Auch wenn das zum Jahresbeginn eingeführte Buskonzept auf gemischte Gefühle gestoßen ist, können es sich manche Doppelstädter nicht mehr wegdenken. Für Irma Lüsing ist die neue Buslinie vor ihrer Haustüre ein Segen – doch damit soll jetzt Schluss sein. Foto: Neß

Irma Lüsing hofft auf Erhalt von Haltestelle. Stadt investiert 20.000 Euro in altes Konzept.

Villingen-Schwenningen - Auch wenn das zum Jahresbeginn eingeführte Buskonzept auf gemischte Gefühle gestoßen ist, können es sich manche Doppelstädter nicht mehr wegdenken. Für Irma Lüsing ist die neue Buslinie vor ihrer Haustüre ein Segen - doch damit soll jetzt Schluss sein.

Die Meinungen über die Buslinien 4, 5 und 6 gehen in den Villinger Stadtteilen Haslach und Wöschhalde stark auseinander. Während das Verkehrschaos im Bereich der Haltestelle an der Haslachschule für Ärger und Unmut gesorgt hatte, ist die neue Linienführung an anderer Stelle für manche Anwohner kaum mehr wegzudenken. Aus Kostengründen rudert die Stadt nun zurück und will ab Oktober weitestgehend die Fahrpläne von 2019 wieder aufgreifen.

Stadt ist wegen Pandemie kostentechnisch eingeschränkt

Die Linie 6 wird dann nicht mehr durch die Wöschhalde fahren, teilt Frank Wiest, Geschäftsführer der Verkehrsgemeinschaft Villingen-Schwenningen auf Anfrage unserer Zeitung mit. "Im Zuge der Pandemie ist die Stadt kostentechnisch ziemlich eingeschränkt", erklärt er die Hintergründe für die Rückkehr zum alten Buskonzept. Geringe Nutzung der Linien sei nicht das Problem - ganz im Gegenteil, das neue Angebot, das zum 1. Januar dieses Jahres eingeführt wurde, werde rege genutzt. Doch die Kosten machen der Stadt und den Anwohnern einen Strich durch die Rechnung.

Besonders hart trifft die Umstellung die 85-jährige Irma Lüsing aus Villingen. Mit einem offenen Brief wendete sie sich nun an die Stadt, da sie auf die Buslinie 6, die insbesondere die neu eingerichtete Haltestelle vor ihrer Haustüre in der Tiroler Straße anfährt, angewiesen ist. "Wie ich bei meiner Busfahrt mit der Linie 6 erfahren musste, wird diese ab Oktober 2020 wieder eingestellt", bedauert sie in ihrem Brief. Sie und ihr 80-jähriger Mann nutzen die Linie regelmäßig, sowohl für Arzttermine oder um Einkaufen zu gehen. Eine Alternative zum Bus gibt es für sie nicht, die Strecke zu den anderen Haltestellen, die von der Linie 4 und 5 regelmäßig angefahren wird, kann sie zu Fuß nicht mehr bewältigen. Somit können sie und ihr Mann diese Linien nicht nutzen. "Ich selbst bin seh- und gehbehindert und daher auf den Bus angewiesen", betont sie.

47 Stimmen bei Unterschriftenaktion

Bereits in der Vergangenheit habe sie eine Unterschriftenaktion gestartet, damit eine Haltestelle in der Tiroler Straße oder in der dazu parallel liegenden Severin-Kern-Straße eingerichtet wird, wobei sie 47 Stimmen einholen konnte. Gerade deshalb kam ihr die neue Linienführung sehr gelegen. "Wäre es nicht möglich, eine der Routen der Linien 4 oder 5 so anzupassen, dass die Tiroler Straße Teil einer der Routen ist?", stellt Lüsing ihre Frage an die Stadt. Denn eins steht fest: "Die neuen Haltestellen sollen nicht mehr angefahren werden", erklärt Wiest weiter.

Doch was passiert dann mit den 50 Haltestellen, die man in der Doppelstadt im Zuge des neuen Buskonzepts eingerichtet hatte? "Nach derzeitigem Planungsstand werden von den 50 im Januar 2020 neu in Betrieb genommenen Haltestellen 44 wieder abgebaut. Sechs Haltestellen werden jedoch weiterhin vom Nachtbus angefahren", teilt Oxana Brunner, Pressesprecherin der Stadtverwaltung auf Anfrage unserer Zeitung mit. Im Zuge des Fahrplanwechsels sollen außerdem wieder elf alte Haltestellen, die seit Januar 2020 nicht mehr vom Stadtbus angefahren wurden, reaktiviert werden. "Hinzu kommen zwei neue Haltestellen im Bereich auf der Steig zur Anbindung des Gewerbegebietes und der städtischen Behörden, hier insbesondere das stark frequentierte Bürgeramt."

Damit ergeben sich mit den derzeit 370 Haltestellen abzüglich 44 Haltestellen und zuzüglich 13 reaktivierten beziehungsweise neuen Haltestellen ab Oktober 339 Haltestellen. Damit werde noch immer eine gute Abdeckung für das Stadtgebiet gewährleistet, betont Brunner.

Produktionskosten werden auf rund 2500 Euro geschätzt

Für die Haltestelleneinrichtung zum Jahresanfang investierte die Stadt in etwa eine Summe von 35.000 Euro. Hierbei handelte es sich hauptsächlich um Haltestellenausstattung wie Fahrplanmasten und H-Schilder, viele Haltestellen seien zudem nur provisorisch aufgebaut worden, sodass hier keine größeren Kosten für den Abbau notwendig seien, erklärt Brunner weiter. Die Haltestellenschilder und die dazugehörigen Masten können wiederverwendet werden.

Zusätzliche Kosten würden lediglich für den Druck der neuen Zieleinschübe in den H-Schildern, die das Fahrziel anzeigen, entstehen. "Hier müssen nach aktueller Planung 729 Zielschildeinschübe produziert und getauscht werden. Die Produktionskosten werden auf rund 2500 Euro geschätzt, für den Tausch der Einschübe durch die TDVS werden rund 10.000 Euro angenommen. Für Abbau und Neueinrichtung der Haltestellen gehen wir von circa 7500 Euro aus", teilt Brunner weiter mit. Damit schätze die Stadt, dass für die Einrichtung der Haltstellen Kosten in Höhe von etwa 20.000 Euro anfallen werden.