Glaubwürdig und nahe dem Publikum: Konstantin Wecker im Theater am Ring. Foto: Trenkle Foto: Schwarzwälder-Bote

Konstantin Wecker und Band überzeugen im Theater am Ring

Von Wolfgang Trenkle

VS-Villingen. Eigentlich ist er als 65-Jähriger wieder ganz der Alte – eben der junge Konstantin Wecker: Mit seiner aktuellen Tour und CD "Wut und Zärtlichkeit" gastierte er am Sonntagabend im Villinger Theater am Ring vor einem begeisterten Publikum.

Wut brodelte in ihm schon immer – und auch Mut, dieser eine laute Stimme zu geben: gegen den Rüstungswahn, gegen die Atomkraft, gegen den Rechtsradikalismus oder die Lobby der Finanzwirtschaft. Und Zärtlichkeit? Ohne diese kam ehedem keine frühere Platte und keines seiner Konzerte aus.

Wut hatte bei Wecker letztlich immer eine Richtung: jene, einfühlsam für Schwächere einzustehen. Da sitzt er am Flügel und seine Finger tanzen fast zärtlich auf den Tasten oder sie hauen energiegeladene Akkorde heraus.

Vielleicht ist Wecker etwas bürgerlicher geworden, und mit ihm auch sein Publikum in teilweise nicht für Sitzblockaden geeigneter Abendgarderobe. Harmloser geworden ist er nicht. Auch nicht weniger herzlich: Vermutlich keiner der Konzertbesucher im voll besetzten Haus ging nach drei Stunden aus dem Theater mit dem Eindruck, dass da jemand nur ein Programm abspielt.

Wecker ist noch immer den Mächtigen gegenüber kritisch eingestellt. War er es schon immer bei den Befürwortern der Atomkraft, so ist er es jetzt auch gegenüber jenen, die so plötzlich dagegen sind, wie die Bundeskanzlerin. Notwendige Änderungen stellt indes Wecker nicht in Frage, sondern erhebt sie eher zum Lebensprinzip: "Menschen müssen sich verändern, um sich selber treu zu sein. Nur das Wechseln von Gewändern kann kein wahrer Wandel sein", so ein neuer Vers, aus dem die Wucht und lyrische Kraft früherer Zeiten wieder sichtbar wird.

Paukenschläge und leise Töne wechseln sich ab oder verweben sich gekonnt; Wecker singt von ihm neu vertonte Texte von Brecht, zitiert Kästner oder Rilke und bezieht immer wieder Position. "Und ich glaub’ an Elite und an BWL und vor allem an G 8. Denn wir brauchen Kinder, die funktionieren. Wer braucht schon ein Kind, das lacht?", heißt es im Lied "Absurdistan".

Angesichts der Tiefe seiner Texte, der Bühnenpräsenz und Glaubwürdigkeit seiner Person, könnte man Dank der musikalischen Perfektion diese fast als Selbstverständlichkeit werten. Das ist sie aber nicht, vielmehr ist sie die Basis für gelungene Konzerte.

Mit Wecker und seinem langjähriger Bandkollegen Jo Barnikel sitzen da zwei Konzertpianisten, die sich fein abgestimmt, musikalische Bälle zuwerfen. Mit ganz eigener Note und doch passgenau spielen der agile Schlagzeuger und Gitarrist Jens Fischer und gegenüber Nils Tuxon, umringt von unzähligen Gitarren, darunter auch einer horizontal zu spielenden Pedal-Steelguitar.

Trotz gesundheitlicher Angeschlagenheit eines der Mitglieder, die den Start des Konzerts um zehn Minuten verzögerte, ging das Quartett erst nach zwei Zugabeblöcken von der Bühne. Der Applaus hielt noch lange an und Sätze wie "Es heißt, die Menschenwürde wäre unantastbar, jetzt steht sie unter Finanzierungsvorbehalt" oder "Wir brauchen Spinner und Verrückte, ihr seht doch was passiert, wenn die Normalen regieren", hallen noch weitaus länger nach.