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Einrichtungen suchen verzweifelt nach Azubis

Auszubildende verzweifelt gesucht: Warum sollte es Altenpflegeheimen in der Doppelstadt besser ergehen als anderen Häusern bundesweit, die noch Stellen offen haben.

Villingen-Schwenningen. Alten Leuten den Popo wischen, oder den Brei verschmierten Mund putzen: Solche eher respektlosen Klischees über den Beruf des Altenpflegers kennen Günter Reichert, Geschäftsführer des Spitalfonds Villingen und Siegfried, Pflegedienstleiter im Heilig-Geist-Spital, nur zur Genüge. Seit dem Wegfall des Zivildienstes haben viele Einrichtungen ohnehin ein Problem, genügend Personal zu finden. Früher sei bei dem ein oder anderen Zivi das Interesse an der Arbeit in einem Altenheim geweckt worden. Doch nun werde es für manche Heime richtig eng. Da sei zum einen der grassierende Fachkräftemangel, der zum Glück durch Interessenten aus dem Ausland, vor allem Osteuropa, abgemildert werde. Andererseits haben Geschäftsführer wie Günter Reichert Probleme damit, Ausbildungsstellen zu besetzen. Maximal 14 Plätze stehen für die drei Ausbildungsjahre zur Verfügung. Davon sei der Großteil besetzt, aber "drei Azubis könnten wir schon noch nehmen", schauen Reichert und Beha in Richtung September, wenn das neue Ausbildungsjahr beginnt.

Hohe Abbrecherquote

Frustrierende Erfahrungen sind leider im Bereich der Altenpflege die Regel. Es gebe zwar einige Bewerbungen, erzählen die beiden im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten, "aber manche kommen gar nicht zu den Vorstellungsgesprächen". Andere wiederum beginnen eine Ausbildung, kommen aber mit der Situation nicht klar, sich um teils äußerst pflegebedürftige Menschen zu kümmern. Rund "25 Prozent sind das in etwa, die wieder abbrechen", nennen Beha und Reichert eine Größenordnung. So hoffen die beiden, über den Einstieg zum Alltagsbegleiter oder Altenpflegerhelfer manche Kandidaten für die weitere Qualifikation zum Altenpfleger gewinnen zu können.

Liegt es auch am Verdienst, dass viele junge Menschen diese anspruchsvolle Ausbildung lieber nicht beginnen möchten. "Sicherlich nicht", verweisen Beha und Reichert auf Azubi-Löhne um die 1000 Euro brutto im ersten Ausbildungsjahr. Es sei eher, das schlechte Image, das wie Pech an dem Berufsbild klebe.

Im Franziskusheim in Schwenningen sieht die Situation vor dem Start des nächsten Ausbildungsjahres ähnlich bescheiden aus. Für die nächste Runde, berichtet Pflegedienstleiterin Sonja Benz auf Anfrage, habe sie noch keine Bewerber. Auf die beiden folgenden Ausbildungsjahre verteilen sich drei Azubis. Sechs Plätze bietet die Einrichtung insgesamt an.

"Und wieder erleben wir ein verlorenes Jahr", bedauert Benz. Die Gründe liegen für sie auf der Hand. Sicher sei es zum einen das eher schlechte Image des Berufes und die mangelnde Anerkennung in der Gesellschaft. Die Arbeitszeiten spielen jedoch ebenso eine große Rolle. "Wer will schon sonntagmorgens um 6.30 Uhr zum Frühdienst auf der Matte stehen, wenn er am Samstagabend bis in die Morgenstunden gefeiert hat." Die vielen Praktika-Anfragen aus Schulen helfen auch nicht groß weiter: Die jungen Leute verlassen das Haus mit der Bemerkung, eine Ausbildung? Lieber doch nicht. Vieles laufe über Mund-zu-Mund-Propaganda von Beschäftigten, die in ihrer Arbeit aufgehen und dafür werben, so Benz.

Unangenehmer Spiegel

Was Pflegedienstleitungen erleben, das spiegelt sich auch bei Terminen in der Agentur für Arbeit wider. "In den Gesprächen mit Jugendlichen zeigt sich, dass Pflegeberufe für sie nur bedingt attraktiv sind", berichtet ein Mitarbeiter. Oft werden Arbeitszeiten, Bezahlung, Arbeitsbelastung und dergleichen angeführt. Ferner seien für Jugendliche Schönheit und Jungsein sehr wichtige Werte. "Die Arbeit mit alten Menschen führt einem die eigene Endlichkeit vor und zeigt, wie das Leben auch anders sein kann."