Trotz Regens und Kälte standen die Models von "Sissis Erben" für einen Bildband drei Tage vor der Kamera. Hier Monika und Elena Huneke aus Villingen. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder-Bote

"Sissis Erben" lassen das 19. Jahrhundert aufleben / 60 Hobby-Models bei Fotoshooting

VS-Villingen (bn). Passanten staunten am Wochenende nicht schlecht: Am Alten Rathaus, am Romäusturm, auf dem Münsterplatz, im Kurgarten und an der Lorettokapelle spielten sich absonderliche Szenen ab, und die Akteure sahen alle aus, als seien sie aus einer Zeitmaschine gefallen. Das Rätsels Lösung: Petra Haller und ihre historischen Models hatten ein Fotoshooting. Wenn alles klappt, dann wird die Inhaberin der Event- und Modelagentur "Sissis Erben" mit Manufaktur für historische Mode im nächsten Jahr einen Bildband veröffentlichen. Die Idee ist, Villinger Geschichte und Geschichten des 19. Jahrhunderts reich bebildert zu erzählen.

Die Hälfte ihrer 60 Hobby-Models mit Leidenschaft zu historischer Mode hat Petra Haller am Wochenende für Fotoaufnahmen gewonnen. Trotz gelegentlicher Regenschauer und empfindlicher Kälte standen sie stundenlang parat, um sich von Mitgliedern der beiden befreundeten Fotoclubs aus Kaufbeuren und Wiggensbach ablichten zu lassen.

Für die Szenenfolge hatte sich Petra Haller die Geschichte einer wohlhabenden jungen Frau einfallen lassen, die nach Villingen zieht und sich in die Stadt verliebt. Bei den Erkundungstouren durch ihre künftige Heimat entdeckt sie nicht nur deren schöne, sondern auch dunkle Seiten. Sie trifft Obdachlose, eine Hure, Straßendiebe, eine Straßenmusikantin, sogar das von anderer Stelle her bekannte "Mädchen mit den Zündelhölzern", kurz: jede Menge "Lumpengesindel".

Erstmals kamen dabei neben Petra Hallers nach authentischen Schnitten selbst geschneiderten, durch Krinolinen und Tornüren eindrucksvoll aufgebauschten Kleider der edlen Damen und die Gehröcke der vornehmen Herren aus der "Belle Epoque" auch Kleidungsstücke zum Einsatz, die zuvor eine besondere Behandlung über sich ergehen lassen mussten. Viel Einsatz habe sie gezeigt beim Traktieren gebrauchter Röcke, Schürzen, Blusen und Hosen, um ihnen den Anstrich von Armut und Jämmerlichkeit jener Zeit zu geben, lacht Petra Haller. Der lange braune Rock sah schließlich wirklich so aus, als sei er das einzige Kleidungsstück der zierlichen Geigerin (Anita März) und werde Tag und Nacht getragen.

Das jüngste Model war die sieben Monate alte Medea, sieht man einmal von dem 14 Wochen alten Mops Carlos ab. Ganz bei der Sache in seiner Schiebermütze war auch der dreijährige Mattis. Sogar zwei Hühner und ein Hase kamen als Fotomodelle zum Einsatz.

Petra Haller und ihre Mannschaft achtete bei jder Kleinigkeit auf Authentizität. Turnschuhe unter dem Rock, Armbanduhren oder Euro-Münzen waren deshalb natürlich verpönt, statt eines Halsbandes musste Carlos sich vorübergehend mit einem rauen Strick begnügen. "Im Alten Rathaus mussten wir aus Brandschutzgründen trotzdem LED-Kerzen statt der echten verwenden", erzählt Petra Haller.

20 000 Fotos waren nach drei anstrengenden Tagen im Kasten. Jetzt geht es ans Sortieren und an die Recherche wahrer Villinger Geschichten. Im nächsten Jahr soll der erste Bildband von "Sissis Erben" dann vorliegen.