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Karin Schleicher und Jutta Bender koordinieren Einsatz von ehrenamtlichen Sterbe-Begleitern

"Mir ist wichtig, dass die Wellenlänge stimmt". Karin Schleicher, Einsatzleiterin für die ambulante Begleitung von Schwerstkranken und Sterbenden gibt im zum Münsterzentrum zählenden Büro in der Villinger Kanzleigasse einen Einblick, wie sie ehrenamtliche Begleiter einsetzt.

Villingen-Schwenningen. Es müsse ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Menschen entstehen können, der begleitet wird und demjenigen, der diese Aufgabe der mitmenschlichen Nähe und einfühlsamen Zuwendung übernimmt.

Derzeit absolvieren neun Frauen und zwei Männer den inzwischen 26. Kurs "Sterbende begleiten" im Bildungszentrum Villingen, ebenfalls Kanzleigasse. Nach bisheriger Erfahrung wird ab April 2019 etwa die Hälfte danach ehrenamtlich tätig werden. Das geschieht nach einer sieben Monate dauernden Ausbildung mit Wochenende, Kursabenden, Tagesseminaren und 40-stündigem Praktikum in einer Einrichtung der Kranken- und Altenpflege.

Schleicher und die ebenfalls als Koordinatorin tätige Jutta Bender werden meist von Angehörigen angerufen oder von der Stations- oder Pflegedienstleitung eines Krankenhauses oder Altenheims. Beruf, Kinder, Glaube, Hobbys – es gibt viele Ansatzpunkte. Bender sagt: "Es sind oft Kleinigkeiten. Wenn jemand sagt, die Frau singt gern und es tut ihr gut, wenn jemand singt, wähle ich natürlich jemanden, der das gerne macht". Schleicher erinnert sich an eine Frau, die gerne noch mal in ein Kaufhaus gehen wollte. Die Begleiterin habe ihr diesen Wunsch erfüllt "und die Frau war sowas von glücklich". Mit nicht mehr mobilen Menschen im Rollstuhl nach draußen gehen – die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig, wenn ein Mensch in seiner letzten Lebensphase nicht alleine gelassen wird und auch die Angehörigen unterstützt und entlastet werden.

Derzeit werden 24 Menschen betreut. Da um die 100 Begleitungen bereits abgeschlossen sind, wird die Statistik für 2018 wieder ähnlich ausfallen wie im Vorjahr. Es kommen mehr als 2000 Begleitungsstunden zusammen.

Die meisten Anrufe erhalten Schleicher und Bender aus dem Oberzentrum und auch eher von Pflegeeinrichtungen, Klinikum und Palliativstation.

Ambulant ist immer noch zu unbekannt, obwohl die Hospizbewegung ohne ein festes Domizil älter ist als die inzwischen entstandenen stationären Hopize, jenes am Dreifaltigkeitsberg in Spaichingen und das Via Luce in Schwenningen. Dennoch wenden sich auch Menschen mit einer Tumor-Diagnose selbst an die Adresse im Münsterzentrum, um frühzeitig in größeren Abständen ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.

"Je mehr die Erkrankung zunimmt und es in Richtung Sterben geht, kann es auch tägliche Kontakte geben", schildert Schleicher die Arbeitsweise. "Oft tut es einfach gut, wenn jemand Neutrales von außen kommt, der nicht in Beziehungs- oder Rollenmuster eingebunden ist". So könne sich ein Schwerstkranker einem Fremden viel mehr öffnen.

Als ihr eigener Vater an Krebs erkrankt sei, habe sie in der Rolle als Tochter erfahren, dass dies noch mal was ganz anderes ist, als einem Menschen als Koordinatorin in diesen Fragen zu begegnen: "Da bin ich im ganzen Familiengefüge mit eingebunden".

Eine wichtige Aufgabe der Hospizbewegung ambulant sei es, die Angehörigen zu betreuen. "Die brauchen auch jemanden, der sie unterstützt, mit dem sie über die Sorgen reden können". Manchmal befinde sich der Sterbende selbst in einem inneren Frieden und brauche die Begleitung gar nicht, "aber die Angehörigen merken, dass sie jetzt Entlastung brauchen, um Termine außer Haus aufzunehmen, um Kraft zu tanken". Da kann es einfach darum gehen, "mal wieder in Ruhe in die Badewanne zu steigen oder ins Fitness-Studio zu gehen", nennt Jutta Bender ein Beispiel. Manchmal bräuchten auch die Angehörigen "einfach Luft".

In der Endphase könne es durchaus sein, dass der Sterbende ständig Begleitung braucht. Wenn dann Menschen da sind, die Zeit haben und "ein gutes Vertrauensverhältnis besteht, ist es gut gelaufen", ist sie überzeugt.

Und was ist mit der Sorge, dass Dinge zur Sprache kommen, die man nicht nach außen getragen sehen will? "Schweigepflicht ist uns sehr wichtig", sagt Bender. Deshalb fragt sie beim Aussuchen eines Begleiters, ob es jemand aus dem gleichen Ort sein darf. Schließlich dürfe man nicht an der Supermarktkasse erfahren, wer gerade das ehrenamtliche und kostenfreie Angebot der Hospizbewegung in Anspruch nimmt.

Die Kosten für das Angebot der Hospizbewegung ambulant Schwarzwald-Baar mit derzeit 44 ehrenamtlich tätigen Begleitern werden von den Krankenkassen mit einem finanziellen Beitrag bezuschusst.

Der Verein mit seinen mehr als 200 Mitgliedern finanziert sein Defizit über Zuschüsse und Spenden. Spendenkonten werden bei der Sparkasse Schwarzwald-Baar und der Volksbank Schwarzwald-Baar-Hegau geführt.

Karin Schleicher ist seit 2005 Koordinatorin in der Hospizbewegung, die 1992 im Schwarzwald-Baar-Kreis gegründet wurde. Träger waren Caritas, Diakonie, die evangelische und katholische Erwachsenenbildung. 1996 wurde der Verein gegründet, dessen Name inzwischen mit "Hospizbewegung ambulant Schwarzwald-Baar" präzisiert wurde, um zu verdeutlichen, dass der Einsatz von ehrenamtlichen Begleitern nicht an einen festen Ort gebunden ist. Karin Schleicher lebt in Donaueschingen, ist Mutter einer Tochter und Großmutter von zwei Mädchen. Die Diplomtheologin, Eutonie-Pädagogin und -Therapeutin und Palliative Care-Fachkraft bringt die gesamte Ausbildung für die Koordination mit. Sie hat außerdem die Zusatzausbildung für Kinderhospizarbeit absolviert.

Jutta Bender (Krankenschwester, Pflegedienstleiterin, palliative Fachkraft mit Studium Erwachsenenbildung) begann selbst als ehrenamtliche Begleiterin in der Hospizarbeit und war schon viele Jahre Koordinatorin im Hospizverbund Nordschwarzwald. Die Mutter dreier erwachsener Kinder lebt seit 2017 in Villingen und arbeitet halbtags für die Hospizbewegung ambulant Schwarzwald-Baar.

Diese hat ihren Sitz in der Kanzleigasse 30 in Villingen, ist vormittags von 10 bis 14 Uhr per Telefon unter 07721/40 87 35 und per E-Mail: info@hospiz-sbk-ambulant.de erreichbar.