Porträt / Tobias Kühn hat Quarantäne überstanden / Jetzt geht es um wegbrechende Absatzmärkte und den Folgen der Stürme / Beinahe wäre er Redakteur geworden / Im Wald und auf dem Unimog fühlt er sich wohl

"Eine Naturkatastrophe hätte auch gereicht" – Forstamtsdirektor Tobias Kühn hat gerade nicht nur mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie, sondern auch mit einem Übermaß an Sturmholz zu kämpfen.

VS-Villingen. So etwas hat der 53-Jährige noch nie erlebt. Eine 14-tägige Quarantäne hat er bereits unbeschadet hinter sich gebracht, nachdem er einen Freund in der Lombardei besucht hatte. Jetzt brechen wegen Corona allmählich die Absatzmärkte für Holz weg, weil logistische Probleme und Kurzarbeit bei den internationalen Kunden um sich greifen. Man sei derzeit fieberhaft dabei, Lagermöglichkeiten für das Sturmholz nach "Sabine" und "Bianca" zu schaffen, ohne das dessen Qualität leide, sagt Kühn.

Aufgewachsen in Marbach und Hubertshofen

Der gebürtige Villinger brauchte fast 40 Jahre, bis er sich beruflich in seiner Heimatstadt niederließ. Er wuchs in Marbach und Hubertshofen auf, legte 1986 sein Abitur am Donaueschinger Fürstenberggymnasium ab und wäre nach der Bundeswehrzeit fast Volontär des Schwarzwälder Boten geworden. Als freier Mitarbeiter und damaliger Pressereferent der Jungen Union Schwarzwald-Baar kannte sich Tobias Kühn in der Branche schon aus und mit Verena Wider, der damaligen Redaktionsleiterin in Donaueschingen, war bereits alles besprochen. Dann erhielt er als Nachrücker doch noch die Gelegenheit, in Freiburg Forstwissenschaften zu studieren, sein zweites Interessensgebiet, das ihm in Kindertagen sein Patenonkel erschlossen hatte.

Eine von fünf Stellen bei Landesforstverwaltung

Die Tätigkeit des Forstmannes habe ihm schon immer imponiert, "und ich wollte auch mal so toll werden wie er", erinnert sich Kühn lachend. Im Vorfeld hatte er als 16-Jähriger schon den Jagdschein gemacht. Nach dem Diplom 1993 wurde er in Bad Säckingen und Waldshut als Referendar (heute: Trainée) eingesetzt und er bewarb sich für den höheren Forstdienst. Zwei Jahre später legte er die große forstliche Staatsprüfung ab.

Tobias Kühn machte seine Sache so gut, dass er danach von 43 Referendaren eine der nur fünf Stellen bei der Landesforstverwaltung erhielt. Bei Forsteinrichtungen unter anderem im Murgtal war er für Inventur, Kontrolle und Planung zuständig. Seine Aufgabe lag darin, Zahlen für Einschläge und Nachpflanzungen auszutarieren – im Sinne einer nachhaltigen Fortbewirtschaftung.

Bald ließ er sich aber ohne Bezüge beurlauben, kehrte an die Uni zurück und schrieb seine Doktorarbeit über umweltorientierte Beschaffungsentscheidungen in Unternehmen der Holzindustrie am Beispiel zertifizierten Holzes. Ende der 1990er-Jahre waren die Umweltverbände gerade dabei, derlei Zertifizierungen anzuschieben, erste Projekte gab es bereits in Deutschland, Finnland und Österreich. Inzwischen, mehr als 20 Jahre später, weiß Tobias Kühn, dass "der Verbraucher zwar gerne nach Umweltverträglichkeit und Qualität schreit, dafür aber nicht willens ist, mehr zu bezahlen". Und das gelte nicht nur für Holz, stellt er ernüchtert fest.

Zurück in der Landesfortverwaltung war Tobias Kühn gerade im Lahrer Raum tätig, als Ende 1999 der Jahrhundertsturm "Lothar" über das Land fegte und nicht nur Unmengen von Bäumen, sondern auch seine damals gerade abgeschlossene Jahresarbeit zerbröselte.

Seit 15 Jahren Leiter des Forstamtes VS

Nach Tätigkeiten in den Stadtwäldern von Staufen und Blumberg nahm er 2002 ein Stellenangebot des Ministeriums für Ernährung und Ländlicher Raum in Stuttgart an, schrieb unter anderem die Reden des damaligen Ministers Willi Stächele und auch noch einige für dessen Nachfolger Peter Hauk.

2005 setzte sich die Sehnsucht, wieder konkret mit Wald zu tun zu haben, durch und schlug sich in der Bewerbung um die Forstamtsleitung in Villingen-Schwenningen nieder. Doch der Start hier gestaltete sich schwierig. Sein christdemokratisches Parteibuch und der Verdacht der anderen Fraktionen im Gemeinderat, der Kandidat Kühn könne das städtische Forstamt dem Landkreis zuschustern wollen, verwehrten ihm die Wahl, sein Mitbewerber erhielt den Zuschlag. Der lehnte dann doch ab und Tobias Kühn zog mit seiner Frau Susanne, seinen Zwillingen und zwei Hunden ins Forstamt in der Wilhelm-Binder-Straße ein.

"Ich habe von meinem Vorgänger Eberhard Härle ein gut bestelltes Haus übernommen", sagt er nach nunmehr 15 Jahren als Forstamtsleiter. Er ist stolz darauf, dass sein kommunales Amt als eines der wenigen selbst ausbildet, dass man mit Baden-Baden zum größten Waldbesitzer des Landes gehört und jährlich rund eine Million Euro Gewinn für den städtischen Haushalt erwirtschaftet.

Tobias Kühn ist seit vielen Jahren Mitglied des Rotary-Clubs und begeisterter Unimog-Fahrer. In seiner Freizeit fährt er damit Holz für den heimischen Ofen oder transportiert Steine aus dem Steinbruch in den Wald, um damit Rückegassen zu pflastern. "Meine Mitarbeiter haben mich deswegen schon für verrückt erklärt – ich komme dabei aber so richtig in den Flow", sagt er lächelnd.