Ein Mann sendet einen bedrohlichen Text. Mit einer App sollen Stalking-Opfer besser geschützt werden. Foto: Kaufmann

Opfer kommt aus Passiv-Rolle heraus. Potenzielle Täter werden abgeschreckt.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Im Bereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen gab es 2018 insgesamt 131 Opfer von Stalking, im Schwarzwald-Baar-Kreis waren es 22. Berücksichtigt man das Dunkelfeld, sind es deutlich mehr. Deshalb hat der "Weiße Ring" kürzlich bei der Kriminalpolizei die "No-Stalk-App" vorgestellt.

Zum fünften Mal in Folge organisierte die Kriminalpolizeidirektion Rottweil das schon zur Tradition gewordene Kontakttreffen zwischen den Außenstellenleitern des "Weißen Rings" aus den fünf Landkreisen im Bereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen, also Freudenstadt, Rottweil, Tuttlingen, Schwarzwald-Baar und Zollernalb. Mit Blick auf die veränderte Polizeistruktur ab 2020 war erstmals auch ein Vertreter aus dem Landkreis Konstanz dabei.

Die polizeiliche Kriminalstatistik für das Polizeipräsidium Tuttlingen macht deutlich, dass bei einer Anzahl von 5506 Opfern im Jahr 2018 ein hoher Bedarf an Beratung und Unterstützung für die Opfer von Straftaten vorhanden ist, heißt es in einer Pressemitteilung.

Potenzielle Täter werden abgeschreckt

Deshalb fand bereits im November bei der Kriminalpolizeidirektion in Rottweil ein Erfahrungsaustausch des "Netzwerks Opferschutz und Opferhilfe" statt. Begrüßt wurden die Teilnehmer der Veranstaltung durch den stellvertretenden Leiter der Kriminalpolizeidirektion, Kriminaldirektor Rolf Straub. Er verwies auf die Anzahl der Opferdelikte (zum Beispiel Körperverletzungsdelikte, Fälle von häuslicher Gewalt, Sexualdelikte) im Polizeipräsidium Tuttlingen, die zeige, welch hoher Bedarf an Beratung und Betreuung bestehe.

Ein Kernthema des Treffens war der Umgang mit häuslicher Gewalt. Hier gab es 2018 insgesamt 504 bekannt gewordene Fälle im Gebiet des Polizeipräsidiums Tuttlingen. Für die Opfer häuslicher Gewalt bietet der "Weiße Ring" vielfältige Beratungs- und Hilfsmöglichkeiten an. So begleiten die Mitarbeiter des Vereins die Opfer zu Terminen bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht und es gibt Hilfeschecks für eine juristische oder psychotraumatologische Erstberatung. Entsteht durch die häusliche Gewalt eine finanzielle Notlage, kann der Verein bei der Überbrückung helfen, wenn eine wirtschaftliche Bedürftigkeit beim Opfer besteht.

Petro Bihler, Leiter der Außenstelle des "Weißen Rings" im Landkreis Freudenstadt, stellte als weiteres Kernthema des Treffens die "No-Stalk-App" vor, die vom "Weißen Ring" zur Unterstützung von Stalkingopfern angeboten wird. "Mit der App haben Betroffene von ›Stalking‹ etwas Alltagstaugliches an der Hand, um sich juristisch gegen Täter zu wehren. Das Opfer kommt aus seiner Passiv-Rolle heraus. Potenzielle Täter werden abgeschreckt. Die Gesellschaft wird für das Tabu-Thema sensibilisiert", wie Brigitta Brüning-Bibo, die zuständige Projektleiterin der Stiftung des Vereins, erläutert.

Bundesweit etwa 600.000 Fälle von "Stalking

Jährlich gibt es bundesweit etwa 600.000 Fälle von "Stalking", nur drei Prozent der Fälle werden angezeigt. Im Bereich des Polizeipräsidiums Tuttlingen gab es 2018 insgesamt 131 Opfer von Stalking (93 weiblich, 38 männlich). Im Schwarzwald-Baar-Kreis waren es 2018 insgesamt 22 Opfer (20 weiblich, 2 männlich) von Nachstellung, wie "Stalking" im Strafgesetzbuch heißt. Wenn man das Dunkelfeld berücksichtigt, sind es laut Mitteilung deutlich mehr Fälle.

Die neue App kann als Werkzeug zur Beweissammlung und zur eigenen Reflexion für jeden dienen, der von Stalking betroffen ist. Die Taten des Stalkers können als Foto, Video oder als Sprachnachricht gespeichert werden. Es ist möglich, Hilfe anzufordern oder Freunde zu informieren. Auch Nachrichten wie "Sms" oder "WhatsApp" können optional gespeichert werden.

Die App ist seit vergangenem Mai kostenlos im App-Store verfügbar und die Resonanz ist bisher äußerst positiv. Die Webseite verzeichnet laut Mitteilung mittlerweile rund 100.000 Besucher deutschlandweit.

Weitere Informationen: www.nostalk.de