Heimatgeschichte: Siegfried Heinzmann blickt Jahrhunderte zurück / Mehr als 40 Interessierte
Siegfried Heinzmann hatte am Donnerstagabend zu einem Vortrag zur Geschichte der Schwenninger Uhrenindustrie in das Uhrenindustriemuseum eingeladen, und mehr als 40 Besucher zeigten großes Interesse.
VS-Schwenningen. Museumsleiter Michael Hütt stellte Siegfried Heinzmann als Vorsitzenden des Förderkreises des Uhrenindustriemuseums und als stellvertretenden Vorsitzenden des Schwenninger Heimatvereins vor. Er schrieb außerdem zahlreiche Bücher, in denen er sich mit der Geschichte der Uhrenindustrie intensiv befasst.
Der Referent begann, dem Publikum die Geschichte Schwenningens chronologisch darzustellen. So waren im 17. Jahrhundert unter den rund 700 Einwohnern vor allem Weber in Schwenningen beheimatet. 1633, während des 30-jährigen Kriegs, brannte die Stadt nieder, was viele Einwohner vertrieb. In der Folge zählte die Neckarstadt 1634 nur noch 300 Einwohner.
1721 gingen elf Weber und acht Schuhmacher in Schwenningen ihrer Arbeit nach. Uhrmacher hingegen waren noch kein Thema, berichtete Heinzmann. Bis 1767 stieg die Einwohnerzahl auf 1400. Der 1793 geborene Georg Haller war der erste bedeutende Uhrmacher der Stadt. Sein Handwerk musste er im badischen Mönchweiler lernen, da ihm in Schwenningen für eine Lehre die verwandtschaftlichen Beziehungen fehlten. Im Alter von 19 Jahren gründete er in dem Haus im Alten Angel eine Werkstatt und beschäftigte neun Gesellen.
Und die Zeit änderte sich: 1822 lebten schon ganze Uhrmacherfamilien, darunter sieben Meister, in Schwenningen. Das Uhrmacherhandwerk war zu der Zeit Familienarbeit, und die Uhren wurden im eigenen Haus gefertigt. Der "Kraatzemann" war damals der Mann, der durch das Land wanderte und seine Uhren verkaufte.
Ein Zwischentief gab es 1816 als der Vulkan Tambora ausbrach. Seine Asche, die um die Welt trieb, führte zu einen Temperatursturz. Es war die Rede vom "Jahr ohne Sommer". In dessen Folge wanderten viele Menschen aus Württemberg und Baden aus. Schwenningen verließen zu diesem Zeitpunkt 20 Familien, also 118 Menschen.
1835 gab es dann wieder 54 Uhrmacher und 57 Uhrenhändler, zwölf Schildbrettmaler, drei Gestellmacher und einen Kettenmacher – das Uhrmacher-Gewerbe hatte sich in Schwenningen durchgesetzt und stand nun an erster Stelle vor den Webern und Schuhmachern.
Die badische Revolution und der Dorfbrand im Jahre 1850 warfen die Produktion zwar wieder zurück, konnten sie aber nicht mehr aufhalten. Ab 1852 wurden die Wilhelmspflege, dann die Gewerbeschule und der Gewerbeverein gegründet, ferner wurde die erste Dampfmaschine gebaut. 1855 gab es noch keine Fabriken, aber geordnete Siedlungsplanungen. Gleichzeitig besaß Johannes Bürk das erste Haus ohne Misthaufen.
1864 wurde die Freiwillige Feuerwehr gegründet, 1866 die Schuhfabrik von Johannes Haller, danach die Zündholzfabrik. 1872 wurde der erste Bahnhof in Schwenningen gebaut, und die erste Telegrafenstation entstand. 1875 zählte Schwenningen 4314 Einwohner. 1881gab es sieben Uhrenfabriken in Schwenningen, 1883 arbeiteten bei Schlenker und Kienzle 3000 Mitarbeiter, und Christian Mauthe fuhr das erste Auto.
1895 war Schwenningen das größte Industriedorf Württembergs. 1901 entstand das erste Postgebäude, in dieser Zeit nahm Schwenningen den Weg zur Stadterhebung, 1907 erhielt es das Stadtrecht. Die Schwenninger Uhrenindustrie mit Weltgeltung endete in den 1970er-Jahren. Auch die Quarztechnik habe die Uhrenindustrie kaputt gemacht, erklärte Heinzmann.
Weitere Informationen: Ab dem 10. Mai wird eine Ausstellung über Johannes Bürk, der am 3. Juli 1819 geboren wurde, im Uhrenindustriemuseum gezeigt.