Für die starke Fadenarbeit wurde Carolin Jörg von Motiven rund um Stuttgart inspiriert. Die Künstlerin zeigt ihre Werke in der Ausstellung "Hagulane" in der städtischen Galerie in Schwenningen. Foto: Simon Foto: Schwarzwälder-Bote

Carolin Jörgs Werke in der Ausstellung "Hagulane" oder: "Die Heimat im Spiegel junger Kunst"

Von Stefan Simon Villingen-Schwenningen. "Hagulane" oder: "Die Heimat im Spiegel junger Kunst" heißt die aktuelle Ausstellung in der städtischen Galerie. Wir stellen die sechs Künstler in einer kleinen Serie vor – heute Carolin Jörg.Organisch anmutende und auf den ersten Blick abstrakte Zeichnungen, die "Pille", eine papierne, mit Buchstaben beschriebene schwarzweiße Bodenarbeit, ein vor Ort entstandenes Wandgebilde aus Fäden und Nägeln, das die Skyline einer Großstadt thematisiert: Carolin Jörgs Kunst ist im Vergleich zu den Werken ihrer Kollegen des Sextetts, das derzeit in der Ausstellung "Hagulane" in der städtischen Galerie auf "Heimaturlaub" ist, am schnellsten zugänglich, am wenigsten sperrig. Zugänglichkeit darf indes nicht mit schneller Begreifbarkeit oder gar Beliebigkeit verwechselt werden. Denn auch bei Carolin Jörgs zarten Tuschezeichnungen und subtilen Wand- und Bodenarbeiten bedarf es eines Dialogs mit dem Betrachter und einiger Hintergrundinformationen.

Die starke, Dreidimensionalität andeutende und auf wesentliche Formelemente reduzierte Wandinstallation aus Fäden und Nägeln setzt sich aus unterschiedlichen Motiven aus dem Stuttgarter Raum zusammen, die Carolin Jörg fotografiert hat. Dadurch, dass die Installation erst in der Galerie entstanden ist und nach der Ausstellung wieder verschwinden wird, ist der Arbeit ein Moment von Zeitlichkeit immanent, das die Künstlerin in ihrem eigenen Leben bei Ortswechseln auch immer wieder beobachtet hat.

Carolin Jörg, 1977 in Offenburg geboren und in Villingen-Schwenningen aufgewachsen, hat an der Hochschule der bildenden Künste Saar, der École nationale des Beaux Arts Toulouse, der Staatlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart und der École nationale supérieure des Beaux-Arts Paris studiert. Momentan lebt sie in Stuttgart und Lyon, wo sie auch einen Lehrauftrag hat.

Und wie erklärt sich ihr Wunsch nach Reduktion, die in anderer Ausprägung auch in den amorphen Zeichnungen zum Ausdruck kommt? "Die Notwendigkeit einer starken Reduktion ist mit den Jahren wichtiger geworden und führte zu der Entwicklung einer Methodologie", so Jörg. Der Prozess sei aber eher haptisch und gestisch, als Ergebnis einer nicht kognitiven Verinnerlichung zu verstehen.

Vor diesem Hintergrund werden auch die in Paris entstandenen Tuschezeichnungen mit dem Titel "Schwarzwälder" verständlich. Was sie auf weißem Büttenpapier in unterschiedlichen Nuancen abbildet, ist auch ein Wechselspiel mit schwarzer Tusche, sind schwarze Landschaften, schwarze Wälder. Vor allem ist es ein kalkuliert-spontaner Umgang mit Gesten.

Und wie entsteht eine Geste? "Im Grunde geht es darum, jenen Augenblick zu erreichen, wenn Dinge entstehen können, und sie dabei entstehen lassen. Man muss präsent sein, kontrolliert, aber nicht wie im Rausch", erkärt Carolin Jörg. Wichtig bei dem Prozess des Zeichnens sind Aktion und Reaktion, die als Einheit gesehen werden müssen. Carolin Jörg: "Wenn das Geformte organisch bleibt, dann kommt Lebendigkeit auf!"