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Landratsamt erzielt nur noch ein Viertel des Erlöses. Entsorger ächzen unter Kleider- und Müllbergen.

Villingen-Schwenningen - Ein Haufen Kleider, ein viel zu großer Haufen Müll und nur noch ein Viertel des gewohnten Erlöses – auch das Geschäft mit den Altkleidern leidet unter der Corona-Pandemie.

Für aufmerksame Spaziergänger stellt sich die Situation so dar: Die Altkleider-Container platzen fast aus allen Nähten. Nichts geht mehr. Vielfach werden Säcke mit Klamotten deshalb einfach daneben gestellt. Regen, Vandalen und sogar streunende Tiere setzen den Textilien zusätzlich zu. Fast scheint es, als wäre das Ausmisten der Kleiderschränke – neben dem Heimwerken und Gärtnern – zum neuen Volkssport in Zeiten der Pandemie avanciert.

"Die Bürger haben Zeit ihre Schränke und Keller zu räumen."

Diesen Eindruck hat auch mancher Entsorger. "Der Altkleidermarkt ist derzeit am zusammenbrechen", schildert einer von ihnen im Gespräch mit unserer Zeitung die Lage drastisch. "Durch unseren Konsumwahnsinn sind so viele Kleider im Umlauf, dass die Sammelmengen geradezu explodiert sind." Die Corona-Pandemie habe diese Situation nochmals verschärft, denn "die Bürger haben Zeit ihre Schränke und Keller zu räumen". Alleine im April/Juni habe dieser Entsorger rund 50 Prozent mehr Material einsammeln müssen als üblich.

Dabei extrem ärgerlich: der extreme Müllanteil, "den wir ebenfalls mit entsorgen müssen. Die Container sind für Altkleider und Schuhe gedacht und nicht für Hausmüll, Bauschutt, Elektroschrott und sonstigen Unrat!" Vielen Bürgern aber sei das egal. "Hauptsache weg nach dem Motto ›aus den Augen aus dem Sinn‹."

Die Corona-Krise hat diesbezüglich auch negative Auswirkungen auf den Landkreis. Dass die Altkleider-Container derzeit überfüllt sind, sei sicherlich auf die Corona-Zeit zurückzuführen, pflichtet Heike Frank, Pressesprecherin des Landratsamtes bei. Und auch sie berichtet von einem eingebrochenen Altkleider-Markt.

Landratsamt muss finanziell bluten: Aus 40.000 werden 10.000 Euro

Glücklicherweise arbeite der Schwarzwald-Baar-Kreis "mit einem erfahrenen und sehr zuverlässigen Unternehmen zusammen, welches auch unter den derzeitigen erschwerten Bedingungen in der Lage ist, sicherzustellen, dass die Kleidercontainer des Landkreises geleert werden". Ohne Folgen bleibt die Lage aber trotzdem nicht.

Nicht nur das Unternehmen, die Firma FWS mit Sitz in Bremen, habe mit erheblichen Umsatzeinbußen zu kämpfen und müsse derzeit einen Teil der Sammelware einlagern – auch der Landkreis muss finanziell bluten.

Damit die Container im Landkreis während der zurückliegenden Phase der Corona-Pandemie überhaupt geleert wurden, musste der Landkreis Erlösausfälle hinnehmen. Nur weil sich die Situation der Erlöse bereits vor der Corona-Krise deutlich verschlechtert habe, seien diese Ausfälle verhältnismäßig gering. "Die Alternative wäre die Entsorgung als Restmüll mit erheblichen Entsorgungskosten", zeigt Frank auf. Für das Jahr 2020 seien die Netto-Einnahmen bei der öffentlichen Alttextilsammlung des Landkreises auf zirka 10.000 Euro geschätzt. Diese Einnahmen werden direkt zur Abminderung der Abfallgebühren verwendet. Zum Vergleich: 2019 lagen die Netto-Einnahmen noch bei rund 40.000 Euro.

Mehr Kleiderspenden während Lockdown

Immerhin beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Villingen klingelt die Kasse – und zwar beim Kleiderladen in der Villinger Bickenstraße. Das Spendenaufkommen sei hier erheblich höher als vor der Pandemie, schildert Geschäftsführer Ulrich Amann im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten.

Der Ortsverein Villingen sei in puncto Altkleidermarkt mit seinen lediglich drei Containern (in Weilersbach, vor dem DRK im Benediktinerring 9 sowie in der Albert-Schweitzer-Straße) zwar recht schwach aufgestellt, doch auch hier häufen sich die Klamotten jetzt. Kurios: Während des Lockdowns konnte aufgrund der dann sechswöchigen Schließung des Kleiderladens kein einziges Hemd über den Ladentisch in der Bickenstraße gehen – gleichzeitig aber wurde viel mehr angeliefert als sonst.

Die Folge: Die Kleiderkammer war bald restlos gefüllt, nichts ging mehr für Kleiderspender. Der Laden selbst nimmt deshalb auch derzeit keine Kleiderspenden mehr an, das Lager sei voll, so Amann. Stattdessen dürfen Spender die Textilien in der Geschäftsstelle im Benediktinerring 9 in Villingen abgeben (werktags von 8 bis 10 Uhr) – dort wird die Ware dann sortiert, um gegebenenfalls in den Verkauf zu wandern. Immerhin einen Gewinner auf dem Altkleidermarkt während der Corona-Pandemie gibt es also in der Region doch: "Wir freuen uns eigentlich über das erhöhte Aufkommen, weil wir das den bedürftigen Leuten direkt wieder zukommen lassen können", bringt es Ulrich Amann auf den Punkt.