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Händler sehen Verbotsende des nächtlichen Alkoholverkaufs gelassen. Hürden für Alkohol-Sperrzonen hoch.

Villingen-Schwenningen - Scheinbar geräuschlos wurde auch in der Doppelstadt das Verbot für den nächtlichen Alkoholverkauf gekippt. Im Gegenzug können Gemeinden Alkohol-Sperrzonen einrichten – die Hürden sind jedoch sehr hoch.

Kurz vor Mitternacht: Über die Scannerkasse am Rewe in Villingen werden Bier und Wein gezogen, kurz darauf verlässt der Kunde mit dem Alkohol den Supermarkt am Krebsgraben. Was seit 2010 in Baden-Württemberg undenkbar war, ist seit wenigen Wochen wieder möglich. Zwischen 22 und 5 Uhr darf Alkohol verkauft werden.

Das dürfte nun bei den Märkten, insbesondere beim Rewe-Markt, der als einziger in der Doppelstadt bis 0 Uhr geöffnet hat, ja für Jubelstürme sorgen – oder? "Wir sehen die Aufhebung gelassen", erklärt Susanne Amann. Die Rewe-Pressesprecherin erklärt warum: "Wir hatten unsere 24 Uhr-Märkte auch nach der Einführung des Verbots im Jahr 2010 weiterhin lange geöffnet. Daran sieht man, dass Alkohol für uns im Zeitraum zwischen 22 und 24 Uhr keinen ausschlaggebenden Anteil am Umsatz macht."

"Nicht umsatzrelevant"

Aus ihrer Sicht sei bei den Kunden bereits angekommen, dass ab sofort auch nach 22 Uhr wieder Alkohol verkauft werden darf. Aber Amann betont nochmals, dass Alkohol am späten Abend "nicht umsatzrelevant" sei. "Unsere Kunden erledigen in dieser Zeit ganz alltägliche Einkäufe. Topseller sind zum Beispiel Bananen und H-Milch." Deshalb befürchte man nicht, dass alkoholisierte Kunden für Ärger sorgen, wenn sie sich kurz vor Mitternacht noch "Nachschub" besorgen. Dennoch ist für diese Zeit im Villinger Markt ein Sicherheitsdienst vor Ort. Dies war jedoch schon vor dem Ende des Alkoholverbots der Fall.

Bei den Tankstellenbetreibern, in VS haben unter anderem die Shell-Tankstellen in der Villinger Gerwigstraße und in der Villinger Straße in Schwenningen rund um die Uhr geöffnet, hält man sich mit Auskunft hinsichtlich des nächtlichen Ansturms auf Hochprozentiges in VS bedeckt. "Was wir aber mit Blick auf die Diskussion zu dem Thema sagen können ist, dass der missbräuchliche Konsum von Alkohol das Problem ist. Dieses Problem lässt sich nicht über Verkaufsverbote an bestimmten Orten zu bestimmten Zeiten lösen", so die Aussage von Shell-Sprecherin Cornelia Wolber.

Mit Alkohol-Sperrzonen wurde dabei den Kommunen im Gegenzug ein Werkzeug an die Hand gegeben, um jene Probleme zu lösen. Städte und Gemeinde haben durch die Änderung des Polizeigesetzes nun die Möglichkeit, zeitlich und örtlich befristete Alkoholkonsumverbote auszusprechen. So sieht es zumindest die Theorie vor.

Doch in der Praxis scheint schon allein die Einrichtung dieser Zonen nicht ganz so einfach – schuld daran sind die Voraussetzungen und "Schwellenwerte", die in der Gesetzesbegründung genannt und von den Gemeinden berücksichtigt werden müssen, um diese Sperrzonen einzurichten. Das sieht zumindest der Gemeindetag Baden-Württemberg so. "Diese Schwellenwerte zielen leider am Bedarf vieler Gemeinden deutlich vorbei, was aus unserer Sicht natürlich kontraproduktiv ist", erklärt Pressesprecherin Kristina Fabijancic-Müller auf Anfrage unserer Zeitung.

Drei Punkte kritisch

Insbesondere drei Punkte sind aus ihrer Sicht kritisch und sorgen für hohe Hürden. So müsse beispielsweise bei einer Menschenmenge, von der eine Störung in solchen Bereichen ausgeht, mehr als 50 Personen dabei sein. Fabijancic-Müller: "In der Realität ist es so, dass auch nur fünf bis zehn ›Störer‹ ausreichen, um vor Ort durch Alkoholgelage permanent für Unruhe und Unmut zu sorgen."

Weiter könne aus Sicht des Polizeigesetzes erst von einem Brennpunkt die Rede sein, wenn mehr als 50 Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten pro Jahr an einem bestimmten Platz vorkommen, "das ist in kleineren Gemeinden ebenso schwierig", meint die Sprecherin. Sie kritisiert als drittes, dass in so genannten Sperrzonen deutlich mehr Vorfälle registriert werden müssen, als auf vergleichbaren Plätzen im Gemeindegebiet. Doch: "Manche Gemeinden haben aber überhaupt keine vergleichbare Fläche, sondern nur einen zentralen Platz."

Aus Sicht des Gemeindetages ist die Ermächtigungsgrundlage deshalb wohl speziell auf drei oder vier Großstädte im Land gestrickt worden. "Sie geht auf die Erfordernisse kleinerer Städte und Gemeinden gar nicht ein!"

Besteht in der Doppelstadt trotzdem die Möglichkeit, solche Sperrzonen – beispielsweise in der Färberstraße oder während der sommerlichen Gelage auf der Möglingshöhe oder dem Hubenloch – einzurichten? Diese Frage bleibt offen. Denn die Stadt erklärt auf Anfrage nur knapp, dass die Einrichtung dieser Zonen hier derzeit nicht angedacht ist.