Das Oratorium "Metropole des Todes" wird durch Josefin Hirte (von links), Annedore Leonhard, Dragan Djokic, Rainer Horcher und Maria Martinez verwirklicht. Foto: Kouba Foto: Schwarzwälder Bote

Oratorium: Veranstaltung zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust macht Publikum betroffen

Ein außergewöhnliches Oratorium für Sprecherin, Kammerensemble und Sängerin wurde am Vorabend zum "Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust" im Franziskaner-Chorraum geboten.

VS-Villingen. Die "Metropole des Todes" wurde zum Synonym der Vernichtungsmaschinerie des Nazi-Regimes, ein Dokument des Nichtvergessens, des Nichtvergessenkönnens. Ein erschütterndes persönliches Zeugnis, das Allgemeincharakter erhielt, denn: "Auschwitz bleibt Auschwitz". Die Erlebnisse eines jungen Menschen, der durch die Hölle marschierte, wurden zum Musikdrama gestaltet, das visuell, verbal und akustisch frösteln ließ.

Der Klarinettist Rainer Horcher transponierte das erlebte Grauen des Otto Dov Kulka zu einem tief gehenden Oratorium. In Annedore Leonhard (Violine) und Dragan Djokic (Akkordeon) hatte er zwei musikalische Mitstreiter, die konzentriert, virtuos, treffende Stimmungen erzeugten: von bizarren Staccati, Klezmer-Anklängen, scharfen Pizzicati, über elegische Formulierungen und dissonante Passagen, bis hin zu süßer Wehmut und lähmend-abrupten Schlüssen.

Geradezu fratzenhaft erschienen die "Kinderoper" oder Beethovens "Freude, schöner Götterfunken" – einen Kloß im Hals verursachend. Vorspiel, Zwischenmusiken und Überleitungen zu den textlichen Aussagen waren perfekt und wurden durch die differenzierte Rhetorik von Josefin Hirte erhöht. Sie lotete die intimen, subtilen Stimmungen eines kleinen Jungen genau so aus, wie die reflektierenden Erinnerungen eines reifen Mannes, der an den infernalischen Ort zurückkehrte. Der Name war "Birkenau".

Die Textgestaltung ging unter die Haut, genauso wie der Gesang von Maria Martinez, die mit den vertonten Gedichten "Wir, die Toten, klagen an" oder "Lieber sterb ich" faulenden Gräbern, gebleichten Schädeln, giftig-gefährlichen Worten, die heldischen Gesang vernichten, ein Denkmal setzte. Ihr sensibler Sopran wirkte tiefschürfend und die gesamte Choreografie lief stimmig vor einem "passenden Bühnenbild" ab.

Die Passionsszenen Christi waren Pendant zum Leiden und Sterben von Millionen Menschen. Symbolisch wirkte die Beleuchtung – die rote Färbung der gotischen Fenster erinnerte an Krematorium-Schornsteine, aus denen Flammen und Rauch empor stiegen. Das Entsetzen schlich sich ein – und das Publikum reagierte betroffen. Lange Stille folgte der beeindruckenden Interpretation. Man brauchte Zeit, um das Gehörte zu verinnerlichen.