht? Darauf gab es gestern von der Polizei keine Antwort.

Trotz ausgelassener Feiern wurden im Schwarzwald-Baar-Klinikum keine Alkoholleichen eingewiesen, die über den Sieg der glorreichen Elf das Maß verloren hatten, so Kliniksprecherin Sandra Adams. Dafür meldete die Geburtsklinik am Finale-Abend ein WM-Mädchen. Schon jetzt spekulieren die Hebammen, wie sich wohl die Weltmeisterschaft auswirken werde: "Das werden wir erst in neun Monaten wissen."

An den Schulen ging der Unterricht am gestrigen Tag weiter, ohne dass auffallend viele Schüler zu spät oder erst gar nicht erschienen sind. "Mal abgesehen von den vielen müden Gesichtern lief alles wie sonst", beobachtete Manfred Koschek, Direktor des Deutenberg-Gymnasiums. "Es fehlten nicht mehr als an den übrigen Montagen." Ein Entgegenkommen gab es für Schüler, die ein Referat hatten oder eine Klassenarbeit nachschreiben mussten: "Die hatten eine Stunde später Unterricht." Den gewohnten Lauf nahm auch das Leben an der Karl-Brachat-Realschule. Eine Beobachtung machte Rektor Rainer Beha: Viele Kinder und Jugendliche seien wohl nicht nur "mit einem Grinsen aufgewacht" (wie Bastian Schweinsteiger) "sondern auch noch mit einem Grinsen in die Schule gegangen."

Seite 2: Das runde Leder wirkt magnetisch

(lia)

Villingen-Schwenningen - Hat die gerade zu Ende gegangene Fußball-WM das Interesse am Fußball in den Vereinen noch gesteigert? Der Ansturm, hört man aus zwei großen Vereinen in VS, war schon vorher zu verzeichnen.

Über mangelndes Interesse kann sich der FC 08 Villingen sicherlich nicht beklagen. An die 300 Kinder und Jugendliche zählt Gaetano Cristilli, Geschäftsführer, in seinen Vereins-Reihen, von den Bambini bis hin zur A-Jugend. Die WM habe zwar sicherlich dazu beigetragen, dass sich die Zahl derer, die im Verein mitspielen, etwas gesteigert habe. Aber für die hohe Zahl an Nachwuchskickern macht Cristilli die gute Jugendarbeit verantwortlich und die Tatsache, "dass unsere Mannschaften so hochklassig spielen." So bewegen sich die diversen Teams ab der C-Jugend auf der Verbandsliga, respektive Oberliga-Ebene. Damit erklärt sich Cristilli auch die ordentliche Zahl an jungen Spielern, die gerne zum FC 08 wechseln möchten.

Auch beim BSV Schwenningen war der Ansturm schon lange vor dem WM-Anpfiff zu verzeichnen. In diesem Jahr erleben wir einen wahren Ansturm an Nachwuchsspielern, beobachtet Vize-Präsident Franz-Josef Treyer vom BSV. Zwischenzeitlich habe man allein vier Bambini-Mannschaften und zwei F-Jugend-Teams gebildet. "Damit sind wir an unsere Grenzen gekommen", so Treyer, "wir haben derzeit einen Aufnahmestopp." Der Vize glaubt, dass der große Schub an weiteren Möchtegern-Fußballern erst nach dem Sommer so richtig einsetzen werde.